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Den Spatzen in der Hand oder die Schwalbe auf dem Dach?

Nun ist es soweit, zum ersten Mal in der Geschichte Graubündens treten mehrere Kandidatinnen und Kandidaten gleichzeitig zur Wahl für den Ständerat sowie auch für den Nationalrat an. Ich stehe Neuem nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber, erlaube mir aber es zu hinterfragen und bilde mir dann meine Meinung.
Was bewegt eine Person überhaupt dazu gleichzeitig für zwei Mandate zu kandidieren? Wohlwissend, dass sie nach erfolgreicher Wahl nur Eines ausführen kann.
Im Volksmund heisst es zu Recht, man kann nicht auf zwei Hochzeiten tanzen. In der Politik gilt dieser Grundsatz scheinbar nicht. Man stelle sich einmal vor wenn nach der Hochzeitsnacht der Partner oder die Partnerin mitteilt, sorry, aber die andere Möglichkeit eröffnet mir mehr Chancen.
So abwegig wie es vielleicht den Anschein macht, ist dieser Vergleich gar nicht. Denn auch in der Politik sollten ethische und moralische Werte weiterhin Platz haben.
Da vermag die Aussage, man wolle mit dieser Strategie auch bei den Ständeratswahlen der Bündner Bevölkerung eine Auswahl bieten, mich jedenfalls nicht zu überzeugen. Etwas verändern zu wollen, heisst für mich dort zu kandidieren wo ich aus innerer Überzeugung dabei sein möchte, auch wenn ich mir dabei weniger Chancen ausrechne. Das Risiko aber auf die Wählerschaft abzuwälzen und ihr somit 50 % ihrer Einflussmöglichkeiten zu nehmen, hat mit Risikobereitschaft nichts zu tun. Diese Art von politischem Kalkül ist, obwohl rechtlich möglich, einem Staat in dem die Demokratie als Vorbild für die ganze Welt gilt, nicht würdig.
Darum liebe Bündner Wählerinnen und Wähler, macht von eurem Wahlrecht Gebrauch. Lasst euch aber nicht von undemokratischen, machtgierigen Parteistrategien blenden. Wählt die Kandidatin oder den Kandidaten, die oder der euch am besten in Bern vertreten wird. Wählt die Person aber nur an einem Ort, entweder in den Stände- oder in den Nationalrat. Nur so könnt ihr euren Willen zu 100 % einbringen und nur so gebt ihr nicht jemandem die Stimme, der nach erfolgter Wahl gar nicht antreten will oder kann. Zudem müsst ihr euch nicht den Vorwurf gefallen lassen, politische Bigamie unterstützt zu haben.

Rico Kienz, Grossrat Ramosch

Rico Kienz
27.08.19 - 15:24 Uhr
Leserbrief
Ort:
Ramosch
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Pardon, Herr Kienz, meine Meinung ist diesbezüglich eine andere. Erstens: Ich sehe nicht ein, dass die genannten Auswahlen problematisch sein sollen. Ihre genannten Vergleiche sind m.E doch etwas an den Haaren herangezogen. Zweitens: Jeder Partei steht diese Möglichkeit offen. Gemauschelt kann hier nicht werden. Mir ist ehrlich gesagt eine ganz andere „erlaubte“ Wahlmöglichkeit ein Dorn im Auge (ihnen vielleicht auch, sie wissen, was ich meine...)

Herr Kienz,
danke für Ihren Leserbrief. Ich bin natürlich erstaunt dass sowas überhaupt möglich ist.
Eventuell könnte jemand in einem zusätzlichem Kommentar die Namen der Person und der Partei bekannt geben. Schönen Dank zum Voraus.