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Bündner Maiensäss-Knatsch

Nach dem Stände- will auch der Nationalrat, dass Maiensässe leichter zu Wohnungen umgenutzt werden können. Die Grosse Kammer sieht jedoch eine Einschränkung vor – und die kommt in Graubünden nicht nur gut an.

28.02.18 - 04:30 Uhr
Politik
Ein Maiensäss steht auf einer Wiese bei Tgantieni auf der Lenzerheide.
Ein Maiensäss steht auf einer Wiese bei Tgantieni auf der Lenzerheide.
MARCO HARTMANN

Es ging gestern derart hoch zu und her in Bern, dass selbst Bundesrätin Doris Leuthard überrascht war: «Bei diesem Thema sind offensichtlich Emotionen vorhanden», bilanzierte die CVP-Ministerin am Ende der intensiven Debatte über zwei gleichlautende Standesinitiativen der Kantone Graubünden und Wallis sowie eine Motion der ständerätlichen Raumplanungskommission.

Alle drei Vorstösse wollten die strengen Voraussetzungen lockern, unter denen landwirtschaftliche Bauten wie Ställe, Scheunen und Stadel zu Wohnzwecken umgenutzt werden dürfen – bloss gingen sie unterschiedlich weit.

Letztlich sagte der Nationalrat mit 106:83 respektive 109:82 Stimmen deutlich Nein zu den beiden Standesinitiativen, die die Umnutzung in jedem Fall erlauben wollten, sofern dabei die Identität der Gebäude gewahrt wird.

Mit der Stossrichtung der vom Ständerat bereits überwiesenen Motion hingegen zeigte er sich einverstanden, wobei er sie in einem Punkt ergänzte: Der Nationalrat verlangt zusätzlich, dass die kantonalen Regelungen auf einer regionalen Planung beruhen und zu einer Verbesserung der Gesamtsituation bezüglich Natur, Kultur, Landschaft und Landwirtschaft führen. Dieser Entscheid kam mit 98:95 Stimmen knapp zustande. Der Vorstoss geht nun zurück an den Ständerat.

Crameri attackiert Semadeni

Einigermassen zufrieden mit dem Ausgang ist die Bündner SP-Nationalrätin Silva Semadeni. «Ich bin froh, dass die beiden Standesinitiativen klar abgelehnt worden sind», sagt sie. Die Ergänzung der Motion sei zwar nicht allzu gross, doch garantiere sie, dass das öffentliche Interesse hoch gewichtet werde.

Enttäuscht hingegen ist CVP-Grossrat Reto Crameri, Urheber der Bündner Standesinitiative. Mit dem durch den Nationalrat eingebrachten Zusatz werde die Umnutzung der Maiensässe massiv erschwert. «Die Ställe verrotten zu lassen, ist eine Verschandelung der Natur.»

Crameri kritisiert Semadeni für ihr Engagement gegen die Standesinitiative, die vom Grossen Rat mit 86:24 Stimmen beschlossen worden war. «In unserer gemeinsamen Heimat – dem Puschlav – dürften 90 Prozent der Bevölkerung für die Erleichterung von Umnutzungen sein.»

Semadeni kontert: «Ich vertrete denselben Standpunkt wie die Bündner Regierung, die die Standesinitiative abgelehnt hat und die die Interessen des Kantons Graubünden mindestens so sehr vertritt wie der Grosse Rat.»

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