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Medienministerin: «Graubünden ist natürlich besonders verletzlich»

Bundesrätin Doris Leuthard sagt im Interview, wieso ein Ja zur No-Billag-Initiative für Graubünden schwerwiegende Folgen hätte. Und sie verrät, ob das gestern ihr letzter Besuch als Bundesrätin im Kanton war.

Olivier
Berger
26.01.18 - 04:30 Uhr
Politik
 Somedia-Verleger Hanspeter Lebrument, Bundesrätin Doris Leuthard und Liliana Lebrument.
Somedia-Verleger Hanspeter Lebrument, Bundesrätin Doris Leuthard und Liliana Lebrument.
YANIK BÜRKLI

Bundesrätin Doris Leuthard glaubt, dass die Schweizerinnen und Schweizer die No-Billag-Initiative ablehnen werden. Letztlich liege aber alles in der Hand der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger.

Frau Bundesrätin Leuthard, Sie waren heute in Chur zu Gast. Entschuldigen Sie, aber die Frage muss derzeit fast sein: War es der letzte Besuch in Graubünden als Bundesrätin?

Das glaube ich nicht (lacht herzhaft). Aber man darf weiterhin spekulieren.

Im Medienhaus haben Sie nicht über Ihre persönliche Zukunft gesprochen, sondern zur No-Billag-Initiative. Konnten Sie den Bündnerinnen und Bündnern wenigstens gute Nachrichten mitbringen?

Das liegt letztlich an den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern. Aber ich glaube, wir konnten aufzeigen, was eine Annahme der Initiative für den Kanton Graubünden bedeuten würde, der mit drei Sprachen natürlich besonders verletzlich ist. Der heute eine reiche Kulturlandschaft hat. Und von dem man weiss, dass es schon heute nicht möglich ist, ohne Gebühren- gelder eine sprachlich unterschiedliche, gute Qualität mit Radio- und TV-Programmen zu bieten.

«Die SRG muss unternehmerischer werden. Sie muss schon auf nächstes Jahr 50 Millionen einsparen.»

In der Bundesverfassung steht aber doch, dass der Bund die mehrsprachigen Kantone besonders unterstützen muss und dass Radio und Fernsehen die Besonderheiten der Kantone berücksichtigen müssen. Gerade in Graubünden wäre eine Förderung so doch weiter möglich.

Nein, das sind natürlich Artikel, dank derer man vor allem schaut, dass Dokumentationen und Unterlagen in allen Amtssprachen abgegeben werden. Die Ausbildung ist ein weiterer wichtiger Bereich. Auch an die Kultur kann man etwas beisteuern. Aber natürlich nie 1,3 Milliarden Franken, von denen man sagen kann: So, das läuft jetzt unter Sprachförderung.

Sie haben bereits eine Senkung der Rundfunkgebühren auf 365 Franken angekündigt. Heisst das, dass die SRG so oder so wird schrumpfen müssen? Andernfalls würde es ja bedeuten, dass man bisher einfach zu viel ausgegeben hat.

Nein, das ist so. Wir wechseln von der Gebühren- auf die Haushaltsabgabe. Das vereinfacht alles, und dadurch wird es günstiger. Aber es ist richtig, die SRG muss eindeutig unternehmerischer werden. Sie muss schon auf nächstes Jahr 50 Millionen Franken einsparen.

«Wenn man konkret wird, fühlt sich jeder ungerecht behandelt, weil man bei ihm Abstriche vornimmt.»

Wenn die SRG unternehmerischer denken muss, wird sie sich von «unrentablen» Standorten trennen. Betroffen wären dann erst recht die Randregionen und Sprachminderheiten.

Das wird sicher eine Diskussion geben. Was wir schon prüfen, ist, für die italienischsprachige TV-Gemeinschaft einen Kanal ins Internet zu verlegen. Aber sonst ist es schwierig. Wir haben ja einen Widerspruch: Man will mehr Schweiz, mehr Eigenproduktionen, weniger einkaufen, was Private auch können. Aber wenn man dann konkret wird, fühlt sich jeder ungerecht behandelt, weil man bei ihm Abstriche vornimmt.

Also spart man einfach bei den privaten Radio- und TV-Stationen, die ohne Gebührengelder schon heute nicht überleben könnten, und lässt bei der SRG alles, wie es ist?

Nein, wir haben mit dem Radio- und TV-Gesetz den Anteil für die Privaten erhöht. Das wird im kommenden Jahr dann ausbezahlt. Dort Abstriche vorzunehmen, ist wirklich nicht die Meinung. Wir wollen ja einen Wettbewerb, national und regional.

Eine letzte Frage: Prognosen sind immer schwierig. Wollen Sie trotzdem eine wagen?

Der Trend geht inzwischen offenbar klar in die Richtung, dass die Initiative abgelehnt wird. Darüber bin ich schon froh. Für unsere Demokratie, aber auch für die Vielfalt. In einem Land, wo man viermal im Jahr abstimmen muss, wollen die Menschen keinen Einheitsbrei.

Olivier Berger wuchs in Fribourg, dem Zürcher Oberland und Liechtenstein auf. Seit rund 30 Jahren arbeitet er für die Medien in der Region, aktuell als stellvertretender Chefredaktor Online/Zeitung. Daneben moderiert er mehrmals jährlich die TV-Sendung «Südostschweiz Standpunkte». Mehr Infos

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