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Roger und die Maschinen

«Linth-Zeitung»-Kolumnist Frédéric Zwicker sinniert über einen Werbe-Spot mit Roger Federer, der Fragen aufwirft.

Linth-Zeitung
04.12.18 - 04:30 Uhr
Menschen & Schicksale
Kolumnist Frédéric Zwicker fragt sich, was die Roboter wohl von uns denken werden, wenn sie erst einmal an der Macht sind.
Kolumnist Frédéric Zwicker fragt sich, was die Roboter wohl von uns denken werden, wenn sie erst einmal an der Macht sind.
PRESSEBILD

Kennen Sie diese Werbung? Roger Federer kommt vom Training nach Hause. In seiner Wohnung ist ein Roboter mit dem Wohnungsputz beschäftigt. Er unterbricht seine Arbeit. «Guten Tag, Roger.» Roger nickt freundlich. Der Roboter nimmt ihm die Sport- und die Schlägertasche ab und versorgt alles. Es scheint, als kämen die zwei gut miteinander aus.

Nach einer Dusche kommt Roger in die Küche, wo der Roboter wartet. Seine Bauchpartie verwandelt sich in eine Kaffeemaschine. Eine Tasse steht bereit. Der Roboter streckt Roger eine Kaffeekapsel entgegen und fragt: «Roger, Kaffee?» Aber Roger verzieht sein Gesicht voller Ekel. Er will den Roboter ausschalten. Dabei kommt es zu einer Fehlfunktion. Der Roboter, der offenbar auch eine Ballmaschine ist, schiesst einen Tennisball in Rogers Richtung. Noch bevor der zweite Ball geflogen kommt, schnappt sich Federer ein Küchenbrett und retourniert ihn dann mit einer satten Vorhand direkt gegen den Kopf des Roboters. Der schreit vor Schmerz auf – «Autsch!» –, seine Ohren blinken rot, und er taumelt aus dem Bild.

Nun gut, es handelt sich hier um eine Fernsehwerbung für eine Kaffeemaschine von Jura. «Frisch gemahlen, nicht gekapselt», lautet das Credo. Der Roboter bietet bloss einen Kaffee aus der Kapsel. Dass Roger nicht begeistert ist, ist verständlich. Denn wenn ihm frisch gemahlener Kaffee aus der Jura-Maschine nicht lieber wäre als beispielsweise ein Kaffee aus einer Nespresso-Kapsel, wäre er kein geeigneter Werbeträger für das Modell S8 von Jura.

«Vielleicht wurde Roger Federer Opfer des Technikers, der die Werbung geschnitten hat.»

Trotzdem wirft die Werbung Fragen auf. Wäre die Situation ebenfalls eskaliert, wenn Roger auf die freundliche Frage des Roboters, der offenbar über eine fortschrittliche Sprachfunktion verfügt, geantwortet hätte: «Nein, danke, mir ist ein frisch gemahlener Kaffee aus meiner Jura-S8 lieber als ein Kaffee aus einer Kapsel»? Ist dieser Ausdruck des Ekels und der Versuch, den Diener auszuschalten, nicht eine unmenschlich drakonische Reaktion auf das freundliche Angebot, dem – zumindest in der 31-sekündigen Sequenz am Fernseher – keine bösen Absichten zugrunde zu liegen scheinen?

Vielleicht hat Federer dem Roboter schon hundert Mal gesagt, er wolle keinen Kapselkaffee. Vielleicht zeigt die Werbung bloss die Sekunden, als ihm nach Monaten und Jahren der Geduld der Kragen platzt. Vielleicht wurde Roger Federer Opfer des Technikers, der die Werbung geschnitten und die häss- liche Szene aus dem Zusammenhang gerissen hat.

Eine Richtigstellung wäre jedenfalls angebracht. Falls, wie Science-Fiction-Autoren und seriöse Wissenschaftler warnen, tatsächlich einmal die Maschinen die Herrschaft übernehmen sollten, wäre es äusserst ungünstig, wenn der berühmteste Schweizer Botschafter im Fernsehen als grausamer Sklavenhalter zu sehen wäre, der auch vor roher Gewalt nicht zurückschreckt, wenn sein robotischer Diener nicht spurt.

Kontaktieren Sie unseren Autor zum Thema: redaktion@linthzeitung.ch

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