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(Hunde)Liebe kennt kein Alter: Wie Heidi und Goldi dank Churer Tierheim zueinander fanden

Da haben sich zwei gefunden: Seniorin Heidi Keller und Hunde-Senior Goldi gehen nun gemeinsam durchs Leben. Ihre Begegnung zeigt, dass Vertrauen und Zuneigung keine Altersgrenzen kennen.

Bündner Woche
10.06.25 - 04:30 Uhr
Menschen & Schicksale
Keine Alleingänge mehr: Heidi Keller wird auf ihren Spaziergängen nun vom Pekinesen Goldi begleitet.
Keine Alleingänge mehr: Heidi Keller wird auf ihren Spaziergängen nun vom Pekinesen Goldi begleitet.
Bild: Andri Dürst

Von Andri Dürst

Ungewöhnlich viele Uhren ticken um die Wette. Dann beginnen einige, die volle Stunde anzukündigen. Es ist 14 Uhr an diesem stürmischen Montagnachmittag. Wir befinden uns in der Wohnung von Heidi Keller in Chur. «Die Uhren sind halt ein Hobby von mir», meint die 81-Jährige schulterzuckend. Uhren sind bekanntlich die Versinnbildlichung von Zeit. Und genau darum geht es in dieser Geschichte – genauer gesagt um Lebenszeit. Nicht nur Heidi Keller hat schon viel Lebenszeit verbringen dürfen, auch ihr vierbeiniger Mitbewohner Goldi zählt bereits 15 Jahre. Die beiden haben aber erst im März dieses Jahres zueinandergefunden. Wie das ging?

Ein Herz für ältere Tiere

Fangen wir von vorne an: Schon beim Öffnen der Wohnungstüre ist klar, dass der flauschige Vierbeiner, der auf uns wartet, sehr zutraulich ist. Goldi – ein Pekinese – kommt auf den Schreibenden zu und lässt sich streicheln. Er fühlt sich sichtlich wohl. Wir gehen ins Wohnzimmer und nehmen Platz. Die Menschen auf den Stühlen, der Hund zu Füssen des Autors. Gleich zu Beginn des Gesprächs will Heidi Keller mit einer Fehlannahme aufräumen: «Noch ist die Meinung weit verbreitet, dass man ab 80 Jahren keine neuen Haustiere mehr bekommen darf. Das ist aber nicht so.» Klar, ein «Riesenviech» sei in ihrem Alter nicht ideal, aber ein Begleiter wie Goldi – das ist eine ideale Kombination.

Ticktack: Wie viel gemeinsame Zeit den beiden noch bleibt, weiss niemand.
Ticktack: Wie viel gemeinsame Zeit den beiden noch bleibt, weiss niemand.
Bild: Andri Dürst

Der Pekinese ist aber nicht der erste Hund der elegant gekleideten Seniorin. «Ich hatte während zwölf Jahren bereits eine Hündin, die ich dann aber leider einschläfern lassen musste.» Zuerst glaubte sie, dass sie nie wieder einen Hund haben könne. «Doch das Leben ohne Vierbeiner war irgendwie fade», gibt sie zu. Zwar habe sie auch noch eine Katze, und obschon das auch tolle Tiere seien, könne sie mit ihr ja nicht aus dem Haus und spazieren gehen. «Und alleine herauszugehen, dafür bin ich nicht so der Typ.» Das Gassigehen mit einem Hund ermögliche es ihr auch, in Kontakt mit anderen Hundehalterinnen und -haltern zu kommen.

Um also wieder in den Genuss einer vierbeinigen Begleitung zu kommen, begann sich die Seniorin zu erkundigen, ob sie nicht doch noch einen Hund übernehmen könne. Fündig wurde sie dann im Tierheim Arche. Seit letztem November wohnte Goldi dort, doch scheinbar wollte ihn niemand haben. «Er ist wohl überzüchtet, was man besonders an seinem deformierten Gebiss erkennt», so die Seniorin. Tatsächlich, Goldi hat schiefe Zähne und riecht auch etwas unangenehm aus dem Mund. Heidi Keller stört das aber nicht. «Als ich im Tierheim diesen kleinen Strubeli sah, war es um mich geschehen», sagt sie mit ihrem charmanten Basler Dialekt. Wichtig auch: Goldi ist gemäss Tierarztbefund gesund.

Was Heidi Keller jedoch bemerkte: Er ist wohl taub oder zumindest schwerhörig. «Als ich ihn aus dem Tierheim holte, habe ich extra alle Uhren ausgeschaltet, damit er durch die Töne nicht gestört wird. Als ich dann merkte, dass er eh nichts hört, konnte ich die Uhren wieder einschalten.»

Was er wohl denkt? Goldi stammt aus Bulgarien und ist wohl überzüchtet, was sich an seinem Gebiss zeigt.
Was er wohl denkt? Goldi stammt aus Bulgarien und ist wohl überzüchtet, was sich an seinem Gebiss zeigt.
Bild: Andri Dürst

Goldi bringt neues Leben ins Haus

Goldi steht also Heidi Kellers Hobby nicht im Wege. Und auch sonst bilden die beiden ein ideales Paar. «Wenn ich spazieren gehe, ist er auf dem Heimweg oft schon recht müde.» Ob sie aber gerne noch länger spazieren würde? Sie zuckt mit den Schultern und meint: «Ich bin ja auch nicht mehr 20.»

Doch wieso ist der Hund für Heidi Keller nun so wichtig? «Ohne Hund fehlt ein Kamerad», sagt sie. Ihr Mann sei schon länger tot, und ihre Töchter seien schon vor vielen Jahren «ausgeflogen». Naheliegend also, dass der Hund die entstandene Lücke mit seiner Liebe auszufüllen vermag. «Er ist fast wie ein Familienmitglied», meint die pensionierte Sozialpädagogin lächelnd.

Ähnlich sei es übrigens ihrer Grossmutter väterlicherseits ergangen. Heidi Keller erinnert sich: «An einer Lottoveranstaltung in Basel gewann ich einen Kanarienvogel. Da wir aber schon damals eine Katze zu Hause hatten, konnten wir den Vogel nicht bei uns behalten. Ich gab ihn deshalb meiner über 70-jährigen Grossmama, die zuvor nie Haustiere hatte. Sie hatte richtig Freude daran und blühte regelrecht auf. Für mich zeigt das, dass man auch im Alter noch richtig tolle Momente erleben kann.»

So ist es hoffentlich nun auch mit Goldi. Wie viel Zeit ihm noch bleibt, weiss man natürlich nicht. «Aber man muss es einfach wagen», bringt es Heidi Keller auf den Punkt. Nicht nur die Besitzerin ist froh, nicht mehr alleine zu sein – auch sie kann Goldi noch ein paar schöne Monate oder Jahre bescheren. Hundeliebe kennt also keine Grenzen – und besonders kein Alter.

Informationen zum Tierheim Arche in Chur und zu dessen heimatlosen Tieren gibt es im Internet unter www.tierheim-chur.ch.

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