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Steuern erhöhen und Investitionen kürzen

Chur darf keine neuen Schulden mehr machen. Das fordert die SVP mit einem Vorstoss, der unangenehme Folgen haben könnte.

Dario
Morandi
31.03.18 - 04:30 Uhr
Politik
Steuern Steuerverwaltung
Keine weiteren Steuerschulden für die Stadt Chur.
Marco Hartmann / ARCHIVBILD, MARCO HARTMANN

Die SVP-Fraktion im Churer Gemeinderat schlägt Alarm. Sie zeigt sich besorgt über die Befindlichkeit des Stadthaushaltes und ortet unmittelbaren Handlungsbedarf. Um Schulden abzubauen beziehungsweise eine Neuverschuldung zu vermeiden, fordert die Partei, dass die Stadt ihre Investitionsausgaben zu 80 Prozent künftig aus eigenen Mitteln finanzieren muss. Der budgetierte Selbstfinanzierungsgrad sinke laufend und nähere sich damit der Kerngrösse «ungenügend», schreibt die SVP in ihrem parlamentarischen Auftrag. Dies mit Blick auf die 29 Prozent, die für 2019 prognostiziert werden.

Über 133 Prozent gelegen

Der Stadtrat sieht es weniger dramatisch als die Mannen der SVP und verweist auf den durchschnittlichen Selbstfinanzierungsgard der letzten sechs Jahre. Dieser liegt bei über 133 Prozent. Deshalb empfiehlt der Stadtrat dem Gemeinderat, den Auftrag der SVP an der Sitzung vom 12. April abzulehnen.

Die falschen Schlüsse ziehen

Die Feststellung der SVP treffe zwar zu, hält der Stadtrat fest. Ohne den Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen, vermittle diese aber «einen verfälschten Eindruck mit dem Risiko, die falschen Schlüsse zu ziehen», schreibt er in seiner Stellungnahme. Budget, Jahresrechnung und Vergangenheit müssten kombiniert betrachtet werden. Will heissen: Der Selbstfinanzierungsgrad müsse über eine längere Periode betrachtet werden. Ausserdem werden das Investitions- budget erfahrungsgemäss unterschritten und das Budget aufgrund von Annahmen und Schätzungen erstellt. Der Stadtrat gibt weiter zu bedenken, dass der Selbstfinanzierungsgrad im Budget «erfahrungsgemäss immer unter demjenigen der Jahresrechnung liegt».

Die Schulden sind gesunken

Nach Meinung des Stadtrates besteht bezüglich Verschuldung kein Grund zur Sorge. Diese habe seit 2012 von 213 Millionen auf 173 Millionen Franken abgenommen, hält er in diesem Zusammenhang fest. Die Rückzahlung eines 20-Millionen-Franken-Kredits durch den Energiedienstleister IBC Energie Wasser Chur und die gute Selbstfinanzierung hätten in den letzten Jahren zu einem Schuldenabbau geführt, heisst es.

Grundsätzlich wäre es gemäss den Ausführungen des Stadtrates möglich, die Budgets mit einem Selbstfinanzierungsgrad von 80 Prozent auszustatten. Dann müssten dem Gemeinderat aber Massnahmen vorgeschlagen werden, die weniger populär wären: Steuern und Gebühren müssten erhöht werden, um zusätzliche Einnahmen generieren zu können. Der Stadtrat geht weiter davon aus, dass in diesem Fall jene Sparmassnahmen umgesetzt werden müssten, die vom Gemeinderat während der Aufgaben- und Leistungsüberprüfung sistiert worden waren. Ausserdem müssten Investitionen im Verwaltungsvermögen, wie etwa der Bau von Schulhäusern, zurückgefahren werden, und auch der geplante Ausbau der Sportanlagen auf der Oberen Au wäre nach Meinung des Stadtrates dann in Gefahr.

Investitionsstau würde erhöht

Wie der Stadtrat in seiner Antwort auf den SVP-Vorstoss weiter betont, will er im Investitionsbereich «den Weg der Langfristigkeit beibehalten». Da der tief budgetierte Selbstfinanzierungsgrad nicht auf eine schlechte Erfolgsrechnung, sondern auf hohe Investitionen zurückzuführen sei, «müsste der Gemeinderat Investitionen kürzen». Für den Stadtrat ist eines klar: «Damit wird der Selbstfinanzierungsgrad nur scheinbar verbessert.» Im Gegenzug werde dann der Investitionsstau erhöht, was nach Meinung des Stadtrates zum Problem für die nachfolgenden Generationen würde.

Der Stadtrat gibt in seiner Stellungnahme zum Vorstoss gleichzeitig zu verstehen, dass der bereits heute bestehende Nachholbedarf im Investitionsbereich «politisch im Sinne von Prioritäten diskutiert werden muss». Deshalb stellt er dem Gemeinderat, wie von der Geschäftsprüfungskommission jüngst gefordert, «eine umfassende Investitions- und Finanzierungsplanung» in Aussicht.

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