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No-Billag-Befürworter präsentieren «Plan B» für die SRG

Die Befürworter der No-Billag-Initiative zeigen sich überzeugt, dass die SRG auch ohne Gebührengelder existieren könnte. Ihr «Plan B» setzt auf Bezahlfernsehen, mehr Werbung und die staatliche Förderung einzelner Sendungen. Die Gegner halten das für naiv.

Agentur
sda
09.01.18 - 17:06 Uhr
Politik

Zur Debatte steht die Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren. Beide Seiten haben am Dienstag ihre Argumente zur Abstimmung vom 4. März dargelegt - und das mit Leidenschaft.

Ein Komitee aus 160 nationalen Parlamentarierinnen und Parlamentariern von links bis rechts sieht in der No-Billag-Initiative einen radikalen Angriff auf den Service public und die direkte Demokratie. Ein Ja würde das Ende der SRG bedeuten, warnen die Gegner.

Erpressung des Stimmvolkes

Das sei Schwarzmalerei, sagen die Befürworter. Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes (sgv) und FDP-Nationalrat, sprach von versuchter Erpressung des Stimmvolkes. «Bei einem Ja zu No Billag wird die SRG nicht verschwinden», beteuerte er.

Bigler geht davon aus, dass viele Abonnemente für Sendungen lösen würden, beispielsweise für die «Tagesschau». Die SRG-Sendungen hätten einen hohen Marktanteil, begründete er diese Annahme. Die Zuschauerbindung sei eng.

Teurer als heute

Dass die Konsumentinnen und Konsumenten unter Umständen mehr bezahlen müssten als heute, wenn sie Informationssendungen, Sport und Spielfilme sehen wollen, stritt Bigler nicht ab. Für ihn ist wichtig, dass sie es selbst in der Hand haben - und dass Unternehmen keine Abgabe bezahlen müssen.

Die Gegner kritisieren dagegen, dass sich viele nicht mehr ein breites Angebot leisten könnten. Nationalrätin Adèle Thorens (Grüne/VD) wies auf die Erfahrungen mit «Pay TV» im Ausland hin. In Deutschland und Italien etwa bezahlten die Zuschauer allein für Fussball einen Betrag in der Höhe der Schweizer Gebühren.

Werbung am Radio

Nicht umstritten ist, dass die SRG mit Abonnementen weniger Einnahmen erzielen könnte als mit den heutigen Gebühren. Dafür seien höhere Einnahmen aus der Werbung zu erwarten, sagte Bigler. Konkret soll es gemäss dem «Plan B» auf den SRG-Sendern nicht nur mehr TV-Werbung, sondern neu auch Radio- und Online-Werbung geben.

Auf die Frage, ob die SRG so nicht die privaten Medien erst recht konkurrenziere, sagte Bigler, das sei der Wettbewerb. Die Gegner sehen aber noch ein anderes Problem: Sie bezweifeln, dass die Einnahmen aus Fernsehwerbung gesteigert werden könnten. Weil attraktive Angebote mit hohen Zuschauerquoten wegfielen, würden Gelder zu Werbefenstern ausländischer Sender abfliessen, sagen sie.

Bundesgelder für «Sternstunde»

Diese Gefahr sehen die Befürworter nicht. Rein kommerziell wollen allerdings auch sie die SRG nicht finanzieren: Das Unternehmen soll Bundesgelder erhalten - aber nur für gewissen Sendungen, die sich nicht im Markt finanzieren lassen. Bigler denkt zum Beispiel an die Sendung «Sternstunde Philosophie». Welche Sendungen unterstützt werden, würde das Parlament entscheiden.

Für Bigler ist das kein Widerspruch zum Initiativtext. Darin steht: «Der Bund subventioniert keine Radio- und Fernsehstationen. Er kann Zahlungen zur Ausstrahlung von dringlichen amtlichen Mitteilungen tätigen.» Das schliesse Fördergelder für einzelne Sendungen nicht aus, sagte der sgv-Direktor. Auch Sendungen für sprachliche Minderheiten oder Randregionen könnten so unterstützt werden.

Sender einstellen

Alles in allem käme die SRG nach Berechnung der Befürworter ohne Gebühren auf einen hohen dreistelligen Millionenbetrag, vielleicht auch auf eine Milliarde Franken. Mit gewissen Einsparungen auf der Kostenseite - beispielsweise durch den Verzicht auf SRF zwei - könnte sie so problemlos weiterarbeiten, hiess es.

Medienministerin Doris Leuthard, die vor dem Ende der SRG warnt, kritisierten die Befürworter. Matthias Müller, der Vizepräsident der Jungfreisinnigen, sprach von einer «Angstkampagne».

«Totale Entsolidarisierung»

Die No-Billag-Initiative wurde von Jungfreisinnigen und Mitgliedern der Jungen SVP lanciert. Zu den Gegnern gehören jedoch auch SVP- und FDP-Exponenten, unter ihnen der SVP-Ständerat Roland Eberle (TG). Er wählte vor den Medien scharfe Worte.

«Mit diesem Ansatz der totalen Entsolidarisierung entlarven sich diese Kreise als fundamentale Gegner der direkten Demokratie», sagte er. Denke man das Konzept der Initianten konsequent zu Ende, würden alle kollektiven Errungenschaften der Schweiz der Individualität geopfert.

Guillotine gegen Kopfweh

Mit einer totalen Kommerzialisierung erhielten finanzkräftige Investoren noch mehr Macht im Schweizer Medienmarkt, um ihre Eigeninteressen durchzusetzen, sagte der SVP-Ständerat weiter. «Eine Situation wie beispielsweise in den USA oder in Italien wünsche ich mir für unser Land nicht.»

CVP-Ständerat Filippo Lombardi (TI) stellte fest, offenbar gebe es ein gewisses Malaise bezüglich der SRG. «Aber Kopfweh behandelt man mit Aspirin und nicht mit der Guillotine.»

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