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Kindergartenobligatorium - Verlorene Kindheit oder gesellschaftlicher Mehrwert?

Die Lehrergewerkschaft (LEGR) beschloss an ihrer Jahrestagung für das Kindergartenobligatorium zu kämpfen. Dabei geht es den Lehrern um die Gleichstellung und Anerkennung des Kindergartens mit der Primarstufe. Grund dafür ist der 1. Zyklus des Lehrplans 21. Da werden die Grundkompetenzen des Kindergartens bis Ende der zweiten Primarklasse erworben und überprüft.

Natürlich bedeutet das auch, dass das Lehrerdiplom und die Ausbildung angepasst werden müssen. Und hier stellt sich wirklich die Frage, weshalb eine Lehrperson, welche im Kindergarten unterrichtet, nicht den gleichen Lohn erhalten sollte, wie eine, die in der ersten Primarstufe arbeitet?

Heute besuchen 99% den nicht obligatorischen Kindergarten. Die Kindergärtnerinnen sind wie die Lehrerkollegen an der Weiterbildung zum Lehrplan 21 beteiligt. Seit 2013 ist der Kindergarten im Schulgesetz integriert, u.a. im Art.7.3: «Der Besuch des Kindergartens ist grundsätzlich freiwillig. Die Schulträgerschaft kann den Kindergartenbesuch für fremdsprachige Kinder obligatorisch erklären.»

56.7% der Bürger und Bürgerinnen von Graubünden sagten Nein zu Harmos!
Gegen die ursprünglichen Aussagen der Regierung wurde das Kindergartengesetz ins Schulgesetz integriert. Allerdings hält Alt Regierungsrat M.Jäger in einem Schreiben vom 14.11.2011 ans Komitee zur Botschaft an den Grossen Rat fest: «Der Hauptgrund für die Ablehnung des Konkordatsbeitritts war die frühere Einschulung in Kombination mit dem Obligatorium, den Kindergarten zu besuchen. Die Regierung wird - wiederum aus Respekt vor dem Volksentscheid von 2008 - allfällige Anträge in dieser Richtung in der Grossratsdebatte bekämpfen.»

Die grosse Zustimmung zum Lehrplan21GR ist auch damit begründet, dass von einem Kindergartenobligatorium nie die Rede war. Es hiess ausdrücklich, dass der Lehrplan auf Verordnungsstufe eingeführt wird und das Schulgesetz unangetastet bleibt. Es hiess auch, von Seiten der Lehrergewerkschaft, dass endlich Ruhe in die Schule einkehren wird. Wir leben in einer dynamischen Zeit. Wie eingangs erwähnt, befinden wir uns in der Umsetzungsphase des Lehrplans, wo noch inhaltliche Anpassungen vorgenommen werden können. Deshalb ist nachvollziehbar, dass viele Wählerinnen und Wähler diesen Vorstoss als Affront sehen.
Die Lohngleichheit hat nichts mit der Wahlfreiheit zu tun. Und die Gemeinden sind jetzt schon in der Pflicht, einen Kindergarten zu stellen. Wenn man aber weiss, dass viereinhalbjährige Kids praktisch gleich viel Unterrichtszeit erwartet, wie die Erstklässler, dann werden viele besorgte Mütter aufhorchen. In diesem Zusammenhang bekommt das Wort «Obligatorium» eine neue Bedeutung und die Frage nach der verlorenen Kindheit gewinnt an Brisanz.

Beatrice Conrad-Stucky, Zizers
Präsidentin des Bürgerkomitees "Nein zu HarmoS"

Beatrice Conrad-Stucky
25.09.19 - 11:33 Uhr
Leserbrief
Ort:
Zizers
Zum Artikel:
Kindergartenpflicht, Montag 23.09.19 GR
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Bravo, Beatrice Conrad-Stucky, dieses Kindergarten-Obligatorium finde ich schädlich - in die gegenteilige Richtung sogar müsste es gehen. Die Linksgrünen sollten den demokratischen Totalitarismus nicht am falschen Ort übertreiben, wie beim LED-Licht.
https://www.youtube.com/watch?v=Fui_2JUmU2A
https://www.youtube.com/watch?v=B3qKrf459f8
…………..
https://www.suedostschweiz.ch/politik/2019-09-22/noch-ist-der-kindergar…
Wolfgang Reuss
24.09.2019 - 17:44 Uhr
Der initiierte Kindergartenzwang (zumal eh praktisch überflüssig angesichts behaupteter 99.5-Prozent-Kindergärtner) kostet SP-Nationalratskandidatin Sandra Locher Benguerel meine Stimme. Da kann sie noch so schick aus der Wahlwerbung grinsen. Die Realität zählt.