Es geht gar nicht um die SRG
No-Billag-Aushängeschild Alain Schwald erklärt auf einem Podium in Glarus, dass er keinen Plan hat, was nach einem Ja passiert. Dafür weiss er, dass der Markt alles richtet.
No-Billag-Aushängeschild Alain Schwald erklärt auf einem Podium in Glarus, dass er keinen Plan hat, was nach einem Ja passiert. Dafür weiss er, dass der Markt alles richtet.

Alain Schwald ist Jungfreisinniger aus Zürich und kämpft für die No-Billag-Initiative, die die Radio- und Fernsehgebühren abschaffen will. Am Donnerstagabend sitzt er auf einem öffentlichen kontradiktorischen Podium des Glarner BürgerInnenkomitees und sagt: «Der freie Markt führt immer zu Vielfalt, das ist einfach ein Fakt.»
Gut 50 Leute sind in die Buchhandlung «Wortreich» gekommen, um auf der Pro-Seite Alain Schwald und den Oberurner SVP-Landrat Peter Rothlin und auf der Kontra-Seite den «Kassensturz»-Moderator Ueli Schmezer und FDP-Regierungsrat Andrea Bettiga zu sehen. Abgestimmt wird am 4. März. Nur ein oder zwei Prozent der Stimmberechtigten sollen laut Umfragen noch keine Meinung zur Initiative haben.
Er wolle nicht über die SRG diskutieren, sagt Schwald. Sondern eine Grundsatzdebatte führen: «Soll der Staat Medien finanzieren?» Und er sei grundsätzlich dagegen. Und natürlich geht es dann doch um die SRG.
Subventionen statt Gebühren
Schwald selber hat Ende Januar den «Plan B» der Initianten präsentiert. Er soll zeigen, wie die SRG nach einer Annahme von No Billag weiterexistieren kann. So sollen etwa Bund und Kantone Subventionen einschiessen, und die Konsumenten würden Abo-Gebühren zahlen. «Ihr macht ein sehr gutes Programm», schmeichelt Schwald im «Wortreich» Ueli Schmezer, «die Leute würden dafür freiwillig bezahlen.»
Wiederum im Widerspruch zu seiner eigenen Subventions-Idee steht die Kritik von Schwald, die SRG sei heute nicht unabhängig, weil sie vom Staat finanziert werde. Und seine Behauptung, die Radio- und TV-Programme seien sowieso für die Demokratie nicht wichtig. Und seine Aussage, die gebührenfinanzierte SRG bedränge die privaten Anbieter.
Schwalds Argumentation gipfelt am Donnerstagabend im Eingeständnis, auch die Initianten hätten keine Ahnung, wie es nach einem Ja weitergehen würde. Aber er fordert – in einer absurden Umkehrung der Beweislast –, dass die SRG nicht einfach behaupten dürfe, sondern es auch nachweisen müsse, dass sie nicht weiterexistieren könnte.
Liberal, nicht libertär
Der Glarner Parteikollege von Alain Schwald, FDP-Regierungsrat Andrea Bettiga, ist auch der Meinung, die SRG sei «ein Moloch». Doch er sitzt auf der andern Seite des Podiums. «Ich bin auch ein Liberaler, aber ich bin kein Libertärer», sagt Bettiga und will damit wohl zum Ausdruck bringen, dass er pragmatisch und nicht doktrinär denke. Die Initiative sei zu radikal.
Andrea Bettiga ist auf dem Podium ganz Glarner Regierungsrat: Die Initiative schade den Randregionen, sagt er. Denn ohne ein Stück vom Billag-Gebührenkuchen müssten auch die privaten regionalen Radio- und TV-Stationen schliessen. Elektronische Medien würden sich allenfalls in den Städten alternativ finanzieren lassen. Und direkt ins Glarner Herz zielt Bettiga, wenn er sagt: «Am Sonntagabend gäbe es keine Zusammenfassung der Landsgemeinde mehr in der ‹Tagesschau›, sondern die fünfte Staffel vom ‹Bachelor›.»
Der SRG eins vor den Bug
Initiativ-Gegner Andrea Bettiga lässt aber durchblicken, dass ein weniger radikales Begehren bei ihm punkten könnte: Falls man nachweisen könne, dass der «Moloch» SRG wirklich mit einer zu grossen Kelle anrichte, würde er für eine Halbierung der Gebühren stimmen. Hier trifft er sich mit dem neben Schwald zweiten Initiativ-Befürworter, SVP-Landrat Peter Rothlin. Dieser vertritt – unausgesprochen, aber ganz augenfällig – ein taktisches Ja: Die Initiative soll zwar durchfallen, aber möglichst knapp, um der SRG eins vor den Bug zu knallen.
«Die SRG frisst und frisst und frisst und bekommt den Hals nicht voll», sagt Rothlin. Und: «Man muss sie halbieren.» Ein Dorn im Auge ist Rothlin vor allem das Online-Angebot der SRG. Es werde immer weiter ausgebaut und konkurrenziere so immer stärker die Zeitungen. Und natürlich kommt das Argument, die SRG-Journalisten hätten eine politische Schlagseite: «70 Prozent haben sich als Linke geoutet.» Die Zuschauer würden das merken und den Sendungen den Rücken kehren.
«Kassensturz»-Moderator Ueli Schmezer dürfte in den Augen von Rothlin ein solcher Linker sein. Er kritisiert die Initiative ebenso grundsätzlich und leidenschaftlich, wie sie Alain Schwald verteidigt. «Meine Schweiz sieht anders aus», sagt Schmezer. Die SRG sei ein Projekt der Solidarität. Denn über die Gebühren würden alle auch für Sendungen bezahlen, die nur für sprachliche, regionale oder kulturelle Minderheiten gemacht würden. Ohne Gebühren gebe es keine Vielfalt.
Man muss nicht alles mögen
Peter Rothlins Kritik an der SRG spielt Ueli Schmezer ans Publikum im «Wortreich» zurück. Alles, was sie mache, mache die SRG für ihre Zuhörer und Zuschauer. Man müsse deshalb noch nicht alles mögen, sagt Schmezer: «Jeder hat fünf Sendungen, die ihm nicht gefallen. Auch ich finde manche Moderatoren ganz schrecklich.»
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