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«In der SP muss man optimistisch sein»

Mit der Eroberung des Gemeindepräsidiums in Glarus Nord könne die SP einen unerwarteten Sieg verbuchen, findet ihr Kantonalpräsident, Jacques Marti. So zeigt er sich nun auch für die Landratswahlen zuversichtlich – schon oder auch weil man das in der SP einfach sein müsse.

Marco
Häusler
14.05.18 - 04:30 Uhr
Politik

Als Präsident der Kantonalpartei bestreiten Sie Ihr erstes Wahljahr. Wie fühlt sich diese neue Rolle an?
So neu ist sie ja nicht, ich war ja schon das letzte Mal mitverantwortlich für die Wahlen. Und ich habe ja auch schon zwei Wahlen miterlebt.

2014 verloren die Sozialdemokraten einen ihrer acht Sitze im Landrat. Soll der jetzt zurückerobert werden, oder ist die Verteidigung der sieben Sitze das Ziel?
Nein, wir müssen mindestens einen Sitz zurückholen.

Also sind acht Sitze das Ziel?
Das Ziel sind neun.

Ist das nicht etwas sehr ehrgeizig?
Wenn man sich die Entwicklung in der Schweiz anschaut, ist das überhaupt nicht ehrgeizig.

Darauf möchte ich zwar noch zurückkommen; aber in Glarus sieht das ja immer etwas anders aus.
Das stimmt zwar, aber ich habe das Gefühl, dass die Anliegen, die wir vertreten, gefragter sind als auch schon. Wenn man bedenkt, dass die SP in den ländlichen Gemeinden des Kantons Zürich mit teilweise vergleichbaren Strukturen Gemeinderatssitze dazugewonnen hat, sehe ich den Wahlen im Glarnerland positiv entgegen.

Da tritt die SP mit sieben Personen mehr als vor vier Jahren an. Hat die SP auch mehr Mitglieder?
Nein, aber das hat wohl auch mit der gesellschaftlichen Entwicklung zu tun, dass sich die Leute nicht irgendwo festlegen wollen. Aber wir haben es in Glarus Süd geschafft, alle 14 Listenplätze zu besetzen. Das sind fünf mehr als 2014.

Im Vergleich zu anderen schickt die SP viel mehr Frauen ins Rennen. Werden diese dann auch gewählt?
Das ist zu hoffen, ja. Schön wäre es ja, wenn aus dem Landrat ein paar festgefahrene Männer verschwinden und an ihrer Stelle junge, dynamische Frauen Platz nehmen würden.

Ist das nicht Wunschdenken?
Ich glaube, wenn man in der SP ist, muss man sich hohe Ziele stecken und optimistisch sein.

Andere nennen das Visionen und empfehlen Leuten, die Visionen haben, damit zum Arzt zu gehen.
Nein, wenn man in der Politik etwas bewegen möchte, braucht man Visionen. Sonst macht man es wie die Bürgerlichen: Das Bisherige erhalten. Und das ist überhaupt nicht unser Ziel.

Wie 2014 mischt die Juso nur in Glarus mit. Fehlt der SP Nachwuchs?
Mit der Juso geht es einmal auf- und einmal abwärts. Es gab eine Zeit, in der unsere Juso sehr aktiv war, zu Zeiten von Marco Kistler und Sergio Haller. Das hat sich jetzt wieder etwas abgeschwächt. Man kann eine Juso nicht von oben herab gründen, die Bewegung muss immer von unten kommen.

Wie bei allen Parteien treten auch bei der SP alle bisherigen Landrätinnen und Landräte erneut an. Bei der SP haben sie aber nicht überall die besten Listenplätze. Wieso?
Auch hier sind wir der Meinung, dass man Frauen gleich behandeln soll wie Männer und haben auf den meisten Listen das Zebraprinzip – Mann/Frau/Mann/Frau – angewendet. Wenn die zwei Bisherigen Männer sind, ist klar, dass einer einen Schritt zurück muss.

In Glarus ist der Schritt mit Christian Büttiker aber extrem. Er taucht erst auf Listenplatz 9 auf. Fehlt bei ihm nach seiner Nicht-Wahl als Regierungsrat die Motivation?
Nein, das war eine Entscheidung der Sektion, welche die Jungen «pushen» will. Ihm fehlt es definitiv nicht an der Motivation, er hat sich aber entschieden, weiter hinten anzustehen.

Wir sprachen es schon an: Während die SP national und vor allem in den Städten zulegt, scheint das in Glarus eher gegenteilig zu sein. Schaffen Sie jetzt die Wende?
Ich glaube, diese Wende haben wir schon mit Thomas Kistlers Wahl zum Gemeindepräsidenten in Glarus Nord geschafft. Man hat im Kanton vermutlich nicht erwartet, dass das einer von der SP schafft. Denn das Gemeindepräsidium hat seit der Gemeindestrukturreform eine hohe Bedeutung.

Oft bleibt der SP in Glarus aber nur die Oppositionsrolle. Ich nehme an, dass sie die nicht sucht.
Nein, natürlich nicht. Aber der Kanton Glarus hat gesagt: Wir wollen fünf bürgerliche Regierungsräte; Leute, die – sagen wir einmal – nicht unbedingt dafür bekannt sind, dass sie viel bewegen. Jetzt haben wir drei Finanzmenschen. Das sind keine Entwickler oder Visionäre. Das war ein bewusster Entscheid. Wir ticken anders. Darum gehen wir jetzt in diese Oppositionsrolle. Und mir persönlich macht das Spass.

Welches sind die drei wichtigsten Anliegen Ihrer Partei?
Transparenz. In der Politik und in der Verwaltung. Dazu hatten wir ja den Memorialsantrag «Öffentlichkeitsprinzip» eingereicht. Dann setzen wir uns für die Grundversorgung ein. Das ist in einem kleinen Kanton besonders wichtig. Wir wehren uns gegen Poststellenschliessungen. Wir wollen, dass die Grundversorgung auch im hinteren Kantonsteil gewährleistet ist, und ...

... wenn Sie von Grundversorgung sprechen: Was meinen Sie damit?
Grundversorgung hat ein sehr breites Spektrum. Das hat mit Ärzten zu tun, mit der Pflege, das hat generell mit dem Service public zu tun ...

... also auch mit Anschlüssen an den öffentlichen Verkehr zum Beispiel.
Genau. Und das Dritte – da planen wir jetzt Vorstösse dazu: Es muss möglich sein, günstigen Wohnraum für Familien zu schaffen. Wir wollen, dass die Gemeinden Einfluss darauf nehmen. Das ist nur ein Beispiel: Aber wenn ein grösseres Areal überbaut wird, soll ein gewisser genossenschaftlicher Anteil vorgeschrieben werden.

Die SP hat ein Positionspapier verabschiedet, in dem als Vision beschrieben wird, wie der Graben zwischen Politik und Bevölkerung überbrückt werden soll. So sollen die Gemeindeversammlungen abgeschafft und durch Parlamente ersetzt werden. In Glarus Nord ging das bereits prächtig in die Hose.
Manchmal muss man versuchen, den Stein etwas weiter zu werfen als dorthin, wo er schliesslich landet. Und die Behauptung, dass es mit dem Parlament in Glarus Nord in die Hose gegangen sei, stimmt nicht. Dort wurde einfach ein System installiert, das nicht funktionieren kann. Man kann nicht eine Gemeindeversammlung und ein Parlament haben.

Trotzdem: Die Gemeindeversammlungen in einem Landsgemeindekanton abschaffen zu wollen, ist wohl eher provokativ.
Ja. Doch wenn ein Positionspapier der SP nicht wenigstens ein bisschen provokativ ist, machen wir unseren Job nicht richtig.

Marco Häusler ist Dienstchef der Zeitungsredaktion «Glarner Nachrichten». Er absolvierte den zweijährigen Lehrgang an der St. Galler Schule für Journalismus und arbeitete bei der ehemaligen Schweizerischen Teletext AG und beim «Zürcher Unterländer», bevor er im Februar 2011 zu Somedia stiess. Mehr Infos

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