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Ein Etappensieg mit einem «Ja, aber ...»

CVP-Grossrat Reto Crameri ist mit dem Entscheid des Nationalrates vom Dienstag zur Umnutzung von zerfallenden Maiensässe zufrieden. Dennoch gehen ihm die Einschränkungen zu weit.

Südostschweiz
27.02.18 - 18:42 Uhr
Politik
CVP-Grossrat Reto Crameri ist mit dem heutigen Entscheid des Nationalrates zur Umnutzung von zerfallenden Maiensässe zufrieden.
CVP-Grossrat Reto Crameri ist mit dem heutigen Entscheid des Nationalrates zur Umnutzung von zerfallenden Maiensässe zufrieden.
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Vor bald zwei Jahren hat das Bündner Kantonsparlament mit einer deutlichen Mehrheit von 86:24 Stimmen eine Standesinitiative zur Erhaltung zerfallender Maiensässe überwiesen.

Am heutigen Dienstag hat sich der Nationalrat - nach dem Ständerat - nun ebenfalls mit den Ställen und Maiensässen befasst. Traktandiert waren neben der Behandlung der Bündner Standesinitiative auch die Beratungen einer gleichlautenden Standesinitiative aus dem Kanton Wallis und einer Motion der zuständigen Kommission des Ständerats.

Gut, aber ...

Der Bündner CVP-Grossrat Reto Crameri ist mit dem Entscheid des Nationalrates vom Dienstag zufrieden: «Die Bündner Standesinitiative hat einen riesen Stein im Bundesparlament ins Rollen gebracht, was positiv ist. Am Entscheid, den der Nationalrat heute sehr knapp gefällt hat, zu kritisieren ist aber, dass man wiederum Einschränkungen in der Umnutzungen der Hütten vornehmen möchte. Bei dieser Umnutzung müsse es zu einer Verbesserung der Gesamtsituation kommen. Der Vorschlag des Ständerates beinhaltete aber, dass die Kantone im kantonalen Richtplan selbst entscheiden können, ob diese eine Umnutzung zulassen möchten oder nicht. Das wäre die eigentlich korrekte Ausrichtung gewesen. Der Nationalrat hat nun aber einfach eine weitere Einschränkung vorgenommen, die wir gänzlich als unnötig erachten und eine Bevormundung der Kantone darstellt.»

Crameri kritisiert die gegenwärtigen starken Einschränkungen, denn: «Mit Stand heute sind Umnutzungen der Hütten sehr beschränkt. Es dürften nur Objekte umgenutzt werden, wenn diese in einer Erhaltungszone liegen, die Gebäude als schützenswert oder er­hal­tens­wert festgelegt wurden. Wir hingegen möchten, dass neu alle Ställe umgenutzt werden dürfen, wenn der Kanton das möchte. Die heutige Initiativwendung des Nationalrates sieht allerdings so aus, dass wenn eine solche Umnutzung stattfindet, dies zu einer Verbesserung der Gesamtsituation bezüglich Natur, Kultur, Landschaft und Landwirtschaft führen muss. Mit dieser Definition ist es aber völlig unklar, was damit überhaupt gemeint ist.»

Angst vor Kompensation

«Wir haben nun Angst davor, dass durch diese Einschränkung der sogenannte Kompensationsantrag wieder ins Gespräch kommen könnte. Dieser Kompensationsantrag sieht vor, dass wenn ein Stall umgebaut und beispielsweise mit 50 Quadratmeter Wohnfläche ausserhalb der Bauzone ergänzt werden soll, ebenfalls 50 Quadratmeter Wohnfläche ausserhalb der Bauzone entfernt werden müssen oder wenn mit Gleichwertigem kompensiert werden soll, eine Überkompensation im Verhältnis 1:10 stattfinden muss. Das heisst, dass dann also 500 Quadratmeter Stallfläche ausserhalb der Bauzone entsorgt werden müssten. Das ist nach unserer Ansicht eine völlig unpraktikable Lösung, die in der Praxis nicht umsetzbar ist und eine typische Beamtenlösung darstellt. Würde der Kompensationsantrag also wieder ins Gespräch kommen, wäre es eine Verschlechterung des Beschlusses, den der Ständerat gefällt hat. Nach unserer Auffassung sollten die Kantone selbst entscheiden können», so Crameri weiter.

Eigentlich habe man erwartet, dass der Nationalrat die Motion dem Ständerat in der Form überweist, wie diese vom Ständerat beschlossen wurde. Das heisst, mit einer möglichst offenen Formulierung, so dass man keine Einschränkungen vornimmt. Heute habe der Nationalrat nun wiederum gegenüber dem Ständerat beschlossen, solche Einschränkungen zu erlassen. Das finde man falsch, besonders enttäuschend sei dabei aber das Verhalten der FDP. Die FDP habe sich mit der SP und den Grünen zusammengetan und sich für eine restriktive Raumplanung eingesetzt. Es sei extrem schade, dass sich eine bürgerliche Partei mit den linken Parteien zusammengeschlossen habe und so eine Liberalisierung des Raumplanungsgesetzes verhindert habe.

«Stossrichtung stimmt»

«Wenn heute die Motion so beschlossen worden wäre, wie diese vom Ständerat verabschiedet worden ist, dann wäre der Fall beim Bundesrat gewesen. Jetzt aber geht das Ganze zurück in den Ständerat. Wir werden aber auf jeden Fall dranbleiben und weiterkämpfen, damit eine möglichst freiheitliche und liberale Gesetzgebung in der Raumplanung Einzug hält und die Kantone wieder mehr Kompetenzen in der Raumplanung erhalten und so selbst entscheiden können, was für sie richtig ist. Dieser Kampf geht nun in die nächste Runde. Ein kleiner Etappensieg war es heute aber trotzdem, denn die Stossrichtung stimmt», so der Bündner Kantonsparlamentarier abschliessend.

Die Bündner Nationalrätin Silva Semadeni unterstützt den Entscheid des Nationalrates: «Ich denke, es ist ein guter Entscheid gewesen. Die Initiative des Kantons Graubünden wurde zwar abgelehnt, was aber zu erwarten war.»

Umnutzung bereits heute möglich

«Bereits heute haben wir Gesetze, die eine Umnutzung von gewissen Objekten zu Wohnzwecken ermöglichen. Dies ist der Fall, wenn diese schützenswert oder auch landschaftsprägend sind. Dass nun aber alle umgenutzt werden sollen, kommt für mich nicht in Frage, denn dies würde zur Zersiedelung der Landschaft führen und würde auch unsere Kulturlandschaft stark und wertmindernd verändern. Für einen Tourismuskanton wie Graubünden wäre das schade», so Semadeni.

Sie sei deshalb froh, dass man heute diese Standesinitativen abgelehnt und eine Motion überwiesen habe, die die Idee ein bisschen aufnimmt und den Kantonen möglicherweise mehr Spielraum gebe, um für die einzelnen Regionen entsprechende Lösungen im Richtplan vorzuschlagen.

Anliegen von Bergkantonen

Hintergrund der Motion sind zwei Standesinitiativen, die Ständerat und Nationalrat abgelehnt haben. Heute dürfen landwirtschaftliche Bauten wie Ställe und Scheunen nur unter strengen Voraussetzungen zu Wohnzwecken umgenutzt werden. Die Kantone Graubünden und Wallis verlangten daher, dass nicht mehr genutzte Gebäude umgebaut werden dürfen, sofern dabei deren Identität gewahrt wird. Eine bürgerliche Minderheit machte sich vergeblich für die Initiativen stark.

 

 

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Natürlich sollte man nicht mehr landwirtschaftliche Ställe und Maiensässe umnutzen und damit erhalten können. Die Orginalsubstanz und das optische Bild sollte aber soweit möglich erhalten bleiben und Erweiterungen sind generell nicht zulässig. Keine riesigen Glasfronten, keine unpassenden Plastikfenster, originale Dachbedeckungen und Fassadenbild soweit möglich erhalten. Das bestehende Volumen stellt das Maximum dar - ohne Ausnahme. Klare Einschränkungen braucht es auch bezüglich Erschliessung. Es besteht kein Anspruch auf neue Erschliessungstrassen. Urin und Kot sind zu trennen - Urin ist hochwertiger Dünger, Kot geht in den Hauskehricht. Belastetes Abwasser gibt es auf der Alp nicht, gewaschen wird am Brunnen mit Wasser, als Zusatz nur 100% biologisch abbaubare Waschmitteln zulässig.

Der Landschaftsschutz wird dadurch gewinnen, denn wenn die Ställe der Wohnnutzung zugeführt werden steigt die Artenvielfalt rund um diese Ställe stark an. Mehr Magerwiesen, mehr Sträucher und Bäume, Natursteinmauern etc. die Natur gewinnt gegenüber landwirtschaftlich genutzten Flächen, die gedüngt werden und selbst in Höhen bis 1800 müM zu Monokultur Fettwiesen verkommen. Mir ist unklar, wieso das viele sogannte "Landschaftsschützer" nicht verstehen. Es wird nicht ein neues Gebäude entstehen. Zersiedelung wird so nicht gefördert - die Gebäude stehen schon und sind landschaftsprägend. Wenn also die klarer, harter Rechtsrahmen zur Umnutzung vorliegt der die Umnutzen klar regelt und somit das Resultat sichert, so kann die Landschaft nur gewinnen.

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