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Geldspielgesetz auf der Kippe - Nein-Trend bei Vollgeld-Initiative

Bei der Abstimmung über das Geldspielgesetz zeichnet sich eine knappe Entscheidung ab. Die Vollgeld-Initiative hingegen würde derzeit von einer Mehrheit des Volks abgelehnt. Das zeigt die zweite Tamedia-Umfrage zu den eidgenössischen Abstimmungen vom 10. Juni.

Agentur
sda
18.05.18 - 06:30 Uhr
Politik
Am 10. Juni entscheidet das Stimmvolk über das Geldspielgesetz und die Vollgeld-Initiative. (Archiv)
Am 10. Juni entscheidet das Stimmvolk über das Geldspielgesetz und die Vollgeld-Initiative. (Archiv)
Keystone/MANUEL LOPEZ

Wäre Mitte Mai entschieden worden, hätten 47 Prozent der Befragten «eher Nein» oder «Nein» gestimmt zum Geldspielgesetz. Ebenfalls 47 Prozent würden der Vorlage bestimmt oder eher zustimmen. 6 Prozent der Befragten haben sich noch nicht entschieden.

Damit hat das Lager der Befürworter seit der letzten Umfrage Ende April aufgeholt. Damals hatten 53 Prozent der Befragten das Geldspielgesetz abgelehnt. 42 Prozent sprachen sich für ein Ja aus.

Das vom Parlament verabschiedete Gesetz sieht vor, dass Schweizer Casinos künftig Geldspiele im Internet anbieten dürfen, ausländische Online-Casinos aber gesperrt werden. Weil dafür Netzsperren nötig wären, ergriffen Jungparteien das Referendum. Bundesrat, Parlament und Kantone sprachen sich hingegen einhellig für das Gesetz aus.

Graben zwischen Generationen

Wenig überraschend lehnen die Altersgruppen 18 bis 34 Jahre und 35 bis 49 Jahre das Gesetz am deutlichsten (54 beziehungsweise 49 Prozent) ab, wie die am Freitag veröffentlichten Resultate der Tamedia-Umfrage zeigen. Derweil stimmen die über 65-Jährigen der Vorlage mit klar 60 Prozent zu.

Am meisten Unterstützung erhält das Gesetz von Sympathisanten der CVP, Grünen und SP mit 58, 56 und 48 Prozent Ja-Absichten. Nahestehende der anderen Parteien lehnen die Vorlage derzeit ab. Am deutlichsten verwerfen Anhänger der SVP und der Grünliberalen das neue Gesetz.

Zudem dürfte sich der Röstigraben im Abstimmungsresultat abbilden. In der Deutschschweiz ist die Ablehnung am stärksten. Hingegen würde die Vorlage in den französisch- und italienischsprachigen Kantonen derzeit angenommen.

Nein-Lager wächst

Bei der Vollgeld-Initiative geht der Trend rund drei Wochen vor der Abstimmung in Richtung Nein. Bei der letzten Umfrage im April lagen Ja- und Nein-Stimmen noch im Gleichgewicht.

Doch das Nein-Lager hat zugelegt: Heute würden 54 Prozent heute eher oder bestimmt ein Nein in die Urne legen, nach 45 Prozent im April. Zugleich schrumpfte das Lager der Befürworter von 42 Prozent auf 39 Prozent. Unschlüssig sind 7 Prozent.

Die Vollgeld-Initiative verlangt, dass nur noch die Nationalbank Buchgeld schaffen darf, Geschäftsbanken aber nicht mehr. Damit soll das Finanzsystem stabilisiert werden. Hinter der Initiative steht der Verein Monetäre Modernisierung (MoMo).

Grüne sagen deutlich Ja

Nur Sympathisanten der Grünen stimmen der Initiative deutlich zu. Von ihnen würden aktuell 65 Prozent ein Ja und 22 Prozent ein Nein in die Urne legen. Nahestehende der SP sind gespalten und halten sich mit einem Anteil von 47 Prozent Ja- und 45 Prozent Nein-Stimmen die Waage. Die stärkste Ablehnung zeigt sich bei Wählern der FDP mit 68 Prozent, BDP mit 64 Prozent, und SVP mit 60 Prozent Nein-Stimmen.

In einer klaren Mehrheit sind die Gegner der Vollgeld-Initiative nur in der Deutschschweiz. In der Romandie und in der italienischsprachigen Schweiz gibt es derzeit fast gleich viele Befürworter wie Gegner.

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Die Universität Zürich schrieb 2016 in ihrem Gutachten zu Netzsperren für das Geldspielgesetz: «Mit Blick auf den geringen Nutzen und die mit Netzsperren verbundenen Eingriffe in Grundrechte erscheint die Einführung von Netzsperren als problematisch.» Die Verhältnismässigkeits prüfung zeige, «dass Netzsperren wohl nicht das richtige Mittel zur Erreichung der damit verfolgten Ziele sind.»

Tagesanzeiger:
Für einige Unternehmen steht am 10. Juni viel auf dem Spiel. Dann stimmt die Schweiz über das Geldspielgesetz ab. Die Schweizer Casinos und Lotterie­gesellschaft en kämpfen mit hohem Einsatz für die Vorlage, von der sie sich neue Umsätze in dreistelliger Millionenhöhe erhoffen.

Bekannt ist, dass sie intensiv am Gesetz mitgearbeitet und ihm im Parlament mit ihren vielen Interessenvertretern zum Durchbruch verholfen haben. Neu ist, dass sie ihre Gegner auch mit anderen Mitteln zu überzeugen versuchen. Das zeigte sich gestern an einer Medienkonferenz des Nein-Komitees. Ein Journalist fragte FDP-Nationalrat Marcel ­Dobler (SG), einen Gegner der ersten Stunde, wie er die Lobbyaktivitäten miterlebt habe. Doblers Antwort: Er habe von der Gegenseite eine Woche nach Zustandekommen des Referendums ein «Angebot» erhalten.

Auf Nachfrage präzisierte er, ein Casino habe ihm einen Verwaltungsratssitz offeriert. Welches, sagte er nicht. Das Casino habe die Anfrage nicht explizit mit dem Geldspielgesetz verbunden. Doch aufgrund des Zeitpunkts ist der Fall für Dobler klar: «Man wollte verhindern, dass ich mich gegen das Gesetz engagiere.» Wenige Wochen vorher hatte er in der Schlussabstimmung des Nationalrats als einer von nur fünf Freisinnigen gegen das neue Gesetz gestimmt.

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