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Prügelnde Mutter weint und fordert mildere Strafe

Eine Kosovarin aus dem Linthgebiet hatte ihre Tochter brutal verprügelt. Sie wurde für die Tat verurteilt und zeitweise gar ausgeschafft. Vor dem Kantonsgericht forderte die Mutter nun eine mildere Bestrafung – im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft. Die Frau legte vor den Richtern einen tränenreichen Auftritt hin.

Südostschweiz
24.01.18 - 04:30 Uhr
Politik
Nach Verurteilung und zeitweiser Ausschaffung forderte die Kosovarin mildere Bestrafung.
Nach Verurteilung und zeitweiser Ausschaffung forderte die Kosovarin mildere Bestrafung.
SYMBOLBILD / DPA

Eine Kosovarin, die in der Region lebt, hatte ihre Tochter im Jahr 2009 brutal verprügelt. Unter anderem schlug sie den Kopf des damals 17-jährigen Mädchens mehrfach gegen einen Heizkörper. Ausserdem prügelte sie mit einem Gürtel auf sie ein und erwürgte die Tochter beinahe mit ei-nem Kabel.

Vor dem Kantonsgericht ging es gestern um die Frage, ob die Strafe für die 45-Jährige korrigiert werden muss. Die Taten an sich standen nicht zur Debatte.

Erstes Urteil schon 2011

Das Kreisgericht See-Gaster hatte die Frau bereits Ende 2011 unter anderem wegen Gefährdung des Lebens, Körperverletzung und Tätlichkeiten zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, bei einer Probezeit von drei Jahren. Die Tochter hatte ihrer Mutter zunächst weitere Taten im Jahr 2008 zur Last gelegt, ruderte aber vor Gericht zurück. Wie ihre Mutter gab sie nun an, dass frühere Verletzungen von einem Töff-Unfall stammten. Ein Arzt konnte das nicht ausschliessen.

Als das Urteil des Kreisgerichts schon jahrelang rechtskräftig war, reichte die Mutter im Juli 2015 ein Revisionsgesuch beim Kantonsgericht ein. Dort beschlossen die Verantwortlichen, ein psychiatrisches Gutachten über die Frau einzuholen. Der Gutachter kam zu dem Schluss, dass die Frau zum Tatzeitpunkt an einer Störung mit auftretender Reizbarkeit gelitten habe. Ihre Fähigkeit zur Selbststeuerung könne leicht eingeschränkt gewesen sein. Möglicherweise war die Frau also nur bedingt schuldfähig.

Das Kantonsgericht hiess die Revision gut und hob das Urteil des Kreisgerichts von 2011 auf. Es verwies die Sache zurück ans Kreisgericht, damit es den Fall erneut beurteilt. Daraufhin korrigierten die Richter in Uznach die bedingte Haftstrafe im Oktober 2016 nach unten. Anstelle von zwei Jahren bekam die Mutter nur noch zehn Monate. Sowohl Verteidigung als auch Staatsanwaltschaft meldeten Berufung an. Daher landete der Fall nun erneut vor dem Kantonsgericht.

Anklage fordert höhere Strafe

Die Staatsanwaltschaft forderte nun erneut eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, bei einer dreijährigen Probezeit. «Es ist komisch, dass das Krankheitsbild sechs Jahre nach den Vorfällen nachträglich postuliert wird», sagte die Staatsanwältin. Von einer psychischen Störung sei erst die Rede gewesen, als eine Ausweisung aus der Schweiz zum Thema geworden sei. Während des ersten Verfahrens habe kein Beteiligter Zweifel an der Schuldfähigkeit der Angeklagten gehabt.

Der Verteidiger verlangte Freisprüche in mehreren Punkten und lediglich eine Geldstrafe. «Die Schuldfähigkeit war herabgesetzt», sagte er. Er deutete an, den Fall möglicherweise bis vor das Bundesgericht zu bringen.

Mutter verlässt weinend den Saal

Auch die Mutter musste erneut vor Gericht aussagen. Wie sie sagte, hat sie sich mit ihrer Tochter inzwischen ausgesprochen. Letztere habe sich bei ihr entschuldigt: «Sie wollte nicht, dass es so weit kommt, und hat gesagt, dass es nicht allein meine Schuld ist», so die Angeklagte. Sie sei zufrieden damit, wie ihre Tochter sich entwickelt habe. «Ich hoffe, dass das Thema endlich abgeschlossen wird, denn ich habe keine Kraft mehr», so die Mutter.

Die Frau wirkte psychisch angeschlagen und durfte den Gerichtssaal nach ihrer Aussage verlassen, weil sie bitterlich weinte. Laut ihrem Verteidiger ist seine Mandantin berufsunfähig und hat schwerwiegende gesundheitliche Probleme. Das würden Akten der Invalidenversicherung belegen.

«Sie ist traumatisiert durch die zwangsweise Ausschaffung», so der Anwalt. Die Frau war im September 2016 von der Polizei an ihrem Wohnort im Linthgebiet abgeholt und mit einem Sonderflug zurück in ihr Heimatland Kosovo gebracht worden. «Obwohl die zuständige Firma die Akten der behandelnden Psychiatriekliniken nicht kannte, wurde meine Mandantin als transportfähig eingestuft», so der Anwalt. Bei der Frau habe ernsthafte Suizidgefahr bestanden.

Rund einen Monat nach der Ausschaffung durfte die Kosovarin wegen der anstehenden Gerichtsverhandlung dann wieder in die Schweiz einreisen und seitdem bleiben. Sie war mit 17 Jahren in die Schweiz gekommen. Insgesamt hat sie drei erwachsene Kinder, alle sind hier geboren. Wenn die Frau nun eine Haftstrafe von ei-nem Jahr oder mehr erhält, droht ihr die Ausweisung. Das Urteil wird voraussichtlich diese Woche bekannt gegeben. «Wenn es rechtskräftig ist, werden wir uns den Fall erneut ansehen», sagt der Leiter des Migrationsamtes, Jürg Eberle.

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