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Jugend, Teamgeist, Erfahrung

Die beiden Kandidaten und die Kandidatin für das höchste Glarner Richteramt sind an einer Podiumsdiskussion aufgetreten. Meistens war man sich einig; die Differenzen sind subtil.

Daniel
Fischli
24.03.18 - 04:30 Uhr
Politik

Markus Rhyner, Petra Hauser und Erich Hug duzen sich und scherzen miteinander. Von Wahlkampf ist nicht viel zu spüren. Und doch sind die drei Juristen Konkurrenten um eines der höchsten Ämter im Kanton Glarus: Alle wollen sie an der Landsgemeinde zur Präsidentin respektive zum Präsidenten des Obergerichts gewählt werden. Am Donnerstagabend haben sie sich im Soldenhoffsaal in der Landesbibliothek dem interessierten Publikum präsentiert. Der am meisten gehörte Satz an diesem Abend ist: «Ich kann das alles auch unterschreiben.»

Die drei profilieren sich unter der Diskussionsleitung von Fridolin Hauser subtiler, als es Konkurrenten um einen Sitz in der Regierung machen würden: Markus Rhyner ist der Junge, Petra Hauser die Frau und Erich Hug fast schon der Bisherige.

Drei Präsidenten überlebt

Erich Hug ist seit 22 Jahren Obergerichtsschreiber und hat in dieser Zeit mit Johanna Schneiter, Yves Rüedi und dem jetzt zurücktretenden Thomas Nussbaumer schon drei Präsidenten überlebt. «Ich kenne den Betrieb aus dem Effeff», sagt Hug. Und: «Als Präsident würde ich die Glarner Gerichtsbarkeit weiterhin ruhig in den guten Bahnen leiten.»

An Petra Hauser geht aus dem Publikum das Stichwort von der Führung auf «weibliche Art». Sie nickt und sagt, als Obergerichtspräsidentin könne man nicht von oben herab führen, sondern müsse mit den Leuten reden. «Es ist doch ein Teil der Glarner Kultur, dass man miteinander etwas gestaltet», sagt Hauser.

Markus Rhyner ist erst 35 Jahre alt. Er betont seine Führungserfahrung aus Militär, Politik und Musik und sagt: «Es kommen Herausforderungen auf die Gerichte zu.» Die Digitalisierung werde auch die Justiz erreichen, der Umgang mit den Medien werde anspruchsvoller und die Besonderheit der Laienrichter verlange Aufmerksamkeit.

Lob der Laienrichter

Um die Institution der Laienrichter entspinnt sich dann eine längere Diskussion. In verschiedenen Kantonen ist ein juristischer Studienabschluss keine Voraussetzung für die Wahl in ein Gericht. Diese Institution ist aber unter Druck. So ist sie beispielsweise im Kanton Zürich vor zwei Jahren abgeschafft worden. Die «Neue Zürcher Zeitung» schrieb damals, es sei für einen Rechtsuchenden nicht zumutbar, vor einem Richter zu stehen, der ohne massgebliche Mithilfe des Gerichtsschreibers oder der Mitrichter gar nicht entscheiden könne.

Alle drei Kandidaten auf dem Podium im Soldenhoffsaal sind anderer Meinung. «Die Laienrichter sind die Nagelprobe für die Verständlichkeit eines Urteils», sagt Erich Hug. Wenn sie einen Entscheid nachvollziehen könnten, brauchten auch die Parteien keine Übersetzung durch einen Fachmann. Und Markus Rhyner meint: «Laienrichter sind eine Bereicherung, sie bringen ihre Erfahrungen ein.»

Rhyner setzt aber einen Akzent, wenn er sagt, es gebe auch Probleme. Er wolle die Laienrichter öfter in Weiterbildungen schicken. Und dass am Kantonsgericht Laien als Einzelrichter amteten, sei ein Problem. «Ich will die Laienrichter stärken, damit nicht die Stimmung einmal gegen sie kippt», sagt Rhyner.

Die Rolle des Parteibuches

Jemand aus dem Publikum will wissen, welche Rolle das Parteibuch spiele. Die drei Kandidaten sagen: (fast) keine. Sie selber sei in der FDP, sagt Petra Hauser, also liberal und «nicht polarisiert politisch». Sie habe aber in ihrer Karriere als Rechtsanwältin auch noch nie einem Urteil angesehen, ob es von einem SP-Richter oder einem SVP-Richter sei.

Sozialdemokrat Markus Rhyner weist auf den Ermessensspielraum hin, der bei vielen Urteilen vorhanden sei. Da könne dann die «Grundeinstellung» eines Richters durchaus eine Rolle spielen. Zum Beispiel in familienrechtlichen Fällen die Einstellung gegenüber neuen Familienmodellen oder gegenüber sexuellen Orientierungen.

Diskussionsleiter Fridolin Hauser fragt also nach diesen Grundeinstellungen der Kandidaten. «Fairness und Unvoreingenommenheit», sagt Markus Rhyner. Er würde sich deshalb wünschen, dass in Zukunft nicht nur die Präsidenten der Glarner Gerichte, sondern alle Richter ihre Interessenbindungen offenlegen müssten, um Transparenz zu schaffen.

Petra Hauser will die Menschen, die vor Gericht stehen, ernst nehmen: «Sie sind oft in einer existenziellen Situation.» Es sei deshalb wichtig, dass Urteile schnell gefasst würden, damit die Menschen mit dem Fall abschliessen könnten. Rhyner ergänzt: Tatsächlich sei das Obergericht überlastet, viele Fälle seien zu lange pendent. Und Erich Hug meint, wer auch immer Obergerichtspräsident werde, müsse bald einmal einen Antrag an den Landrat für mehr Personal stellen.

«Tschutten» und Jassen erlaubt

Petra Hauser steigt mit dem Handicap ins Rennen, dass sie seit dem Studium nicht mehr im Kanton wohnt. Geschickt wendet sie das in einen Pluspunkt, wenn sie zur richterlichen Unabhängigkeit meint: «Mein Vorteil ist, dass ich nicht in allen Vereinen dabei bin.» Aber etwas grotesk für hiesige Ohren warnt sie vor der Gefahr, dass die Medien versuchen könnten, die Rechtsprechung zu beeinflussen: «Vielleicht ist es manchmal am besten, gar keine Zeitung mehr zu lesen.» Der altgediente Erich Hug dagegen meint: «Als Richter ist man immer auch ein Teil der Gesellschaft. Ich werde auch weiterhin mit andern ‘tschutten‘ und jassen.»

Daniel Fischli arbeitet als Redaktor bei den «Glarner Nachrichten». Er hat Philosophie und deutsche Sprache und Literatur studiert. Mehr Infos

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