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Wahljahr: Rekordverdächtige Fragestunde

Eineinhalb Tage dauerte die Aprilsession lediglich. Dies, weil keine Sachgeschäfte vorliagen. Die Grossräte wussten sich dennoch zu beschäftigen. Willkommen zum Ticker der beiden Sessionstage.

Philipp
Wyss
17.04.18 - 14:56 Uhr
Politik

Am Montagmittag hat sie begonnen. Am Dienstagnachmittag endete sie; die Aprilsession des Grossen Rates des Kantons Graubünden. Das ist unüblich kurz, dauern die alle zwei Monate stattfindenden Sessionen im Grossratsgebäude in Chur doch üblicherweise drei oder vier Tage.

Der Grund für die verkürzte Session lag in den fehlenden Sachgeschäften. Wie Standespräsident Martin Aebli (BDP, Oberengadin) auf Anfrage sagte, überlegte man sich gar, die Aprilsession ausfallen zu lassen. «Dann hätten sich aber Pendenzen bis in den Sommer verschoben. Und das wollten wir nicht», so Aebli. Mit Pendenzen meinte der höchste Bündner vorwiegend Antworten und Debatten zu zahlreichen Anfragen und Aufträgen.

Am ersten Tag wurden zwei parlamentarische Initiativen verabschiedet, die Macht von der Regierung zuhanden des Parlaments verschieben möchten. Am Dienstag ging es in der Fragestunde um nicht weniger als 22 Fragen seitens Parlamentarier an die Regierung.

Ticker

Sessionsschluss

Kurz nach der Wiederaufnahme der Session beendet Standespräsident Martin Aebli (BDP, Oberengadin) diese am frühen Nachmittag. Er dankt dem Rat für das speditive Arbeiten und zählt die in den vergangenen eineinhalb Tagen behandelten Geschäfte auf:

  • Vergabe der Landsession 2019 nach Pontresina
  • Acht Anfragen und sechs Aufträge
  • Fragestunde mit 22 Fragen
  • Parlamentarische Initiativen von Grossrat Walter Vetsch (FDP, Jenaz)
  • Fünf Petitionen aus dem Mädchenparlament

Sechs Aufträge und vier Anfragen sind während der Aprilsession eingegangen. Sie werden in der Augustsession behandelt.

Abschliessend wünscht Aebli den sich im Wahlkampf befindenden Parlamentarierinnen einen spannenden Wahlkampf und all jenen, die am 10. Juni nicht kandidieren, einen entspannten Wahlkampf.

Das nächste Mal trifft sich der Grosse Rat am 11. Juni - einen Tag nach den Erneuerungswahlen von Regierung und Parlament. Die neu zusammengesetzte Regierung und das neue Parlament werden dann aber erst ab 2019 amten.

Damit beenden wir unsere Berichterstattung der Aprilsession. Danke fürs Dabeisein und einen schönen Dienstag!

 

Erste Annahme

Die vierte Petition des Mädchenparlaments, «Mobbing an Bündner Schulen geht zu weit», wird mit 92:14 Stimmen bei zwei Enthaltungen als erste Petition an die Regierung überwiesen.

Von der fünften und letzten Petition aus dem Bündner Mädchenparlament, «Einfachere und schnellere schulische Integration», nimmt der Rat Kenntnis. Er überweist sie mit 84:18 Stimmen bei einer Enthaltung nicht an die Regierung. Die Petitionärinnen werden schriftlich informiert.

Grossrätin Cornelia Märchy-Caduff (CVP, Domat/Ems) dankt dem Rat und dem Mädchenparlament für die geleistete Arbeit. Und sie äussert die Hoffnung, dass einige der jungen Politikerinnen in einigen Jahren im Grossen Rat Einsitz nehmen, oder andere politische Ämter übernehmen, und mit Freude ausüben werden.

Tenüerleichterung

Standesvizepräsidentin Tina Gartmann-Albin (SP, Chur) erlässt im Grossratssaal Tenüerleichterung.

Stabstelle will trotzdem weitermachen

Wenig beeindruckt von den kritischen Voten zeigt sich auf der Besuchertribüne des Grossen Rates Silvia Hofmann. Als Vorgängerin der heutigen Leiterin der Stabstelle für Chancengleichheit von Frau und Mann im Kanton Graubünden, Tamara Gianera, hatte Hofmann das Mädchenparlament Graubünden ins Leben gerufen. «Ein Import aus dem Welschland», wie sie selber sagt.

Wer die Mädchen und ihren Eifer im vergangenen November erlebt hatte, der versteht die Petitionen und die Überweisungen an die Regierung. «Auch in andern Kantonen wird so vorgegangen. Nun muss sich die Regierung mit den Themen befassen und den Petitionärinnen antworten», so Hofmann weiter.

Wenig Verständnis hat Hofmann, dass die Leiterin des Mädchenparlaments, Grossrätin Vera Stiffler (FDP, Chur), gegen die Überweisung der Petitionen an die Regierung stimmte.

ARCHIV

An Guata!

Standesvizepräsidentin Tina Gartmann-Albin (SP, Chur) schickt das Parlament und die Besucher in die Mittagspause.

Weiter geht die Session um 14 Uhr.

Mädchenparlament 3 Grossen Rat Mädchen Politik Zukunftstag
Das 3. Mädchenparlament im Grossen Rat fotografiert am 9.11.17 in Chur. Bild Olivia Item
Olivia Item

Fünf Petitionen des Mädchenparlaments

Am 9. November 2017 fand das dritte Bündner Mädchenparlament mit 100 Teilnehmerinnen statt. Daraus resultieren fünf Petitionen zu Handen des Grossen Rates.

Grossrätin Cornelia Märchy-Caduff (CVP, Domat/Ems) äusserte einleitend auch kritische Worte. «Fünf Petitionen, die allesamt dasselbe Departement betreffen, sind viele - vielleicht zu viele», so Märchy-Caduff. Für ein nächstes Mädchenparlament plädiert sie deshalb, die Anzahl Petitionen zu reduzieren, oder sie unterschiedlichen Departementen zuzuweisen. Die fünf Petitionen:

  • Verstärkung des Frauenanteils in Politik und Wirtschaft
  • Verbesserung der Chancengleichheit
  • Vielfältige Lehrstellen in Randregionen schaffen
  • Mobbing an Bündner Schulen geht zu weit
  • Einfachere und schnellere schulische Integration

Grossrat Roman Hug (SVP, Trimmis) kritisiert die viel zu weit greifenden Petitionen und rät den Organisatoren des Mädchenparlaments, Wünsche und Anliegen aus dem Mädchenparlament mittels Anfragen und Aufträge über Grossräte ins Parlament einzubringen. Hug rät dem Grossen Rat, die Petitionen nicht an die Regierung zu überweisen.

Sandra Locher Benguerel (SP, Chur) entgegnete Kommissionskollege Hug, dass die Stabstelle für Chancengleichheit von Frau und Mann mit der Durchführung von Mädchenparlamenten einen Beitrag zum Einstieg von Mädchen in die Politik leiste, und dass die verarbeiteten Themen fundiert und aktuell seine. Nehmen wir die Petitionen einfach zur Kenntnis, so geben wir den Mädchen keine Stimme, so Locher Benguerel weiter. «Die Mädchen erhalten dann mindestens eine Antwort darauf, wie die Regierung zu den Petitionen steht und ich denke, das sind wir den Mädchen schuldig.»

Angela Casanova-Maron (FDP, Domat/Ems) sagte: «Oftmals sind Petitionen aus Mädchenparlamenten nicht an die richtige Stufe adressiert, so würden sie zum Beispiel eidgenössisches Recht betreffen. Ich werde diese Petitionen nur zur Kenntnis nehmen und ich sehe keine Rechtfertigung für die Weiterleitung an die Regierung.» Casanova-Maron bittet die Verantwortlichen des Mädchenparlaments, die Art und Weise der Organisation zu überdenken. Für die jungen Teilnehmerinnen sollte ein erster Kontakt mit der Politik von Erfolg gekrönt sein. Und es sollte nicht einfach die heisse Kartoffel an die Regierung weitergegeben werden, so Casanova-Maron.

Als nicht zweckdienlich sieht das «Abstrafen» und damit das Nichteinreichen von Petitionen aus dem Mädchenparlament Peter Peyer (SP, Trin). Jede Fraktion könne anlässlich eines Mädchenparlaments Mitglieder stellen und damit das Adressatengerechte Einreichen von Petitionen mitlenken.

Märchy-Caduff hat laut Auskunft der Stabstelle für Chancengleichheit von Frau und Mann die Antwort erhalten, dass die Petitionen absichtlich an den Grossen Rat und nicht an die Regierung gerichtet seien. Bei der Regierung würden sie quasi «versanden». Überweise aber das Parlament die Petitionen, so sei die Regierung zu einer Behandlung gezwungen. Dies habe die Erfahrung der Stabsstelle gezeigt.

Die erste Petition «Verstärkung des Frauenanteils in Politik und Wirtschaft» wird mit 16:82 Stimmen «lediglich» zur Kenntnis genommen. Die Petition wird den Petitionären somit schriftlich beantwortet.

Auch die zweite Petition «Verbesserung der Chancengleichheit» wird mit 21:84 Stimmen nicht überwiesen, sondern «lediglich» zur Kenntnis genommen. Die Petition wird den Petitionären somit schriftlich beantwortet.

Auch die dritte Petition «Vielfältige Lehrstellen in Randregionen schaffen» wird «lediglich» zur Kenntnis genommen. Die Petition wird den Petitionären somit schriftlich beantwortet.

ARCHIV

Steuererklärungen bald ohne Unterschrift

Der Fraktionsauftrag der SVP betreffend «Streichung der Pflicht, die Steuererklärung zu unterzeichnen» auch im Kanton Graubünden einzuführen, wird mit 95:0 Stimmen angenommen.

Ein guter erster Ansatz zur laufenden Digitalisierung wurde vom Bündner Ständerat Martin Schmid in einer Motion im Mai 2017 aufgegriffen. Der Bundesrat wird dabei beauftragt, die entsprechenden Gesetze so zu ändern, dass die Steuererklärung beziehungsweise der Antrag zur Rückerstattung der Verrechnungssteuer - wie in einzelnen Kantonen bereits umgesetzt - nicht mehr unterschrieben werden müsse. Der Kanton Fribourg strich die Unterschrift bereits im Jahr 2014. Seither werden laut dem Auftrag mehr als die Hälfte aller Steuererklärungen ohne Unterschriften eingereicht. Dadurch würden fünf bis zehn Franken pro E-Steuererklärung gespart. Auch der Kanton Luzern habe dieses Verfahren übernommen.

Mit dem Auftrag soll auch der Kanton Graubünden Massnahmen treffen, um die Steuererklärung vollständig zu digitalisieren und auf die Unterschrift auf der digitalen Steuererklärung zu verzichten. Mit der Überweisung des Fraktionsauftrags müssen nun die Steuergesetze in Bund und Kanton angepasst werden. Die Regierung plant eine entsprechende Änderung des kantonalen Steuergesetzes mit einer Teilrevision im kommenden Jahr. Die Umsetzung wäre dann schon im Veranlagungs- oder Steuerjahr 2020 möglich.

Ein Mann liest die romanische Tageszeitung «La Quotidiana».
Ein Mann liest die romanische Tageszeitung «La Quotidiana».
MARCO HARTMANN

Wie weiter mit «La Quotidiana»?

Wie geht es weiter mit der Tageszeitung «La Quotidiana»? Diese Frage stellte Gabriela Tomaschett-Berther (CVP, Trun). Regierungsrat Martin Jäger (SP, Chur) erwähnte dazu das Projekts «Medias rumantschas», über dessen ersten Teil im kommenden Herbst Bilanz gezogen, und über eine Verlängerung entschieden wird.

Mit dem Projekt wird eine Auslegeordnung über Angebote und Bedürfnisse, sowie über die Finanzierung seitens des Bundes und des Kantons gemacht.

Mit dieser Frage ist die rekordverdächtige Fragestunde mit nicht weniger als 22 Fragen abgeschlossen. Und Standesvizepräsidentin Tina Gartmann-Albin (SP, Chur) übergibt die Ratsleitung zurück an Standespräsident Martin Aebli (BDP, Oberengadin).

 

Anzeigetafel für die Winteröffnung auf der Passhöhe.
Anzeigetafel für die Winteröffnung auf der Passhöhe.
ARCHIV

Lukmanier soll weniger gesperrt sein

Weiter gehts mit der Aprilsession und der Fragestunde. Grossrat Maurus Tomaschett (CVP, Breil/Brigels) stellte eine Frage zur Winteröffnung des Lukmanierpasses zwischen Disentis und Biasca. Schon zum 18. Mal war der Lukmanier in diesem Winter dank dem Einsatz des Vereins Pro Lucman beinahe durchgehend geöffnet.

Über 60 Lawinen haben im vergangenen Winter die Passstrasse erreicht. Wie viele Lawinen es insgesamt gab, konnte Regierungspräsident Mario Cavigelli (CVP, Domat/Ems) in seiner Antwort nicht sagen. Im Durchschnitt gibt es 37 Sperrtage pro Winter.

Im Strassenprogramm 2017 bis 2020 hat Graubünden für 35 Millionen Franken Ausbauarbeiten vorgesehen. Darin enthalten ist eine permanente Lawinensprenganlage. Mitentscheidend für weniger Sperrtage ist aber auch die Kooperation mit dem Kanton Tessin. Während Graubünden bislang gesprengt und gesperrt hat, beliessen es die Tessiner bei Sperrungen. Aber auch der Kanton Tessin investiert auf seiner Seite in den kommenden Jahren, sodass die Sperrtage des Passes weiter reduziert werden sollten.

Philipp Wyss ist Chefredaktor der gemeinsamen Redaktion der Zeitung «Südostschweiz» und der Internetseite «suedostschweiz.ch». Damit zeichnet er für das Team und für den Inhalt dieser Produkte verantwortlich. Mehr Infos

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