Zwischen Christbaum und Cafeteria: Warum Brian Lüers lieber arbeitet als feiert
Brian Lüers, Leiter Cafeteria und Gastro im Seniorenzentrum Cadonau in Chur, nimmt sich keine Zeit für Weihnachten. Was steckt dahinter?
Brian Lüers, Leiter Cafeteria und Gastro im Seniorenzentrum Cadonau in Chur, nimmt sich keine Zeit für Weihnachten. Was steckt dahinter?
Von Susanne Turra
Er ist kein Grinch. Aber es ist jetzt auch nicht so sein Ding. Das mit Weihnachten. Seit Jahren arbeitet Brian Lüers in der Gastronomie. Und das auch gerne und freiwillig an Weihnachten. So auch dieses Jahr als Leiter Cafeteria und Gastro im Seniorenzentrum Cadonau in Chur.
Es liegt etwas in der Luft
Noch ist es ruhig in der Cafeteria, an jenem Mittwochvormittag anfangs Dezember. Nur wenige Stühle sind besetzt. Die Seniorinnen und Senioren trinken Kaffee und lesen Zeitung. Brian Lüers grüsst nach links und rechts, die Bewohnenden grüssen zurück. Mitten im Raum steht ein festlich geschmückter Christbaum. Der Leiter Cafeteria und Gastro kommt also doch nicht ganz drumherum, um Weihnachten. Immerhin arbeitet er an einem Ort, wo gefeiert wird. Und so begutachtet er den Christbaum eben ein bisschen genauer. Er hängt eine Kugel an den Ast und rückt einen Stern zurecht. Manch eine Seniorin blickt verstohlen dahin, andere Bewohner lässt es gänzlich unbeeindruckt. Einzig der grüne Baum, die grossen farbigen Kugeln am Fenster und die kleinen roten Weihnachtssterne auf den Tischen erinnern daran, dass bald ein grosses Fest gefeiert wird. Und doch. Es ist spürbar. Es liegt etwas in der Luft. Eine Erwartungshaltung. Eine Spannung.
«Ich habe das immer schon getan», betont Brian Lüers. «Seit meinem 18. Geburtstag arbeite ich an Weihnachten.» Das klassische Fest kennt er so eigentlich gar nicht. Wohlverstanden. «Als Kind habe ich schon auch zu Hause gefeiert», erzählt er. «Ich habe auch schöne Gedanken und Erinnerungen an diese Zeit.»
Und er kann gut trösten
Die Familie. Der Geruch. Das Licht. Herrlich. Aber irgendwie doch nichts für ihn. Und so nimmt er sich bewusst keine Zeit für Weihnachten. «Das erspart mir viel Stress», ist Brian Lüers überzeugt. «Ich habe meine Struktur. Meinen Alltag. Und das ist gut so. Ich weiss nicht mal, wie andere Leute das machen.» Für viele sei das aber schon eine bedeutsame Zeit. Das sei ihm bewusst. Und das merke man auch an den Bewohnerinnen und Bewohnern. Es beginnt schon im November. Bloss früh genug für das Weihnachtsessen reservieren, sonst bekommt man am Ende keinen Tisch mehr. Und dann die Erwartungen. Die Anspannung. Die Hoffnung. Kommt der langersehnte Besuch auch wirklich? Und klappt auch wirklich alles? Alle sind ein bisschen nervös. Und: «Die Bewohnerinnen und Bewohner fragen mehrmals nach, ob die Reservierung auch wirklich eingetragen ist», verrät Brian Lüers. Er schmunzelt. Aber er kann das auch gut verstehen. Und er kann gut trösten. Falls es mit dem Besuch dann trotzdem nicht klappen sollte. In der Regel funktioniert das aber alles bestens. Traditionen werden eingehalten. Die Seniorinnen und Senioren sind zufrieden und glücklich. Und Brian Lüers ist es auch.
Wer möchte, darf feiern
Dennoch. Diese Hektik und diese Sensibilität schon in der Vorweihnachtszeit. Das überträgt sich auch auf die Mitarbeitenden. «Ich kenne einige, die arbeiten an Weihnachten, weil sie alleine sind», erzählt Brian Lüers. «Einige wollen aber auch einfach an Weihnachten arbeiten, weil sie kein Interesse an diesem Fest haben.» Zu Letzteren gehört auch er. Und er freut sich, wenn er es einzelnen Mitarbeitenden ermöglichen kann, freizunehmen. «Es ist alles ein Geben und Nehmen», findet er. «Es ist ganz wichtig in diesen Jobs, dass man aufeinander achtet und Rücksicht nimmt.» Wer möchte, darf feiern. Das ist ganz wichtig. So oder so. Er sei kein Weihnachtsmuffel, wiederholt er. Er fände es schön, wenn die anderen das Fest geniessen. «Ich mache das alles sehr gerne mit den Leuten hier», betont Brian Lüers. «Ich schaue, dass alles passt und alle zufrieden sind.» Das ist seine Weihnacht. Sein Beitrag zum Fest.
Übrigens feiert das Seniorenzentrum Cadonau traditionell eine ganze Woche lang Weihnachten. Jede Station feiert an einem Tag. Mit viel Besuch und gutem Essen. Laut und fröhlich. Festlich und schön dekoriert. «Da sind dann jeweils rund 80 Personen im grossen Saal», so Brian Lüers. Eine intensive Woche. Aber auch eine schöne Woche. Und für den Leiter Cafeteria und Gastro die perfekten Weihnachten. Trotzdem. «Der nächste Januar kommt bestimmt», sagt er und lacht. «Und mit ihm die Normalität.» Noch ist es nicht so weit. Noch wird gefeiert. Gebangt und gehofft.
Der laute Pressluftbohrer muss der Stille weichen
Brian Lüers geht zum Fenster und schaut auf die grosse Baustelle. Bis Herbst 2026 werden im Cadonau 32 weitere Wohneinheiten für bezahlbares betreutes Wohnen im Alter realisiert. Und so ist es hier in letzter Zeit auch etwas lauter als sonst. Nicht aber über die Festtage. «Etwas Gutes hat Weihnachten», schliesst Brian Lüers denn auch. «Der laute Pressluftbohrer muss der Stille weichen.»
Weitere Informationen gibt es hier.
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