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Ein Kompromiss, der kaum jemandem gefällt

Wie viele seiner historischen Bauten will der Kanton Glarus schützen? Die SVP will die Zahl möglichst verkleinern, ihre Gegner lehnen das rundweg ab. Der Regierungsrat hofft, einen «gangbaren Kompromiss» vorgelegt zu haben. Keine Seite ist damit wirklich zufrieden.

Ueli
Weber
10.01.18 - 04:30 Uhr
Politik
Das einzige seiner Art: Das Stählihaus in Netstal ist geschützt und bleibt es auch – schliesslich hat es keine Riegelhäuser als Konkurrenz.
Das einzige seiner Art: Das Stählihaus in Netstal ist geschützt und bleibt es auch – schliesslich hat es keine Riegelhäuser als Konkurrenz.
HEINI HEFTI

Ein geschütztes Gebäude darf nur unter strengen Auflagen umgebaut werden. Es abzureissen, kann man vergessen. Im Frühling 2017 stimmte der Landrat knapp für eine Motion der SVP, welche die Zahl der geschützten historischen Gebäude im Kanton Glarus drastisch reduzieren will. Die Motion hatte zwei Kernpunkte:

Pro Gemeinde sollte nur ein charaktergleiches Gebäude geschützt werden. Das hiesse etwa, dass noch je eine Fabrikantenvilla im Norden, in Glarus und im Süden geschützt würde.

Wenn ein Gebäude umgebaut worden ist oder kurz vor dem Umbau steht, kann es nicht geschützt sein. Dabei hatte die SVP vor allem Fabrikareale im Sinn, die umgenutzt werden sollen.

Der Regierungsrat unterbreitet dem Parlament nun seinen Vorschlag, wie die Heimatschutz-Verordnung geändert werden soll: Pro Gemeinde wird «in der Regel» ein charaktergleiches Objekt geschützt. «Damit wird gewährleistet, dass die Auswahl der Bauten nicht willkürlich wird.» Der zweite Punkt der Motion sei hingegen bereits umgesetzt.

«Die Vorlage stellt einen gangbaren Kompromiss dar», schreibt der Regierungsrat. Sein Vorschlag kam in der Vernehmlassung jedoch schlecht an: Fachkreise, zwei von drei Gemeinden und die Mehrheit der Parteien lehnen die Änderung des Heimatschutzes rundwegs ab. Die Gegner erachteten die Verordnung als bundesrechtswidrig und als Verstoss gegen die kantonale Verfassung und Gesetzgebung.

«Wir sind etwas enttäuscht»

«Wir haben uns die Augen gerieben, als wir den regierungsrätlichen ‘Kompromiss’ lesen mussten», sagt Thomas Aschmann, Präsident des Glarner Heimatschutzes. Die Mängel der Motion würden nur unmerklich gemildert, aber nicht behoben, kritisierte der Heimatschutz bereits in der Vernehmlassung. «Eine weitere drastische Reduktion der geschützten Gebäude bedeutet faktisch ein Ende für ein nützliches und sinnvolles Inventar.»

Der Heimatschutz setzt sich für die vorherige Variante ein: 124 Gebäude und 36 Baugruppen hätten im sogenannten Inventar der schützenswerten Bauten gelistet werden sollen. «Bauwerke, die für unsere Traditionen und unsere Herkunft stehen, sind keine Probleme oder Altlasten, sondern Teil der reichen und vielfältigen Glarner Gegenwart», sagt Aschmann.

Der SVP geht der Vorschlag hingegen zu wenig weit. Ihr Fraktionspräsident Toni Gisler sagt: «Wir sind etwas enttäuscht vom Departement Bildung und Kultur. In anderen Fällen zeigte es mehr Mut.» Gisler stört sich vor allem daran, dass von Fabrikarealen, die kurz vor dem Umbau stehen, keine Rede mehr ist. Auch wenn der Kanton behaupte, dieser Punkt sei bereits umgesetzt. «Wenn ein Projekt anläuft, dürfen wir keine Steine in den Weg legen», sagt Gisler. Wenn es an die Inventarisierung gehe, werde man zudem genauestens schauen, wie mit der Formulierung «in der Regel» umgegangen werde, kündigt Gisler an. «Unsere Motion formulierte eigentlich klar, in welche Richtung es gehen soll.» Jetzt liessen die Formulierungen aber «einige Törlein» offen.

«Knapp wird es sicher»

Der Landrat wird nun erneut über die Heimatschutzvorlage abstimmen. Die Frage war von Anfang an umstritten: Nur die SVP-Fraktion hatte die Motion geschlossen unterstützt. Das Stimmverhältnis betrug 30 zu 26. Wie geht es dieses Mal aus? Heimatschutz-Präsident Aschmann sagt: «Wir sind zuversichtlich, dass die Änderung nicht angenommen wird.» – «Knapp wird es sicher, da müssen wir uns nichts vormachen», sagt Gisler.

Ueli Weber ist stellvertretender Redaktionsleiter der «Glarner Nachrichten». Er hat die Diplomausbildung Journalismus am MAZ absolviert und berichtet seit über zehn Jahren über das Glarnerland. Mehr Infos

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