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Die Rechnung bleibt ohne Wirtepatent die gleiche

Der Grosse Rat will kein «Wirtepatent light». Die Erfahrungen von Rolf Hanimann geben dem Kantonsparlament recht: Die Abschaffung des Wirtepatents habe kaum Auswirkungen gehabt, sagt der Leiter des kantonalen Amts für Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit.

14.02.18 - 04:30 Uhr
Politik
Rolf Hanimann: «Wo das Personal häufig wechselt, fängt unsere Arbeit oft immer wieder von vorne an.»
Rolf Hanimann: «Wo das Personal häufig wechselt, fängt unsere Arbeit oft immer wieder von vorne an.»
MARCO HARTMANN

Herr Hanimann, Grossrat Franz Sepp Caluori wollte mit seinem Auftrag das Wirtepatent erneut einführen: Wirte sollen demnach Kenntnisse im Bereich Lebensmittelhygiene und Suchtprävention nachweisen. Braucht es das?

In Graubünden gibt es rund 4500 gemeldete Lebensmittelbetriebe, wovon etwa 2600 im Bereich Verpflegung tätig sind. Das geht von Kleinstbetrieben bis hin zu Grossküchen in Spitälern – eine grosse Diversität, die es schwierig macht, eine generelle Aussage zu machen. Wenn wir auch unterschiedliche Erfahrungen machen: Die Qualität in diesen Verpflegungsbetrieben ist eigentlich sehr gut. Es verlässt bekanntlich auch nicht jeder zweite Kunde solche Geschäfte mit einer Lebensmittelvergiftung. Das System der Lebensmittelkontrollen funktioniert gut, diese Erfahrung machen auch unsere Kontrolleure. Es gibt zwar immer Verbesserungspotenzial, aber grundsätzlich beanstanden wir Mängel auf hohem Niveau. Unser Austausch mit den Betrieben hängt aber von der personellen Fluktuation ab: Betriebe, in denen über Jahre die gleichen Personen arbeiten, können wir anders begleiten als solche, bei denen das Team sich häufig verändert. Letzteres ist vor allem in saisonalen Betrieben oft der Fall, was unsere Aufgabe nicht eben erleichtert. Da fängt die Arbeit oft immer wieder von vorne an.

«Wo das Personal häufig wechselt, fängt unsere Arbeit oft immer wieder von vorne an.»

Woran liegt das?

Wo es viele personelle Veränderungen gibt, trifft man auch häufiger auf Neu- oder Quereinsteiger, die im bisherigen Berufsleben nichts mit Nahrungsmitteln zu tun hatten. Da fängt die Vollzugsarbeit der Lebensmittelkontrolle immer wieder auf Feld 1 an: Dann geht es darum, ein Bewusstsein zu schaffen und die Leute zu sensibilisieren und anzuleiten, statt sofort mit repressiven Massnahmen einzusteigen. Aber es gibt auch mühsamere Fälle, in denen die konstruktive Zusammenarbeit nicht möglich ist, etwa weil es an grundsätzlichen Fachkompetenzen fehlt oder an der Bereitschaft, sich diese anzueignen. Dann müssen wir auch mal eine härtere Gangart an den Tag legen. Das betrifft im Jahr aber nicht mehr als eine Handvoll Betriebe.

Wo liegen da die Probleme?

Ein grosser Problembereich ist zum Beispiel die Selbstkontrolle. So steht der Betrieb selbst in der Pflicht, gewisse Überprüfungen durchzuführen und dies zu protokollieren, etwa ob der Kühlschrank immer die richtige Temperatur hat. Auch muss jeder Betrieb von Gesetzes wegen ein Konzept für diese Selbstkontrolle haben. Für Leute, die nicht aus dieser Branche kommen, ist das oft ein Buch mit sieben Siegeln. Da unterstützen wir die Leute, erklären, wie ein solches Konzept gemacht wird und was da reingehört. Das ist ein Beispiel solcher Auflagen, die ein lebensmittelproduzierender Betrieb einhalten muss.

Das Wirtepatent wurde in Graubünden 1998 abgeschafft. Haben Sie das zu spüren bekommen?

Die Mängel, die wir feststellen, haben mehrere Ursachen. Hygienemängel können eine Folge mangelnder Fachkompetenz sein, aber ebenso gut durch Personalmangel verursacht sein oder durch allzu grossen Spareifer. Wir differenzieren die bei unseren Kontrollen entdeckten Mängel aber nicht nach Ursachen. Daher können wir dazu keine Aussagen machen. Wir stellen aber fest: Die Qualität und die Quantität an festgestellten Mängeln hat sich seither nicht verändert. Deshalb haben wir uns auch nicht für die Wiedereinführung des Wirtepatents ausgesprochen.

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