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Glarus Nord, wir müssen reden

Vier Kandidatinnen und zehn Kandidaten für den Gemeinderat Glarus Nord sind in Niederurnen auf Tuchfühlung mit den Wählern gegangen. Die am meisten diskutierte Person war mit der Gemeindeschreiberin aber eine, die gar nicht auf dem Podium sass.

Daniel
Fischli
06.02.18 - 19:07 Uhr
Politik
Auf dem Podium im Niederurner Jakobsblick stellen sich die Kandidatinnen und Kandidaten den Fragen des Publikums.
Auf dem Podium im Niederurner Jakobsblick stellen sich die Kandidatinnen und Kandidaten den Fragen des Publikums.
DANIEL FISCHLI

Die Gemeinde Glarus Nord habe nur ein einziges Problem, sagt Roger Fischli, der Präsident des Verkehrsvereins Oberurnen: «Das Vertrauen fehlt.» Man werde, und das sei vielleicht ein wenig übertrieben, aber manchmal müsse man eben übertreiben, angelogen. Mit Roger Fischli sind rund 150 Personen am Montagabend in den Jakobsblick in Niederurnen gekommen, um auf dem Podium die Kandidatinnen und Kandidaten für den Gemeinderat zu hören und zu sehen. Fast so viele wie an einer Gemeindeversammlung. Am 4. März wird gewählt (siehe Kasten).

Das Thema «Vertrauen» durchzieht wie ein roter Faden die von Fridolin Hauser organisierte und moderierte Veranstaltung. Die Kandidaten für den Gemeinderat haben drei Minuten und diejenigen für das Präsidium fünf Minuten Zeit, um sich vorzustellen. Ein Glöcklein gibt das Signal. Fast jede und jeder der vier Frauen und zehn Männer spricht davon, dass das Vertrauen wieder hergestellt werden müsse. Dass es verloren gegangen ist, ist ein unausgesprochener Konsens. Ebenso, wer dafür verantwortlich sein soll. Zwar wird der Name des abtretenden Gemeindepräsidenten Martin Laupper während der zweieinhalb Stunden kein einziges Mal genannt. Aber jeder weiss, wer gemeint ist, wenn die SVP-Kandidatin Graziella Brügger davon spricht, die Gemeinde dürfe kein Königreich sein.

Wendepunkt Nutzungsplan

Maximale Distanz zum Bisherigen ist die Devise. Auf den Punkt bringt es GLP-Kandidat Ruedi Schwitter mit seinem Slogan: «Jetzt gestalten wir gemeinsam.» Mit der Betonung auf dem «Jetzt». Es droht eine Verbrüderung des Publikums und des 14-köpfigen Podiums gegen den abtretenden Gemeindepräsidenten.

Einer hält dagegen: Jakob Fehr, ehemaliger Gemeindepräsident von Oberurnen, fragt, weshalb die vier wiederkandidierenden Bisherigen trotz ihrer Mehrheit im Gemeinderat nicht schon früher etwas an der Situation geändert hätten. Ihm antwortet Bruno Gallati, Kandidat der CVP: Erst nach der Rückweisung des Nutzungsplanes im vergangenen Herbst habe man gemerkt, dass etwas nicht stimme. Gallatis Fazit: «Die Kommunikation war nicht gut.»

Die Kommunikation verbessern, das wollen alle Kandidaten. Man müsse den Kontakt pflegen, auch zu den einfachen Leuten, meint etwa SVP-Kandidat Kaspar Krieg. Thomas Kistler von der SP will die Bevölkerung bei wichtigen Geschäften wie der SGU-Sanierung oder dem Nutzungsplan früher in die Diskussion einbeziehen. Und der Parteilose Stefan Gasser schlägt «Interessengemeinschaften» vor, die als kleine Gemeindeversammlungen in den Dörfern die Geschäfte der grossen Gemeindeversammlung vorberaten und Empfehlungen abgeben. Aber Conny Schmid von der FDP gibt den Ball auch ans Publikum zurück: Wenn man etwas auf dem Herzen habe, müsse man sich regen und sich für seine Anliegen einsetzen.

Der Name des abtretenden Präsidenten wird kein einziges Mal genannt.

Die «Partnerin Andrea»

Wenn das Drama um den gescheiterten Nutzungsplan der Auslöser für die Vertrauenskrise war, kommt es in der Diskussion mit dem Publikum erstaunlich wenig zur Sprache. Dafür bringt der ehemalige Niederurner SVP-Gemeinderat und heutige Gemeindeschreiber von Schänis, David Reifler, eine Personalie aufs Tapet.

Roger Schneider von der FDP hatte in der Vorstellungsrunde auch über seine «Partnerin Andrea» gesprochen. Es sei «nicht ohne Brisanz», so Reifler, dass es sich dabei um die Gemeindeschreiberin Andrea Antonietti handle. Denn diese sei, anders als es Schneider darstelle, nicht einfach eine von acht Bereichsleitern in der Gemeindeverwaltung. Sondern nach dem Glarner Gemeindegesetz nehme der Gemeindeschreiber mit beratender Stimme an den Sitzungen des Gemeinderates teil und könne auch Anträge stellen. Ob Schneider etwa die Rechte der Schreiberin beschneiden wolle, fragt Reifler ironisch.

Schneider entgegnet, jeder der acht Bereichsleiter könne, wenn ein Geschäft von ihm behandelt werde, im Rat anwesend sein. Und dass die Gemeindeschreiberin spontan Anträge stelle, sei in seiner Gemeinderatszeit nicht vorgekommen.

Weniger Leute als in Filzbach

Der unermüdliche Filzbacher Ernst Menzi beklagt nicht nur den mangelhaften Unterhalt der Wanderwege auf dem Kerenzerberg, sondern will auch von allen Kandidaten wissen, wie sie wieder mehr Bürger an die Gemeindeversammlungen bringen wollen. «Es hat ja weniger Leute als früher an den Gemeindeversammlungen in Filzbach», sagt Menzi. Leider geht seine Frage dann in der Diskussion bald unter.

Die Kandidaten auf dem Podium
Am 4. März wird in allen drei Glarner Gemeinden gewählt.

In Glarus Nord kandidieren für das Gemeindepräsidium sechs Personen, allesamt Männer. Es sind dies:
Bruno Gallati, CVP
Stefan Gasser, parteilos
Thomas Kistler, SP
Kaspar Krieg, SVP
Roger Schneider, FDP
Ruedi Schwitter, GLP

Für den Gemeinderat kandidieren:
Christian Beglinger, GLP, neu
Graziella Brügger, SVP, neu
Bruno Gallati, CVP, bisher
Andreas Hefti, SVP, neu
Sibylle Huber, Grüne, bisher
Thomas Kistler, SP, neu
Kaspar Krieg, SVP, bisher
Priska Müller, Grüne, neu
Conny Schmid, FDP, neu
Hansjörg Stucki, parteilos, neu
Dominique Stüssi, BDP, neu
Pascal Vuichard, GLP, neu (an der Veranstaltung nicht anwesend)

Überparteiliches Wahlpodium Niederurnen

ÜBERPARTEILICHES WAHLPODIUM 05.02.2018 Glarus Nord: Überparteiliches Wahlpodium 2018 Wer wird Gemeindepräsident? Wer wird Gemeinderätin oder Gemeinderat? Aufzeichnung der Podiumsveranstaltung am 5. Februar 2018, Gemeindesaal Niederurnen.

Posted by Glarus Nord on Wednesday, February 7, 2018

Daniel Fischli arbeitet als Redaktor bei den «Glarner Nachrichten». Er hat Philosophie und deutsche Sprache und Literatur studiert. Mehr Infos

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