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Die guten Guetzli sind längst weg

Christine
Schibschid
09.01.19 - 04:30 Uhr
Menschen & Schicksale
Wer ist eigentlich scharf auf Panettone?
Wer ist eigentlich scharf auf Panettone?
BILD PIXABAY

Das neue Jahr ist gut eine Woche alt. Meine Ferien sind zu Ende und die richtig guten Guetzli, die sind längst aufgegessen. Einen trockenen Zimtstern habe ich an meinem ersten Arbeitstag in der Redaktion noch gefunden. Und natürlich gegessen. In Büros kommt ja bekanntlich alles weg. Das dachte sich vermutlich auch der Kollege, der grossherzig den in Plastik eingeschweissten Butterstollen in die Küche gelegt hat. Offenbar schon vor einer Weile. «Muss das so sein oder ist das Schimmel aussen dran?», fragte ein anderer Kollege gestern mit Blick auf die staubende Zuckerschicht auf dem Gebäck. Butterstollen – wer steht denn eigentlich auf sowas? Ich habe noch nie so ein Ding gekauft, trotzdem komme ich immer wieder in den Genuss – falls dies hier das richtige Wort ist. Dieser blasse, bröckelige Teig mit Rosinen und gelbgrünen kandierten Früchten drin – das war vielleicht in entbehrungsreicheren Zeiten ein seltener Hochgenuss, kalorientechnisch damals sicherlich auch sinnvoll, aber heute? Der Stollen ist ein ähnliches Phänomen wie Panettone. Es wundert mich jedes Jahr, wie verbreitet diese faden Kuchen sind, die sich nur mit Mühe und einem grossen Messer in unhandliche, bröckelige Stücke schneiden lassen. Gibt es Menschen, die Panettone ernsthaft kaufen, um anderen eine Freude zu machen? Oder treibt sie die pure Verzweiflung? Ist es vielleicht so, dass es gar nicht so viele Panettone gibt, wie es scheint, und sie einfach nur sehr oft den Besitzer wechseln? Als Geschenk sehen die bunten Kartons mit den Schleifchen dran ja ganz okay aus – allemal besser als gar nichts. Auch ich habe diese Saison zwei Panettone geschenkt bekommen. Einen hat mein Freund unter die Leute gebracht, den zweiten habe ich zu Hause probiert, dann aber mit in die Redaktion genommen. Nach zwei Tagen stand das Ding immer noch da. Ausgetrocknet, in einem Krümelmeer. Dem Stollen wird es wohl ähnlich ergehen. Ich habe ihn eben angeschnitten. Die guten Guetzli, die sind schliesslich weg.

Kontaktieren Sie unsere Autorin zum Thema: christine.schibschid@linthzeitung.ch

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Hab ich natürlich gleich gelesen. Als wir nach dem Krieg solche Stollen backen konnten - als es die
Zutaten gab - wurde ich ein Spezialist im Backen dieser Köstlichkeit. Ich erfreute damit damals auch
meine Eltern, die zwei Weltkriege durchleben mussten.
Heute ist das lange vorbei, es gibt Besseres und Leichteres.
Hier in der Lübbecker Konditorei konnte man das Backwerk jetzt mit großem Rabatt erstehen.
Anita, geb. 1934

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