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Agglo-Programm Obersee ist dem Bund zu wenig konkret

Gute Ziele, die aber erst ansatzweise umgesetzt werden: Der Bund sieht bei der Siedlungs- und Verkehrsplanung am Obersee Luft nach oben. Wie es heisst, tut die Agglo Obersee noch nicht genug, um die staugeplagten Gemeinden zu entlasten.

30.11.18 - 21:35 Uhr
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Mehr als 1,3 Milliarden Franken will der Bundesrat in den nächsten Jahren in die Hand nehmen, um die Verkehrssituation in den Agglomerationen zu verbessern. Davon sollen 29,5 Millionen in Projekte fliessen, welche die Agglo Obersee für diesen Zeitraum eingegeben hat (siehe Kasten). In diesem Verein sind 16 Gemeinden aus den Kantonen St. Gallen, Schwyz und Zürich zusammengeschlossen, die einen gemeinsamen Ballungsraum beidseits des Seedamms bilden. Wie viel Geld der Bund effektiv locker macht, wird das eidgenössische Parlament 2019 entscheiden.

Spannend sind für den Moment die Prüfberichte, die der Bundesrat kürzlich zu den regionalen Programmen veröffentlicht hat. Denn diese zeigen auf, wie wirksam die einzelnen Agglomerationen das Verkehrsmonster durch ihre Verkehrs- und Siedlungsplanung bändigen.

Zukunftsbild überzeugt

Für die Agglomeration Obersee ist das Fazit des Bundes klar: Sie habe ein «grundsätzlich gutes Zukunftsbild» entwickelt, doch sei eine gesamtheitliche Planung «erst in Ansätzen erkennbar», schreibt das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE). Will heissen: Für den Bund weist das vorgelegte Programm zwar in die richtige Richtung, doch tut die Agglo Obersee noch nicht genug, um die staugeplagten Gemeinden zu entlasten und den wachstumsbedingten Mehrverkehr durch eine durchdachte Raumplanung in Grenzen zu halten.

Was dem ARE gefällt: Die Agglo Obersee entwickelt die Vision einer Regionalstadt mit Rapperswil-Jona und Pfäffikon SZ als Hauptzentren sowie Uznach, Lachen, Rüti ZH und Richterswil als untergeordneten Zentren. Die Entwicklung soll sich auf diese Kerngebiete konzentrieren, die durch leistungsfähige ÖV-Achsen miteinander verbunden sind. Gleichzeitig sollen die Naturräume zwischen den Siedlungsgebieten erhalten bleiben.

Mangelhafte Abstimmung

In seinem Bericht zeigt das ARE auch auf, weshalb es bei der Umsetzung dieser Vision noch hapert. Mehrfach wird dabei die mangelhafte Abstimmung zwischen den beiden Seeseiten erwähnt:

  • Eine gesamtheitliche Siedlungsplanung fehle noch weitgehend, kritisiert das ARE. Zudem werde zu wenig konkret aufgezeigt, wie sich die bestehenden Siedlungen verdichten lassen – statt dass auf der grünen Wiese neue Häuser entstehen.
     
  • «Sektoral und räumlich getrennt» würden auch die Probleme auf dem Hauptstrassennetz in Rapperswil-Jona und Pfäffikon angegangen, heisst es in dem Bericht weiter. Dies bedeutet: Die Kantone St. Gallen und Schwyz werkeln beide vor sich hin, statt dass sie den Verkehrsfluss auf der Seedamm-Achse gemeinsam optimieren.
     
  • Gleichzeitig bemängelt das ARE, dass das Agglomerationsprogramm zu wenig auf eine Verkehrsverlagerung hinwirke – weg vom motorisierten Individualverkehr, hin zum ÖV und zum Langsamverkehr. Dass die Agglo Obersee entgegen früheren Plänen kein Konzept zur regionalen Verkehrssteuerung entwickelt, sei «schwer nachvollziehbar». Für das ARE ist klar: In den verkehrsgeplagten Zentren werde die Umweltbelastung nicht spürbar sinken.

Prädikat «genügend»

Für ihr Infrastrukturprogramm erhält die Agglo Obersee vom ARE vier von zwölf möglichen Punkten. Damit erreicht dieses gerade das Prädikat «genügend», das der Bund für Beiträge voraussetzt. Die 29,5 Millionen Franken, die in die Region fliessen sollen, entsprechen 35 Prozent der Projektkosten. Den Rest müssen Kantone und Gemeinden tragen.

Für Peter Göldi, den Geschäftsführer der Agglo Obersee, ist die knappe Punktzahl kein Grund, Trübsal zu blasen: «Insgesamt 12 von 32 beitragsberechtigten Agglomerationen sind so bewertet worden», betont er. Als «sehr gutes Resultat» bezeichnet Göldi die 29,5 Millionen Franken: Mit rund 600 Franken pro Einwohner holt die Agglo Obersee für ihre Projekte rund 20 Prozent mehr ab als eine durchschnittliche Agglomeration derselben Grösse.

«Wir sind auf einem guten Weg»

Wie Göldi erklärt, sieht sich die Agglo Obersee durch den Bericht des ARE in ihrer Marschrichtung bestätigt: «Wir sind auf einem guten Weg und setzen unsere Vision von einer Regionalstadt schrittweise um», sagt er. Dies benötige jedoch Zeit, weil die drei beteiligten Kantone erst ihre Richtpläne, Strassenbauprogramme und ÖV-Konzepte aufeinander abstimmen müssten. Die Kritik, die das ARE äussert, kann Göldi «nur bedingt» nachvollziehen, wie er sagt.

Von einem «soliden, aber ausbaufähigen» Programm spricht Helmut Honermann, der beim ARE den Prüfbericht verfasst hat. Klar sei: Eine mittlere Agglomeration, die sich über drei Kantone erstrecke, habe keine einfachen Rahmenbedingungen. Das Programm verbessere aber trotz seiner Schwächen die Situation in den Räumen Rapperswil-Jona, Pfäffikon und Lachen und sei deshalb «insgesamt positiv zu werten», sagt Honermann.

Agglo Obersee: 16 Gemeinden sichern gemeinsam Bundesgelder
Im Verein Agglo Obersee haben sich 16 Gemeinden aus den Kantonen St. Gallen, Schwyz und Zürich zusammengeschlossen. Aus dem Kanton St. Gallen sind Rapperswil-Jona, Eschenbach, Schmerikon und Uznach dabei. Ziel des Vereins ist es, Raumplanung und Verkehrspolitik um den Obersee besser abzustimmen. Als Vision wird eine Regionalstadt angestrebt mit Rapperswil-Jona und Pfäffikon SZ als Hauptzentren. Eine wichtige Aufgabe der Agglo Obersee besteht darin, mit regionalen Programmen Infrastrukturbeiträge des Bundes zu sichern. Nächstes Jahr befindet das eidgenössische Parlament bereits über das dritte Beitragspaket. Für das dritte Paket beantragt der Bundesrat dem Parlament, rund 29,5 Millionen Franken an den Obersee fliessen zu lassen (diese Zeitung berichtete). Das sind 35 Prozent der Kosten für folgende Projekte:
•    eine bessere Erschliessung des Bahnhofs Blumenau und eine neue Fussgänger- und Velounterführung zwischen der Eichwies- und der Oberseestrasse in Rapperswil-Jona;
•    eine Neuordnung des Verkehrs im Zentrum von Pfäffikon;
•    verkehrsberuhigende Massnahmen im Zentrum von Lachen;
•    die Buspriorisierung auf der Ferrachstrasse in Rüti ZH.
Ein Langzeitprojekt der Agglo Obersee ist die Stadtbahn, die für viertelstündliche Verbindungen zwischen Uznach und Siebnen-Wangen via Rapperswil und Pfäffikon sorgen soll. Dieses Projekt ist allerdings in weite Ferne gerückt, weil der Bundesrat es beim Bahn-Ausbauschritt 2035 nicht berücksichtigen will.

 

 

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