×

«Die sind vergleichbar mit Briefkastenfirmen»

Regierungsrat Martin Jäger macht sich Sorgen um den guten Ruf des Schweizer Hochschulraums. Dieser werde immer wieder von dubiosen ausländischen Bildungsanbietern ausgenutzt. Zuletzt in Disentis.

09.02.18 - 04:30 Uhr
Politik
Martin Jäger warnt Studenten vor Hochschulen ohne Betriebsbewilligung.
Martin Jäger warnt Studenten vor Hochschulen ohne Betriebsbewilligung.
MARCO HARTMANN

In Disentis ist kürzlich die Physiotherapieschule «Unipolisi» geschlossen worden, weil diese keine Betriebsbewilligung hatte (Ausgabe von gestern). Dies zum Leidwesen der vornehmlich italienischen Studenten, die knapp 10 000 Franken für die Ausbildung bezahlt haben und nun ohne ein Diplom dastehen. Gemäss Regierungsrat Martin Jäger gibt es seit einigen Jahren immer wieder unseriöse Schulen aus dem Ausland, die den guten Namen der Schweizer Schulen auszunutzen versuchen.

Herr Jäger, die Physiotherapieschule «Unipolisi» in Disentis hat ihren Studenten Geld abgenommen, aber keine Diplome ausgehändigt. Sind Ihnen noch mehr solche betrügerischen Schulgründungen bekannt?

Wir sind seit 2012 immer wieder mit unseriösen Bildungsanbietern im Hochschulbereich konfrontiert. In der Regel sind das Institutionen, die zuerst im Kanton Tessin waren und dann nach Graubünden abgewandert sind. Sie präsentieren ein Hochschulangebot, haben dafür aber keine Bewilligung. Seit 2014 haben wir ein kantonales Hochschulgesetz, das festlegt, dass solche Institute eine Betriebsbewilligung benötigen, wenn sie akademische Titel verleihen wollen. Immer, wenn wir Kenntnis davon erhalten, dass sich ein solches Institut in Graubünden niederlassen will, setzen wir uns mit ihm in Verbindung und erklären die Abläufe.

Sind Sie in Disentis auch so vorgegangen?

Ja. Auf unsere Mails sind aber keine Antworten eingegangen und wir mussten feststellen, dass die Physiotherapieschule «Unipolisi» beabsichtigt, ohne Bewilligung ihre Geschäfte zu führen, was nicht möglich ist. Wenn man solche Institutionen dann auffordert, eine Bewilligung einzuholen, verlassen sie in der Regel den Kanton so still wie sie gekommen sind.

Gibt es eine Region, die besonders betroffen ist von solchen Scheinuniversitäten?

Solche Institutionen, sind vergleichbar mit Briefkastenfirmen. Diese hatten sich anfangs vor allem in der Mesolcina niedergelassen. Aufgrund unserer Interventionen haben sie sich in der Zwischenzeit aber wieder zurückgezogen und ihre Tätigkeit eingestellt. Jetzt haben wir einen ersten Fall in Disentis. Wie diese Geschichte weiter geht, können wir nicht sagen. Der Hochschulbereich ist sehr dynamisch und wir müssen uns auf neue Entwicklungen einstellen.

Macht Ihnen dieses Phänomen Sorgen?

Ja. Wir hatten am Mittwoch eine Zusammenkunft mit der Tessiner Regierung und haben mit ihnen das Phänomen diskutiert. Es ist für den Schweizer Hochschulraum schädlich, wenn dubiose Firmen versuchen, vom guten Ruf der Schweizer Bildungsinstitute zu profitieren. In der Regel sind es ausländische Firmen, die diesen guten Ruf für sich ausnutzen wollen. Hier müssen wir einen Riegel schieben.

Wie bereits erwähnt, gilt bei uns seit 2014 das Hochschulgesetz. Hat dies Wirkung gezeigt oder braucht es noch schärfere Gesetze, um solche Institutionen zu stoppen?

Unser Gesetz zeigt durchaus Wirkung. Dank ihm ist es uns immer wieder gelungen, unseriöse Institutionen daran zu hindern, sich in Graubünden niederzulassen oder sie zur Geschäftsaufgabe zu zwingen. Wichtig ist aber vor allem, dass Studenten auf dieses Phänomen aufmerksam gemacht werden. Vor allem die italienischsprachigen Medien sind hier gefordert, da die meisten Studenten aus Italien kommen. Diese geben viel Geld für einen Abschluss aus. Doch wenn die Institution keine Betriebsbewilligung hat, gibts am Schluss nur ein ungültiges Diplom. Das Beste, was passieren kann, ist, wenn solche Institutionen keine Kundschaft mehr bekommen.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Politik MEHR