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Keller-Inhelder meidet im Ratssaal das Rampenlicht

SVP-Nationalrätin Barbara Keller-Inhelder aus Rapperswil-Jona trat seit ihrem Amtsantritt Ende 2015 im Bundeshaus noch nie ans Rednerpult. Eine bewusste Entscheidung, wie sie sagt.

Südostschweiz
01.05.18 - 04:30 Uhr
Politik
SVP-Nationalrätin Barbara Keller-Inhelder aus Rapperswil-Jona ist im Ratsaal nicht redefreudig.
SVP-Nationalrätin Barbara Keller-Inhelder aus Rapperswil-Jona ist im Ratsaal nicht redefreudig.
KEYSTONE

von Anja Ruoss

«Die stillste Politikerin der Schweiz» titelte der «Blick» auf seiner Online-Plattform gestern prominent. Gemeint ist damit Barbara Keller-Inhelder, Nationalrätin der SVP aus Rapperswil-Jona. Seit ihrem Amtsantritt Ende 2015 sei die 49-Jährige noch nie ans Rednerpult getreten, um sich für einen Antrag stark zu machen. «Und das, obwohl sie an jedem einzelnen Sessionstag im Saal sass», schreibt der «Blick».

Die Information, dass «Schweige-Politikerin» Keller-Inhelder bisher noch nie vor dem grossen Rat gesprochen hat, stammt aus einer Auswertung von Radio Télévision Suisse (RTS). Der Sender hat am Sonntag eine Reportage über die Redezeiten der Abgeordneten in Bundesbern veröffentlicht. Dabei wurden die Redezeiten sämtlicher Politiker analysiert.

«Ich habe bisher bewusst das Wort im Saal nicht ergriffen,» erklärt Keller-Inhelder. «Die Meinungen sind bis dahin schon längst gemacht. Die meisten Voten sind nur noch Show, damit man hoffentlich in die Medien kommt.»

«Politiker verlassen den Saal»

Laut Keller-Inhelder bekommt jedes Ratsmitglied zu Beginn eines Sessionstages ein Protokoll. «Auf diesem ist vermerkt, was bereits beschlossen wurde und wie jede Fraktion dazu abstimmen wird», sagt sie. Die meisten Abgeordneten würden deshalb den Saal verlassen, nachdem die Redner bekannt sind – und sie würden sich erst wieder zur Abstimmung einfinden. «Als Kommissionssprecherin rede ich auch vor dem Rat», betont Keller-Inhelder. «Aber wenn niemand zuhört, geschweige denn anwesend ist, würde ich mir da oben blöd vorkommen.»

Ein zusätzlicher negativer Punkt für Keller-Inhelder ist, dass es im Nationalrat schlicht zu viele Vorstösse gebe. «Was wirklich wichtig ist, geht bei dem vielen Gerede unter», sagt sie.

«Was wirklich wichtig ist, geht bei dem vielen Gerede unter.»

Die 49-Jährige möchte deshalb das System im Bundeshaus grundsätzlich ändern. Ihre Idee: Die Zahl der Redner soll begrenzt und dafür jeweils eine vorbereitende Kommission aus Fachexperten für die einzelnen Vorlagen eingesetzt werden. «Diese müssten sich Wochen im Voraus treffen und so lange über eine Vorlage diskutieren können, bis alle mit der Lösung leben können», erklärt Keller-Inhelder.

«Dadurch können wir verhindern, dass über Vorlagen abgestimmt wird, bei denen es von Beginn an klar ist, dass sie von der Hälfte der Abgeordneten abgelehnt werden.»

«Session sinnvoller verwenden»

Das Vorgehen mit einer vorbereitenden Kommission kennt sie aus dem Kantonsrat. An ihrem Konzept, dieses System auch im Nationalrat einzuführen, arbeite sie nun bereits etwa seit einem Jahr. «Als ich die Idee mit Arbeitskollegen im Rat besprochen habe, erkannten einige das Problem ebenfalls», sagt Keller-Inhelder. «Interessant dabei war, dass vor allem Frauen meiner Sichtweise zugestimmt haben. Bei den Männern war das Interesse nicht gross.»

Um genügend Zeit für die Diskussion der vorbereitenden Kommission zu schaffen, hat Keller-Inhelder bereits einen Plan: «Ich finde, dafür könnte man die drei Wochen Session sinnvoller verwenden.»

Will Strategie nicht ändern

Keller-Inhelder selbst bevorzugt es, die Themen bilateral mit anderen Parlamentariern zu besprechen. «Mittlerweile konnte ich ein Netz aufbauen und kenne praktisch aus jeder Fraktion jemanden. So kann ich die Abgeordneten erreichen, bevor die Entscheidungen in den Fraktionen gefallen sind», sagt sie. In den Auswertungen und Rankings werde diese Arbeit nicht gewichtet. «Dort erscheinen nur diejenigen, die viel Lärm machen, als gute Politiker.»

Diese Strategie will die 49-Jährige nicht ändern. Auch wenn solche Auswertungen einen Einfluss auf ihre Wiederwahl im Herbst 2019 haben könnten: «Wenn ich deswegen nicht wiedergewählt werde, dann ist es eben so», sagt Keller-Inhelder. «Ich verbiege mich deshalb nicht und konzentriere mich dafür auf meinen Einsatz für Themen, die mir wichtig sind.»

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