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Das «WEF für alle» hat ein neues Gesicht

Das Open Forum ermöglicht jedem und jeder, etwas WEF-Luft zu schnuppern. Dieses Jahr ist bei der öffentlich zugänglichen Diskussionsplattform am Rande des WEF-Jahrestreffens aber vieles anders.

Stefan
Schmid
22.01.18 - 05:00 Uhr
Politik
Am Open Forum in Davos kann die Bevölkerung WEF-Atmosphäre schnuppern.
Am Open Forum in Davos kann die Bevölkerung WEF-Atmosphäre schnuppern.
KEYSTONE

Angefangen hat alles im Jahr 2003: Als Reaktion auf Kritik am World Economic Forum, sich dem Diskurs zu verweigern, wurden unter dem Namen Open Forum in Davos frei zugängliche Diskussionspodien mit Politikern und Wirtschaftsführern ins Leben gerufen. Organisiert vom WEF selber sowie vom Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund und Hilfswerken.

Das Open Forum findet bis heute parallel zur WEF-Hauptveranstaltung statt – in der Aula der Alpinen Mittelschule. Im ersten Jahr traten unter anderem die damaligen Bundesräte Pascal Couchepin und Joseph Deiss auf sowie mit Peter Brabeck (Nestlé) und Daniel Vasella (Novartis) zwei Schweizer Topmanager. Das Medienecho war gross, die Kritiker aber verstummten nicht. Bis heute. Vielen Nichtregierungsorganisationen ist das Open Forum zu WEF-nah.

Insbesondere, da das WEF das Open Forum seit 2012 in Eigenregie organisiert. Den Vorwurf, es handle sich beim Open Forum um eine «Feigenblatt»-Veranstaltung, mit der sich das World Economic Forum den Anschein einer Öffnung geben wolle, weist Michèle Mischler aber zurück. Sie ist beim Forum verantwortlich für die Organisation des Open Forum. Man wolle der Davoser Bevölkerung und anderen Interessierten einen Einblick ermöglichen, wie es im Kongresszentrum während des Jahrestreffens des WEF zu- und hergehe, sagt sie. «Wir beweisen Offenheit: Das Open Forum gehört zum offiziellen Teil des Jahrestreffens – es ist jener Teil, der der Bevölkerung offensteht.»

Neue Optik und neue Formate

Damit das Open Forum noch stärker zum Spiegel dessen wird, was sich hinter den Türen des Kongresszentrums abspielt, sind Mischler und ihr Team über die Bücher gegangen. Das Open Forum Davos 2018 soll für die einheimische Bevölkerung attraktiver werden, verspricht sie. Optisch und technisch wurden Anpassungen vorgenommen. «Nach 15 Jahren brauchte das Open Forum ein Facelifting», erklärt Mischler. So prangt neu eine riesige Leinwand hinter den Diskussionsteilnehmern auf der Bühne. Darauf werden mit «Die letzten Männer von Aleppo» (Mittwoch, 24. Januar, um 18.30 Uhr) und «Immer noch eine unbequeme Wahrheit: Unsere Zeit läuft ab» (Donnerstag, 25. Januar, um 20.30 Uhr) zwei Filme gezeigt. Anschliessend folgen Diskussionen mit Regisseur Feras Fayyad respektive dem früheren US-Vizepräsidenten und Friedensnobelpreisträger Al Gore.

«Wir wollen mit den Formaten spielen», erklärt Mischler. Geplant ist darum auch ein Gespräch mit der pakistanischen Kinderrechtsaktivistin und Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai am Donnerstag, 25. Januar, um 9 Uhr. Das Panel vom Freitagvormittag wurde schliesslich zusammen mit Schülern der Volksschule Davos gestaltet: Es thematisiert den Kampf gegen Depressionen. Die Schüler werden in der vordersten Reihe sitzen und in die Diskussion einbezogen.

Mehr Frauen als Männer

Auffallend ist der hohe Frauenanteil am Open Forum: An den insgesamt zehn Diskussionsrunden vom 23. bis 26. Januar sind die Frauen sogar leicht in der Überzahl; am Jahrestreffen insgesamt beträgt die weibliche Vertretung dieses Jahr 21 Prozent. «Daran haben wir hart gearbeitet», betont Mischler. Die erste Frage des Moderators zum Publikum geht ausserdem immer an eine Frau. Studien hätten gezeigt, dass dies die anderen Teilnehmerinnen ermutige, in der Debatte vermehrt das Wort zu ergreifen. Generell wurde am Open Forum auf eine gute «Mischung» geachtet: So wird an jedem Panel mindestens eine junge und eine Schweizer Stimme vertreten sein.

 

Nestlé-Präsident und Greenpeace-Chefin

Insgesamt zehn Veranstaltungen stehen diese Woche auf dem Programm des Open Forum. Der Eintritt ist frei – die Debatten in der Aula der Alpinen Mittelschule in Davos werden ins Deutsche und Englische übersetzt und vom WEF via Internet übertragen. Themen sind beispielsweise am Dienstagabend nachhaltige Lebensmittel. Hier diskutieren unter anderem Nestlé-Präsident  Paul Bulcke und Greenpeace-Direktorin Jennifer Morgan. Anschliessend können «Lebensmittel der  Zukunft» gekostet werden. An der Diskussionsrunde über «Demokratie im postfaktischen Zeitalter» am Donnerstagmittag nimmt Bundespräsident Alain Berset teil. An der von Schülern der Volksschule Davos mitkonzipierten Session «Stilles Leid: Depressionen bekämpfen» am Freitagvormittag diskutiert unter anderem die frühere Schweizer  Spitzenkunstturnerin Ariella Kaeslin. Al Gore spricht am Donnerstagabend über seinen Kampf gegen den Klimawandel, und Bestseller-Autor Dan Buettner verrät am Freitagmittag sein Geheimrezept für ein langes und gesundes Leben.

Stefan Schmid ist Ressortleiter Wirtschaft für sämtliche Kanäle der Medienfamilie. Mehr Infos

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