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Weil Applaus nicht reicht - Ja zur Pflegeinitiative

Die Pandemie hat uns deutlich vor Augen geführt, dass das Gesundheitspersonal die wichtigste Ressource unseres Gesundheitssystems darstellt. Die Leistungsfähigkeit und die Qualität stehen in direktem Verhältnis zur Anzahl verfügbarer Gesundheitsfachpersonen und ihrem Qualifikationsniveau.
Momentan sind 11‘000 Stellen in der Pflege unbesetzt. Lediglich 43% des Bedarfs werden überhaupt ausgebildet und 40% steigen frühzeitig aus dem Beruf aus. Der Grund dafür ist nicht etwa die Pandemie, sondern die zunehmende Privatisierung und Ökonomisierung des Gesundheitssystems. Die Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung ist Kernaufgabe des Staates. In diesem Bereich sollten Berufen nicht marktwirtschaftliche Prinzipien übergestülpt werden.
Ohne ausländische Arbeitskräfte wäre die Versorgungsleistung im Gesundheitsbereich schon längst zusammengebrochen. Aber die Rekrutierung von ausländischem Personal ist keine nachhaltige Lösung, um den Personalbedarf zu decken. Zudem wird in Form eines Dominoeffektes das Pflegepersonal den sozioökonomisch schwächsten Ländern abgezogen, was eine zusätzliche Schwächung der dortigen Gesundheitssysteme zur Folge hat. Auch die Herkunftsländer sind bestrebt ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern und Abwanderung zu vermeiden. Die Pflegenden werden grundsätzlich dort benötigt, wo sie ausgebildet werden.
Zum einen muss man den Nachwuchs sichern. Zum anderen gilt es aber auch den Beruf genügend attraktiv zu gestalten, sodass junge Leute überhaupt in diesen Beruf einsteigen möchten und das bestehende Personal im Beruf gehalten werden kann. Der indirekte Gegenvorschlag wird das Problem des Fachkräftemangels nicht beheben. Denn es sind keinerlei Massnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen enthalten. Wertschätzung und gerechte Löhne, dem Ausbildungsstand und Kompetenzen, sowie den hohen Anforderungen und Belastungen angemessen, müssen eine Selbstverständlichkeit sein!
Gute Pflege zahlt sich nebst höherer Patientenzufriedenheit auch finanziell aus. Weniger Komplikationen, weniger Spitaleinweisungen, geringere Liegedauer im Spital.
Wir alle werden früher oder später auf Pflege angewiesen sein. Ich bitte Sie deshalb am 28. November mit einem Ja zur Pflegeinitiative dafür einzustehen, dass in Zukunft eine qualitativ gute pflegerische Versorgung in der Schweiz gewährleistet ist und Pflegende ihren Beruf auch so ausüben können, wie sie selbst und die Gesellschaft es von ihnen erwarten.

Madlaina Spinas
28.10.21 - 09:20 Uhr
Leserbrief
Ort:
Chur
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Meiner Meinung nach, hat nicht nur das Pflegepersonal viel geleistet und gute Arbeit gemacht.
Ich denke da auch an das Personal der Post, das Personal in den Verkaufsläden, sowie viele Angestellte in der Logistik.
Auch diesen Personen gehört Dank gesagt, und auch ihnen sollen faire Arbeitsbedingungen geboten werden.
Im Gegenteil zu einem Teil Personal im Spital hatten diese Personen keine Kurzarbeit, und waren laufend gefordert.
Daher kann ich nicht verstehen, dass nun nur das Personal in den öffentlichen Spitälern so hoch gepriesen werden soll.

Natürlich haben alle Angestellten in sogenannten systemrelevanten Berufen während der Pandemie viel geleistet und verdienen mehr Respekt und Wertschätzung!
Das Problem des Pflegenotstands hat aber seinen Ursprung nicht in der Pandemie, sondern in falschen Anreizen in unserem Gesundheitssystem. Carearbeit wirft ökonomisch keinen Mehrwert ab und das ist auch nicht möglich. Pflege kann nicht nach marktwirtschaftlichen Prinzipien funktionieren. Wenn wir gute Pflege wollen, dann geht das nur über eine Verankerung in der Verfassung. Damit Bund und Kantone ihre Verantwortung wahrnehmen. Denn die Unternehmen (Gesundheitsinstitutionen) müssen im Markt bestehen und leider geschieht dies schon Jahrzehnte und insbesondere seit der Einführung des Fallpauschalensystems 2012 immer mehr auf Kosten der Pflege.

Werte Frau Spinas
Ich bin auch Ihrer Meinung. Leider ist es auch bei uns in der Schweiz so, dass beim Klatschen alle von links bis rechts dabei sind und möglichst noch mit Foto erwähnt werden wollen um als Gutmenschen angesehen zu werden. Wenn es aber dann konkret ums Umsetzen der berechtigten Forderungen (welche natürlich nicht gratis zu haben sind) geht, zeigt es sich schonungslos wer Egoist und wer Gutmensch ist. Natürlich bin ich auch der Meinung, dass gewisse Sachen grundsätzlich nicht auf Verfassungsstufe gelöst werden sollten. Aber wenn diejenigen, welche dann doch sehr froh sind dass bei Bedarf ein gut funktionierendes Gesundheitssystem vorhanden ist, aber nach dem Motto <> nichts bezahlen wollen, geht es nicht anders.
Freundliche Grüsse
Franco Giovanoli
Haldenstein

Gerne werde ich zur Pflegeinitiative Ja stimmen, Frau Spinas. Wie Sie auch andeuten, wäre es allzu billig, allfällige Engpässe in der jetzigen Zeit einem einzigen Virus oder gar ungeimpften Personen zuzuschreiben.
Ich bin äusserst besorgt, wie Staat und Medien unablässig Öl ins Feuer giessen und Menschen diskriminieren, die nichts Kriminelles getan haben, sondern sich auf ihre verfassungsmässigen Rechte berufen. Eigentlich sind es die gleichen Politiker, die jetzt eine Zweiklassengesellschaft geschaffen haben, welche es versäumt haben, rechtzeitig für eine gute Gesundheitsversorgung und attraktivere Löhne zu sorgen.

Hallo Martin Hofer
Ihre Meinungen zu lesen erfreut mich immer.
Differenziert und immer auf den Punkt gebracht.
Sie haben natürlich absolut recht und es ist eine Schande, dass der Staat und die Medien sich nur damit beschäftigen, mit ihren unangebrachten Anschuldigungen einen Teil der Menschen zu beschuldigen.
Wenn ich dazu dann noch bedenke, dass diese Damen und Herren vom Volk gewählt wurden um dessen Meinungen zu vertreten, ist der Affront doppelt gross. Haben sie natürlich längst vergessen, und sind nur noch von ihrer Macht besessen.

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