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Gerangel um Burkhalters Erbe beginnt

Wer kommt als Nachfolger von Didier Burkhalter als Bundesrat infrage? Unser Bundeshaus-Redaktor Dennis Bühler hat die Antworten für Euch zusammengetragen. Und: Ein Bündner ist auch dabei.

15.06.17 - 05:37 Uhr
Politik
SCHWEIZ MK BUNDESRAT DIDIER BURKHALTER
Bundesrat Didier Burkhalter spricht an einer Medienkonferenz über seinen Rücktritt vom Bundesrat, am Mittwoch, 14. Juni 2017.
ANTHONY ANEX

Eines sei sicher, sagt der langjährige FDP-Präsident Philipp Müller wenige Minuten nach der Rücktrittsankündigung Didier Burkhalters schmunzelnd. «Ich werde nicht sein Nachfolger, ich bin viel zu alt.» Fernab vom plötzlich aufgezogenen Politsturm sitzt der 64-jährige Aargauer im Vorzimmer des Ständeratssaales, froh, dass an diesem Abend andere von Medienschaffenden belagert werden. Auf Ignazio Cassis stürzen sich alle, auf ihn vor allem, den Tessiner Nationalrat, Fraktionschef und Gesundheitspolitiker. «Ich schliesse eine Kandidatur nicht aus», sagt der 55-Jährige vielsagend. «Mit dem Gedanken zu spielen, sich irgendwann für dieses Amt zu bewerben, und einen solchen Entscheid dann auch wirklich zu fällen, wenn es ernst gilt, sind allerdings zwei völlig unterschiedliche Dinge.»


Klar ist: Das Tessin, das seit dem Rücktritt von Flavio Cotti im Jahr 1999 nicht mehr in der Landesregierung vertreten ist, erhebt Anspruch auf die Nachfolge Burkhalters. «Diese Vakanz ist für unseren Kanton eine grosse Chance», sagt Cassis. Er sei jedoch nicht der einzige mögliche Kandidat. Allerdings: Den beiden anderen Tessiner Freisinnigen in Bern – Ständerat Fabio Abate und Nationalrat Giovanni Merlini – werden kaum Chancen eingeräumt. Und der erst 44-jährige Vizepräsident der FDP Schweiz und Tessiner Staatsrat Christian Vitta, den Müller als «riesiges Talent» bezeichnet, dürfte auf nationalem Terrain noch zu unbekannt und unerfahren sein.

Sicherheits- oder Finanzpolitiker?

Verzichtet Cassis auf eine Bundesratskandidatur oder haben entweder die FDP oder das Parlament Bedenken, mit dem Präsidenten des Krankenkassenverbandes Curafutura und des Heimverbandes Curaviva einen Vollzeitlobbyisten auf den Thron zu hieven, steht das Tor für welsche Papabili weit offen. Hoch gehandelt werden die beiden Regierungsräte Pierre Maudet und Pascal Broulis. Der 39-jährige Genfer Maudet gilt als Shootingstar der FDP, als Gegenentwurf zu SP-Bundesrat Alain Berset quasi. Spätestens seit den Anschlägen im benachbarten Frankreich kennt man ihn auch in der Deutschschweiz: Kein anderer Politiker warnt so eindringlich wie er davor, auch die Schweiz könne jederzeit zur Zielscheibe von Terroristen werden.

 
Während sich Maudet als Sicherheitspolitiker einen Namen gemacht hat, gilt der 52-jährige Waadtländer Broulis als gewiefter Finanzpolitiker: In kurzer Zeit baute er kantonale Schulden in Höhe von acht Milliarden Franken ab. Broulis hatte 2009 für die Nachfolge Pascal Couchepins kandidiert, unterlag aber Didier Burkhalter. Aus demselben Kanton wie Broulis stammen zwei Aussenseiter für die anstehende Wahl: Nationalrätin Isabelle Moret und Ständerat Olivier Français. Allerdings stammt mit SVP-Magistrat Guy Parmelin schon ein Bundesrat aus dem Kanton Waadt.

Druck auf Schneider-Ammann

Nicht restlos geklärt ist die Frage, ob der Nachfolger oder die Nachfolgerin Burkhalters überhaupt aus der lateinischen Schweiz zu kommen hat – wird dieser Landesteil mit Berset und Parmelin doch auch nach dem Ausscheiden des Neuenburgers über zwei Sitze verfügen. Sowohl der Bündner Ständerat Martin Schmid als auch seine St. Galler Ratskollegin Karin Keller-Sutter  haben Bundesratsformat. Sie dürften – wenn sie wollen – spätestens dann in die Kränze kommen, wenn Johann Schneider-Ammann abtritt. Den Rücktritt des zweiten FDP-Bundesrats hatte man eher vor jenem Burkhalters erwartet. Nun dürfte der Druck auf den 65-Jährigen steigen, es seinem Parteikollegen bald gleich zu tun – und so das Kandidatenfeld weiter zu öffnen.

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