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Tribünebeitrag Vogt SOGR von heute 19.10.2018

Bewusste Irreführung

Zum Tribünebeitrag von Hans-Ueli Vogt «Erhalten wir uns unsere bewährte direkte Demokratie!» in der SOGR vom 19.10 2018

Die zur Abstimmung gelangende Volksinitiative beweist gerade, dass unsere direkte Demokratie doch funktioniert, sonst könnten die Initianten gar nicht verlangen, dass Völkerrechtsverträge jederzeit auch gebrochen werden können und dass die EMRK und ihr gerichtlicher Rechtschutz nicht weiter gelten soll. Das tun sie in Tat und Wahrheit, der Vater der Initiative, Hans-Ueli Vogt, verschweigt es aber. Die SVP muss in unserer direkten Demokratie hingegen den Stimmberechtigten auch das Recht belassen, dazu klar nein zu sagen.

Auch sind wir entgegen dem, was die nur so genannte Selbstbestimmungsinitiative, suggeriert, auch in Sachen Völkerrecht selbstbestimmt. Wir bestimmen gemäss den demokratischen Regeln unserer Bundesverfassung, die klar auch in dieser Hinsicht unser höchstes Gesetz ist, selber (!), welches Völkerrecht wir übernehmen und welches nicht. So haben wir selbstbestimmt die zahlreichen für uns als Kleinstaat überlebenswichtigen völkerrechtlichen Wirtschaftsverträge abgeschlossen und ebenso die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und ihren Gerichtshof in Strassburg angenommen. Das Gleiche gilt für das Wiener Abkommen über das Recht der völkerrechtlichen Verträge, das bestimmt, dass kein Staat sich auf sein Landesrecht berufen kann, um abgeschlossene Verträge zu verletzen. Daran müssen wir uns halten und halten wir uns als gute Schweizerinnen und Schweizer auch.

Das Bundesgericht tut nichts anderes als verfassungs- und pflichtgemäss dieses demokratisch gesetzte Recht anzuwenden, wenn es in konstanter Rechtsprechung die Menschenrechte über die Bundesgesetze setzt. Von einem «einsamen» Entscheid allein einer Abteilung des Bundesgerichts kann keine Rede sein. Das weiss Herr Vogt, hat er es in einem Artikel in der SOGR vom 13. August 2018, der dies widerlegt, ja selber zugestanden. Wenn er es weiter behauptet, versucht er bewusst die Stimmberechtigten in die Irre zu führen.

Die Grund- und Menschenrechte sollen uns gerade vor unverhältnismässigen Eingriffen durch Bundesgesetze (wie aktuell z.B. mit einer Überwachung von uns allen als Versicherte im Gesetz, über das wir auch am 25. November abstimmen) schützen. Die Menschenrechte müssen daher stets den Gesetzen vorgehen, sonst würden sie ihren Zweck gar nicht erfüllen. Das Gegenteil zu fordern, ist widersinnig.

Bundesgesetze und Völkerrecht sind gemäss Art. 190 der Bundesverfassung für die Gerichte massgebend, nicht aber diese selber; so unverständlich das auch ist. Daher müssen unsere Gerichte aber Bundesgesetze anwenden, auch wenn sie verfassungswidrig sind. In der gleichen Bestimmung werden das Völkerrecht und damit die völkerrechtlichen Menschenrechtsgarantien wie die der EMRK jedoch ausrücklich neben den Bundesgesetzen als massgebend erklärt. Nur dank dieser Bestimmung in unserer Bundesverfassung können wir uns in der Schweiz genügend gegen unverhältnismässige Eingriffe in unsere Grund- und Menschenrechte wehren. Gerade dieses Abwehrrecht, will die SVP hingegen abschaffen. Dies auch, wenn sie das Gegenteil behauptet.  

Lassen wir uns also nicht in die Irre führen.

Giusep Nay, Valbella

Giusep Nay
19.10.18 - 10:57 Uhr
Leserbrief
Ort:
Valbella
Zum Artikel:
Vogt Tribüne 19.10.2018
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Es ist schon eigenartig, dass gerade die SVP, welche immer vorgibt die Demokratie zu stärken, just diese Bestimmungen und Garanten unseres Rechtsystems eliminieren möchte. Als demokratisch bezeichnet die SVP eben das politische Geschehen dann, wenn es sich in Richtung der "Blocherpartei" bewegt. Alles andere ist Betrug am Volk oder Nichtbeachten des Volkswillens.
Eigenartig, dass nach wie vor viele Schweizer den Glauben aufrecht halten, eine Milliardärs-Partei setze sich für den kleinen Schweizer ein und stärke die Demokratie.
Nun wie Kirchen über Jahrhunderte bewiesen, ist ein schöner Teil des Volks nach wie vor bereit, selbst den gröbsten Unsinn als Wahrheit und Wille Gottes zu erkennen. Wie soll es da bei einer Partei, bei welcher einer sagt "wo Gott hockt" anders sein.