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Wenn die Kneipe zur Arena wird: Wieso der Davoser Moez Turki Politikfan ist

Moez Turki war in der Churer Feuerwehr und Gastronom in Davos. Vor allem aber ist er Politikfan – woher diese Faszination stammt und was ihn beschäftigt, erzählt er der «Büwo».

Bündner Woche
03.11.25 - 09:00 Uhr
Menschen & Schicksale
Moez Turki in seinem Büro an der Davoser Promenade.
Moez Turki in seinem Büro an der Davoser Promenade.
Bild: Maria-Catharina Lechmann

Von Maria-Catharina Lechmann

Trotz der letzten Sonnenstrahlen, die der Herbst bereithält, weht in Davos eine kühle Brise. Zum Glück ist das Büro von Moez «Moris» Turki an der Promenade nahe und bietet eine willkommene Aufwärmgelegenheit. Doch nicht nur eine warme Stube, sondern auch ein warmes Lächeln von Moez Turki erwartet die «Büwo»-Schreibende. Wir wollen über Politik sprechen. Der gebürtige Franzose ist zwar kein Politiker, bringt sich aber als «jemand aus dem Volk» in die Davoser Lokalpolitik ein.

Familiensache

Bereits früh kam er mit der Politik in Kontakt; sein Vater war Gewerkschafter. Abends hörte er bei den Diskussionen seiner Eltern zu. «Wer die besseren Argumente hatte, gewann», erzählt Moez Turki und lacht. Der Ursprung seines politischen Interesses. Und doch war er in Frankreich nie aktiv politisch tätig – anders in der Schweiz, in die er 1998 einwanderte. Drei Jahre später trat er der SP bei. Er kandidierte in den Jahren 2008 und 2012 sogar für den Churer Gemeinderat auf der Liste der Partei. «Der soziale Aspekt und die Wertehaltung der Partei gefallen mir», beschreibt der 50-Jährige.

Einst war Moez Turki als Kellner und in der Freiwilligen Feuerwehr Chur tätig. Heute ist er Unternehmer und führt einen eigenen Catering- und Concierge-Service in Davos.
Einst war Moez Turki als Kellner und in der Freiwilligen Feuerwehr Chur tätig. Heute ist er Unternehmer und führt einen eigenen Catering- und Concierge-Service in Davos.
Bild: Archiv

«Ich ging immer zu den Sitzungen des Gemeinderats im alten Rathaus, um ihren Debatten zuzuhören. Der Kampf zwischen links, Mitte, rechts: Das hat mich immer fasziniert.» So konnte Moez Turki Einblicke in das Schweizer Politiksystem gewinnen und begann schliesslich, es mit dem französischen System zu vergleichen. «Kommt man in ein fremdes Land, fängt man an zu vergleichen. Das geht aber erst richtig, wenn man das System versteht», findet er. Grundsätzlich seien die Systeme der Parteien und deren Ideologien ähnlich, sagt Moez Turki. Aber: «In der Schweiz kann die eigene Stimme viel mehr erreichen. Auch wenn man in der Minderheit ist, hat man das gleiche Recht einer Stimme», schildert er. Die direkte Demokratie sei etwas Besonderes, in Frankreich gäbe es diese nicht. «Ich finde es sehr wertvoll, dass in der Schweiz auch die Stimme des Kleinbürgerlichen gehört wird.»

Informieren und vergleichen

Die französische Politik verfolgt Moez Turki nur noch wenig. «Grosse, wichtige Sachen schon noch. Vor allem diejenigen in Paris, wo ich aufgewachsen bin», erklärt er. Auch wähle er in Frankreich nicht mehr; der Bezug fehle. «Man sollte sich dort einsetzen, wo man ist», findet er. Es ist Moez Turki ein Anliegen, sich selbst ein Bild von der politischen Lage machen zu können. Vor dem Schlafengehen informiert er sich über das weltweite Geschehen auf Englisch, Italienisch, Französisch und Deutsch. «Ich finde es extrem interessant, wie ein politisches Ereignis unterschiedlich interpretiert werden kann. Ich konsumiere diese Breite an verschiedenen Berichterstattungen, damit ich mir schliesslich meine eigene Meinung bilden kann», erzählt er. Auch die «Davoser Zeitung» lese er regelmässig.

Während einigen Jahren war Moez Turki Besitzer der Remix-Bar in Davos.
Während einigen Jahren war Moez Turki Besitzer der Remix-Bar in Davos.
Bild: zVg

Lokalpolitik ist ihm wichtig

Von Chur aus zog Moez Turki für einige Jahre nach Zürich. Dann kam er nach Graubünden zurück und wurde in Davos ansässig. «Das Erste, was ich gemacht habe, als ich nach Davos zog, war Kontakt mit der SP aufnehmen und mich mit der Lokalpolitik zu befassen», schwelgt Moez Turki in Erinnerungen. Nebst seiner politischen Aktivität ist er aber auch Unternehmer und führt einen Catering- und Concierge-Service. Ein Spannungsfeld? «Ich kann mich nicht in den Vordergrund stellen, indem ich für ein Amt kandidiere. Nicht weil ich mich schäme, sondern weil ich auch für mein Unternehmen spreche. Ich bin ein Dienstleister für alle.» Deshalb lebt er sein politisches Interesse hobbymässig aus. Er besucht Sitzungen der SP Davos, unterhält sich mit den Mitgliedern. «Ich sammle gelegentlich noch aktiv Unterschriften. Aber mehr mache ich nicht. Nicht mehr.» Moez Turki betont, wie wichtig es sei, dass sich junge Menschen für Politik interessieren und aktiv daran teilnehmen würden. Er ist überzeugt, dass Veränderung nur möglich ist, wenn man sich einbringt – nicht passiv bleibt, sondern aktiv wird. Für ihn ist politische Beteiligung eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Gerade junge Menschen sollen ihre Stimme nutzen, sich eine Meinung bilden und mitgestalten, statt zuzusehen. «Wenn man etwas verändern möchte, muss man auch etwas dafür tun», meint der Politikbegeisterte. Er selbst möchte mit seinem Engagement beispielsweise die touristische Attraktivität von Davos verstärken. «Leider legen viele Leute diesem Vorhaben Steine in den Weg», bedauert Moez Turki. Er erzählt ausführlich von einem Vorfall in der lokalen Tourismusbranche. Er weiss Bescheid, was in Davos und Umgebung läuft.

Politisieren in der Bar

Bis vor Kurzem war Moez Turki Inhaber der Davoser Remix-Bar. Die Bar wurde laut ihm von allen gerne besucht. Vom Pfarrer über den Chefpsychologen bis zum Gerichtsschreiber. Von links bis rechts. «Es war wie in der Arena und ich hinter der Bar als Moderator», erzählt Moez Turki und lacht. «Ich habe die Themen gebracht und gesagt, so bitte schön, jetzt dürft ihr diskutieren. Das war unbeschreiblich.» Viele besondere Ereignisse sind ihm geblieben. Es wurde diskutiert, debattiert, gestritten – und am Schluss trotzdem miteinander angestossen.

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