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Papst Franziskus leitet Kreuzwegsprozession am Kolosseum

Papst Franziskus hat beim Kreuzweg am Kolosseum in Rom am Karfreitag an Gewalt und Krieg in der heutigen Welt erinnert. Vor 20'000 Menschen verlas der Pontifex ein Gebet, in dem er «Scham» darüber äusserte, dass der Jugend eine «zerbrochene Welt» überlassen werde.

Agentur
sda
31.03.18 - 00:32 Uhr
Politik
Der Papst folgte der Zeremonie in einem Pavillon auf einer erhöhten Terrasse gegenüber dem erleuchteten Kolosseum.
Der Papst folgte der Zeremonie in einem Pavillon auf einer erhöhten Terrasse gegenüber dem erleuchteten Kolosseum.
Keystone/AP/GREGORIO BORGIA

Franziskus sprach von Scham, den jungen Menschen eine «zertrümmerte Welt der Spaltung und der Kriege» zu hinterlassen, in der der Egoismus «die Jugendlichen, die Kleinen, die Kranken, die Alten» an den Rand dränge.

Die Prozession ist der Höhepunkt der Karfreitagsfeierlichkeiten und erinnert an das Leid Jesus Christus bei der Kreuzigung. Begleitet wurde sie aus Angst vor Anschlägen von erhöhten Sicherheitsvorkehrungen.

Das Oberhaupt der katholischen Kirche war während der traditionellen Prozession in sich versunken und hielt die Augen geschlossen, als er auf einem roten Baldachin vor dem angestrahlten Kolosseum sass. 20'000 Gläubige verfolgten die Zeremonie, die meisten von ihnen hielten eine Kerze in der Hand.

Mädchen im Rollstuhl

Auf dem Kreuzweg, der Jesus' Gang zu seiner Hinrichtung symbolisiert, hatten zuvor mehrere Gläubige nacheinander das Kreuz getragen. Unter ihnen waren viele junge Menschen, auch ein kleines Mädchen im Rollstuhl sowie eine syrische Familie. Es handelte sich um den Leiter der syrischen Vertretung des katholischen Hilfswerks Caritas mit seiner Frau und seinen drei Kindern.

Der Papst erinnert mit der Karfreitags-Tradition an die Leiden, die Jesus der christlichen Tradition zufolge zwischen seiner Verurteilung und seiner Hinrichtung erfahren hat. Die Texte an den jeweiligen Stationen stammen in diesem Jahr von jungen Leuten im Alter zwischen 16 und 27 Jahren. Der Papst hatte zuvor angekündigt, sich in diesem Jahr besonders der Jugend zu widmen.

Die Besucher schreckten auch Regen und strenge Kontrollen nicht ab. Sprengstoffhunde hatten schon vorab das Kolosseum abgeschnüffelt. Weil es in Italien in den vergangenen Tagen mehrere Festnahmen von Terrorverdächtigen gab, wurden die Sicherheitsvorkehrungen an allen zentralen Touristenorten erhöht. 10'000 Sicherheitskräfte sind über Ostern in Rom im Einsatz.

«Purer Egoismus»

Auch am Petersdom, wo Franziskus vor dem Kreuzweg die Karfreitagsliturgie begonnen hatte, gab es noch mehr Sicherheitsschleusen als sonst schon. Zu Beginn der Feier legte sich der Papst auf einen Teppich und verharrte still.

Der Prediger des päpstlichen Hauses rief junge Menschen danach dazu auf, sich unter Leidende und Ausgeschlossene zu mischen. So könne man sich von dem Prinzip lösen, das die Welt regiere, das sei «der pure Egoismus», sagte Raniero Cantalamessa, der traditionell die Predigt am Karfreitag spricht. Im Oktober findet im Vatikan eine Bischofssynode zum Thema Jugend statt.

Nach dem christlichen Glauben wurde Jesus in der Nacht auf den Karfreitag verhaftet, gefoltert und anschliessend von Pontius Pilatus zum Tod verurteilt. Am dritten Tag nach seinem Tod ist Jesus nach christlicher Überlieferung auferstanden. Ostern ist damit das zentrale Fest des Christentums.

Beginn von jüdischem Pilgerfest

Auch in Jerusalem kamen Tausende Menschen am Karfreitag zusammen. Pilger zogen in Prozessionen durch die Altstadt zur Grabeskirche. Am späten Vormittag führten die Franziskanermönche als Vertreter der katholischen Kirche Gläubige die Via Dolorosa zur Grabeskirche hinauf. Mitglieder der evangelischen Kirche waren am frühen Morgen den Pilgerweg dann allerdings zur evangelischen Erlöserkirche gegangen. Am Ort der Grabeskirche soll nach christlicher Überlieferung Jesus begraben worden und wieder auferstanden sein.

Der Karfreitag fällt in diesem Jahr mit dem Beginn des jüdischen Pessach-Festes zusammen. Da es sich um ein Pilgerfest handelt, wird auch am Wochenende mit zahlreichen jüdischen Besuchern in Jerusalem gerechnet. Wenige Gehminuten von der Grabeskirche entfernt steht die Klagemauer, die heute das grösste Heiligtum für Juden weltweit ist. Pessach erinnert an den Auszug der Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten.

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