×

Die Barrierefreiheit: ein gesetzlicher Auftrag

Die Regierungsratskandidaten erklären, wie sie zur Behindertenpolitik stehen. Wir haben für Euch die interessantesten Antworten herausgepickt.

Südostschweiz
15.05.18 - 16:30 Uhr
Politik
Bahnhof RhB Rhäzüns
Der Bahnhof Rhäzüns der Rhätischen Bahn wurde modernisiert und behindertengerecht umgebaut.
YANIK BÜRKLI

Die Regierungsratskandidaten Mario Cavigelli (CVP), Christian Rathgeb (FDP), Jon Domenic Parolini (BDP), Marcus Caduff (CVP), Peter Peyer (SP) und Walter Schlegel (SVP) haben sich den Fragen zur Behindertenpolitik von Procap Grischun gestellt. Linard Bardill wurde der Fragebogen ebenfalls zugeschickt und wird nach Erhalt veröffentlicht, wie Procap Grischun mitteilt.

Wie haben Sie sich in der Vergangenheit für Anliegen von Menschen mit Behinderungen und deren Angehörigen politisch eingesetzt?
Walter Schlegel (SVP): Während meiner Amtszeit als Exekutivmitglied der Gemeinde Trimmis habe ich im Jahr 2012 die Revision des Baugesetzes betreut. Dabei war es uns wichtig, in Art. 47 des Baugesetzes der Gemeinde Trimmis festzulegen, dass bei der Einreichung eines Baugesuches der Nachweis zur Einhaltung der Vorgaben über das behindertengerechte Bauen erbracht werden muss (Abs. 2 Ziff. 17). Seit diesem Zeitpunkt wird das behindertengerechte und barrierefreie Bauen in Trimmis umgesetzt.
Mario Cavigelli (CVP): Als Vorsteher des Bau-, Verkehrs- und Forstdepartements bin ich zusammen mit unseren Dienststellen mit Fragen der barrierefreien Ausgestaltung der öffentlichen Infrastruktur beschäftigt. Bis Ende 2023 sind Fahrzeuge, Bahnhöfe und weitere Einrichtungen des öffentlichen Verkehrs barrierefrei bzw. BehiG-konform auszugestalten. Ich persönlich und auch meine Mitarbeitenden sind im steten Austausch mit den Transportunternehmen. Wir haben zur Unterstützung der Gemeinden, welche für die Bushaltestellen verantwortlich sind, eine Planungshilfe erarbeitet.
Schliesslich ist mein Departement mit dem Hochbauamt (HBA) für den Gebäudepark des Kantons verantwortlich. Bei sämtlichen kantonalen Bauten ist hindernisfreies Bauen seit langem ein Standard.

Wo würden Sie als gewählter/wiedergewählter Regierungsrat Massnahmen ergreifen, um die Inklusion von Menschen mit Behinderungen zu fördern?
Peter Peyer (SP): Inklusion bedeutet, dass alle Menschen Teil unserer Gesellschaft sind, weshalb ihre Teilhabe in allen Lebensbereichen eine Selbstverständlichkeit für mich ist. Neben der sozialen Integration, die von verschiedenen Organisationen mit viel Einsatz gefördert wird, braucht es insbesondere im Wohn-, Bildungs- und Arbeitsbereich das Engagement der öffentlichen Hand. Die öffentliche Hand hat Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen und muss z.B. mit Anreiz- und Beratungsangeboten private ArbeitgeberInnen zur beruflichen Integration von Menschen mit Behinderung bewegen. Ebenso wichtig ist der Zugang zum öffentlichen Raum, z. B. Kino, Theater, Museum, öffentlicher Verkehr.
Jon Domenic Parolini (BDP): In den letzten Jahren konnten wir das Angebot an Nischenarbeitsplätzen in der freien Wirtschaft ausbauen – dafür möchte ich mich auch in Zukunft speziell einsetzen.

Welche Perspektiven sehen Sie betreffend der kantonalen Behindertenpolitik im Heimwesen und in ambulanten Angeboten?
Christian Rathgeb (FDP): Autonomie und Partizipation als Leitprinzip: Mündige Menschen bestimmen selber darüber, wie sie ihr Leben gestalten. Dies gilt uneingeschränkt auch für behinderte Menschen. Wir schätzen die vielfältigen Erfahrungen und Kompetenzen der behinderten Menschen und nutzen sie. Wir realisieren im Gesundheitsdepartement Angebote und Massnahmen gemeinsam mit den betroffenen Zielgruppen.
Marcus Caduff (CVP): Die ambulanten Dienstleistungen sind darauf ausgerichtet, Menschen mit Behinderung Informationen zu vermitteln, deren Interessen wahrzunehmen und sie in spezifischen Fragen der gesellschaftlichen Eingliederung zu beraten und zu unterstützen. Sie übernehmen damit eine wichtige Vermittlungsfunktion zwischen den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten eines Menschen sowie den gesellschaftlichen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen, in denen sich diese Person befindet. Angebote im Bereich des individuellen (begleiteten) Wohnens in der eigenen Wohnung oder in kleinen Wohngemeinschaften sind gezielter zu fördern.

Wie würden Sie sich als gewählter Regierungsrat bezüglich Barrierefreiheit im Sinne des BehiG positionieren?
Mario Cavigelli (CVP): Meine Position dazu ist klar. Die Barrierefreiheit ist ein gesetzlicher Auftrag, welchen wir in unserem Verantwortungsbereich ohne Wenn und Aber umsetzen müssen. Dies ist eine anspruchsvolle Aufgabe, das Thema ist aber auch von grosser gesellschaftlicher Bedeutung.
Marcus Caduff (CVP): Die gemäss dem BehiG vorgesehenen Massnahmen zur Gewährung eines barrierefreien Zugangs sind umzusetzen. Selbstverständlich ist dabei stets auf die Verhältnismässigkeit und das Kosten/Nutzungsverhältnis zu achten. Beispielsweise erachte ich es nicht als sinnvoll, wenn die als «Wanderhaltestellen» bezeichneten Bahnstationen umgebaut werden müssen. An solchen Punkten sind allenfalls Ersatzmassnahmen vorzusehen.

Wie wollen Sie konkret Menschen mit einer Behinderung in eine Politik auf Augenhöhe einbeziehen?
Christian Rathgeb (FDP): Wir pflegen den Kontakt zu pro informis und zu Procap Grischun von Seiten meines Departements sowie auch von Seiten des Gesundheitsamts. Persönlich pflege ich mit den Exponenten beider Organisationen einen guten Kontakt, besonders auch zum Präsidenten von Procap Grischun, Grossrat Ilario Bondolfi. Gemeinsam erreichen wir die gesetzten politischen Ziele zur Integration behinderter Menschen.
Jon Domenic Parolini (BDP): Um die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung konkret zu erfahren, haben wir im Vorfeld der Angebotsplanung (2016 – 2019) Behindertenorganisationen zu einem Austausch eingeladen. Dabei haben wir wertvolle Hinweise von Betroffenen erhalten. Wir wollen auch in Zukunft den Weg des Dialogs beschreiten und den Austausch zwischen Menschen mit einer Behinderung und den Amtsstellen weiter fördern.

Warum sollen Menschen mit Behinderungen Sie als Regierungsrat wählen?
Peter Peyer (SP): Meine Kandidatur ist ein Angebot an alle, die uns vorwärts bringen wollen. Auch an alle, die nicht regelmässig SP wählen oder sogar noch nie SP gewählt haben. Ich bin überzeugter Sozialdemokrat. Aber ich will niemanden bekehren. Ich will lediglich aufzeigen, dass es in Graubünden Fortschritt für alle und in der Regierung eine Vielfalt der Meinungen braucht. Und zu dieser Vielfalt gehört auch eine Stimme für Menschen mit einer Behinderung.
Walter Schlegel (SVP): Aus den gleichen Gründen wie Menschen ohne Behinderungen. Weil ich der für Graubünden bin. Aus meiner beruflichen Tätigkeit kann ich Führungserfahrung, Kooperationsfähigkeit und Sachkompetenz in die Regierung einbringen. Aufgrund meiner persönlichen und beruflichen Vergangenheit kenne ich zudem den Kanton in seiner sprachlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Vielfalt. Diese Erfahrungen sind für einen Regierungsrat sehr wichtig. Ich werde in der Regierung Verantwortung übernehmen und Akzente zugunsten unseres Kantons setzen können. (egt)

Die Fragebögen und Antworten jedes einzelnen Kandidaten könnt Ihr hier nachlesen.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Politik MEHR