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Holzhammerinitiative 10 Mio. Schweiz

Den Holzhammer braucht es nicht
Kolumne, Südostschweiz vom 19. April 2025
Nein, Angst vor der 10-Millionen-Schweiz habe ich keine. Aber ich mache mir Sorgen – nicht über die Zahl an sich, sondern über den leichtfertigen Umgang des geschätzten Kolumnisten mit dem Thema. Angst lähmt, Sorgen kreisen.
Natürlich ist es bequemer, auf der Oberfläche der Zahlen zu verweilen. Wer keine Fragen stellt, lebt ruhiger. Der Mainstream schützt – auch Journalisten – vor Unannehmlichkeiten: Keine Reibung, keine Risiken, keine Einbussen bei der Lesergunst. Die bekannten Argumente zementieren Narrative, fördern das Gemeinwohl, halten zuverlässig von kritischem Denken ab und man bleibt gesund dabei.
Doch warum scheut man sich, zur 10-Millionen-Schweiz auch kritische Fragen zu stellen? Heute gilt man schon als Polemiker, wenn man nüchterne Zahlen des BFS in verständliche Worte fasst.
Ein Beispiel:
Kennen Sie Andeer? 930 Einwohner, drei Ortsteile, hohe Lebensqualität. Um die prognostizierte Bevölkerungszunahme abzudecken, müssten wir in 15 Jahren 1’075 neue Andeers bauen – etwa 72 pro Jahr. Geht nicht. Denn die Leute ziehen nicht aufs Land, sondern in die Agglomerationen. Also müssten wir 1'075 Dörfer in urbanem Umfeld errichten – samt Parkplätzen für über 750'000 Autos. Geht auch nicht.
Was tun wir stattdessen? Verdichten. Wohnraum, Arbeitsraum, Parkraum, Freizeitraum – alles wird dichter. Nur die Lebensqualität, so heisst es, soll davon unberührt bleiben. Ich bezweifle das.
Der Kolumnist verweist zu Recht auf die demografischen Prognosen des Bundes: Der Zu-wachs wird sich verlangsamen, ein Schrumpfungsprozess beginnt. Das Problem löst sich von selbst – ohne Holzhammer-Initiative. Doch die entscheidende Frage bleibt unbeantwortet: Warum ist das so?
Der Ökonom Hans-Werner Sinn gab an einer Veranstaltung des IWP-Luzern eine klare Antwort:
„Die Einwanderung endet, sobald der mit ihr verbundene Verlust an Wohlstand und Lebensqualität grösser ist als ihr ökonomischer Nutzen.“
Sobald das Wohlstandsgefälle zur EU verschwindet, ist die Zuwanderung am Ende. Wenn die Schweiz das Niveau Deutschlands erreicht, kommen auch keine Deutschen mehr.
„Vielleicht hilft Ihnen das“, sagte Sinn – mit einem Schmunzeln.

Und so stimmt’s, Herr Masüger: Es braucht keinen Holzhammer. Sobald wir EU-Niveau erreicht haben, erledigt sich das Problem von selbst. Alles nur halb so wild!

Guolf Regi, Chur

Guolf Regi
20.04.25 - 10:31 Uhr
Leserbrief
Ort:
Chur
Zum Artikel:
Den Holzhammer braucht es nicht; Kolumne A. Masüger, SO 19.4.2025 GR
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Danke, Guolf Regi.
Wenn wir die Nachhaltigkeits-Initiative der SVP (angeblich ist Nachhaltigkeit ein Anliegen von Links) ablehnen, wenden wir den "Holzhammer" gegen uns selbst an (indem wir unser Niveau nivellieren hinunter zur EU) statt gegen die Vermassungstendenzen.
Herr Masüger schreibt:
Die «Nachhaltigkeitsinitiative» würde zu einer eigentlichen «Abwürgeinitiative» für die Wirtschaft und für den Wohlstand der Schweiz.
Ich antworte:
Wohlstand? Wer unter der Wohnungsnot und vor allem unter Immissionen beim Wohnen (Schwerkranken fehlt GESUND-Wohnen) leidet, und zwar bereits HEUTE, dem graut vor einer Bevölkerungszunahme.
Herr Masüger schreibt:
Der Wohlstand kann nur aufrechterhalten werden, wenn ein gewisser Teil der Arbeit, welche die dannzumaligen Rentner einst leisteten, durch Zuwanderer übernommen wird.
Ich antworte:
Wer bestreitet denn die Zuwanderung?
Es geht um die ANZAHL und Qualifikation der Zuwanderer.
Wenn die Anzahl der Zuwanderer so BEGRENZT bleiben würde wie in früheren Jahrzehnten, dann bliebe auch die Gesamtbevölkerung unter neun Millionen. Oder?