Heavy Metal: Die Musik der Aggressiven?
Metal ist ein sehr umstrittenes Musikgenre. Während es für viele aggressives Geschrei ist, hilft es anderen, ihre Emotionen zu regulieren. Welchen Effekt hat die Musik auf unsere Psyche?
Metal ist ein sehr umstrittenes Musikgenre. Während es für viele aggressives Geschrei ist, hilft es anderen, ihre Emotionen zu regulieren. Welchen Effekt hat die Musik auf unsere Psyche?
«Last Christmas, I gave you my heart ...», tönt es zum zehnten Mal am Vormittag aus dem Radio. Die Adventszeit bringt wieder sehr viele Weihnachtslieder mit. Die einen lieben es, die anderen hassen es, während einige es nicht stört. Um etwas Abwechslung zu bekommen, wechselt man den Sender und plötzlich schreit das Radio einen an. Geräusche, die Tieren ähnlich sind, ertönen und man versteht rein gar nichts. Musik für Aggressive, denken sich einige. Doch dem ist nicht so. Während die Mehrheit kaum nachvollziehen kann, wie Menschen freiwillig solche Musik hören, gibt es genug Hörerinnen und Hörer, welche eine Stütze in dem Genre finden. Denn so negativ behaftet, wie einige glauben, ist Metal nicht.
Was ist Metal eigentlich?
Metal zeichnet sich durch harte Gitarren- und Schlagzeugbelgeitungen, Screaming und melodische Parts aus – sehr allgemein ausgedrückt. Denn Metal ist nicht gleich Metal, es gibt zig Subgenres (Unterkategorien), welche sehr unterschiedlich sind und wovon ein paar für den Ottonormalverbraucher oft nicht als Metal, sondern eher als Rock wahrgenommen werden, wie es auf der Website All about Music heisst.
Das bekannteste Subgenre ist Heavy Metal, was gerne als Überbegriff für Metal benutzt wird, aber nicht für alle sprechen kann. Heavy Metal hat harte Gitarrenriffs, Screaming, vor allem höhere Schreie, aber auch melodische Parts. Judas Priest, Led Zeppelin oder auch Black Sabbath prägten den Sound des Subgenres. Nun gibt es aber noch einige mehr, doch auf diese einzugehen, würde den Rahmen des Artikels sprengen.
Gewaltanpreisende Musik?
Der erste Eindruck von Metal ist für die meisten eher brutal. Laute Gitarren und Schlagzeuge, Geschrei und sogenanntes «Growling». Das reicht, dass viele die Musik als brutal anpreisen. Da die Lyrics einiger Songs von Kriegen, Gewalt, mentalen Probleme oder Tod handeln, unterstreicht es für einige das Image des aggressiven Genres – obwohl das eigentlich nicht stimmt. Ja, einige Texte sprechen schwierige Themen an, doch auch Popsongs tun das. Ist euch mal aufgefallen, was «Foster The People« in «Pumped Up Kicks» singen?
«all the other kids with their pumped up kicks better better run, outrun my gun»
In dem Lied mit der eigentlich spassigen Melodie geht es um einen Jungen, der Zuhause Probleme hat und in der Schule andere Kinder erschiesst. Auch Mainstream-Songs sind nicht so harmlos, beziehungsweise so positiv, wie man denkt. Natürlich sind die Texte in Metal auch nicht immer positiv, doch sie preisen Gewalt nicht an oder fördern dies, wie so mancher meint. Bei Metal wird kein Blatt vor dem Mund genommen, und da es keine «Mainstream» Musik ist – also Musik die ein Grossteil der Menschen hört – muss es nicht allen gefallen, und es werden ernste und schwierige Themen angesprochen.
Metal führt nicht zu Aggressionsproblemen
Die Queensland University in New York veröffentlichte 2015 eine Studie, in der sie untersuchte, ob das Hören von Metal tatsächlich aggressiv macht. Dafür wurden sogenannte «Metalheads» – Menschen, die bevorzugt Metal hören – einer stressigen Situation ausgesetzt, die Wut in ihnen auslösen sollte. Danach durften sie zehn Minuten ihre Musik (bei allen war es Metal) hören. Die Resultate zeigten, dass ihr Puls durch die Musik wesentlich schneller gesenkt wurde, und sie sich beruhigten. Niemand zeigte höheres aggressives Verhalten während des Hörens der Musik. Es muss aber auch erwähnt werden, dass Menschen, die kein Metal hören, sich danach aufgekratzter fühlten. Da spielt der persönliche Musikgeschmack eine Rolle. Einige fühlen sich auch eher aufgekratzt, wenn sie den ganzen Abend Schlager oder Weihnachtslieder hören müssen.
In einer weiteren Studie aus dem Jahr 2018 wurde die Hypothese bestätigt, dass Metal nicht aggressiver macht, sondern gar einen beruhigenden Effekt aufweist.
Wieder eine andere Studie untermalte dies. Diesmal wurden Hörerinnen und Hörer des Genres befragt, die schon seit den 80er-Jahren Metal hören. Das Resultat: Menschen, die schon früh begannen, Metal zu hören, machen sich heutzutage weniger Sorgen um Probleme und scheinen glücklicher zu sein als Menschen, die andere Musikgenres hören und kaum einen Bezug zu Metal haben.
Noch eine Studie
Ein Forschungsteam aus Australien untersuchte 2018 Jugendliche, welche Metal hörten und in der Schule eher untergingen, was zu leichtem oder stärkerem psychischen Stress führte. Dabei zeigte die Studie, dass es nicht nur die Musik war, welche den Jugendlichen half, ihre Emotionen zu verarbeiten, sondern auch die Metal-Community, wie in der Studie nachgelesen werden kann. Die Jugendlichen fühlten sich sicher und gut aufgehoben und sie fanden einen neuen Sozialkreis ausserhalb der Schule. Eine Teilnehmerin erzählte, dass sie nie gemobbt worden sei und auch Zuhause keine Probleme hatte. Ihre Familie sei sehr unterstützend und liebenswert, aber sie sei schon immer eine zurückhaltende und sehr schüchterne Person gewesen, weshalb sie in der Schule nie Anschluss fand. Durch das Hören von Metal, die für sie sehr emotional sei, konnte sie ihre Gefühle regulieren. Nun sei es ihr egal, was andere über sie denken würden.
Ein anderer Teilnehmer erzählte, dass er nach einem langen Schultag, an dem er gemobbt wurde, nach Hause kam und mit dem Beat der Musik auf sein Kissen einschlug, bis er sich beruhigte. War er sauer? Ja, aber das lag nicht an der Musik, sondern an dem schlechten Tag. Das Hören von Metal half ihm, seine Emotionen rauszulassen, bis es ihm besser ging, wie er in der Studie erzählt.
Nicht nur er sah die Musik als eine Art der emotionalen Regulierung, alle Teilnehmenden teilten ähnliche Sichten. Sie konnten den Lyrics mitfühlen und so das Erlebte verarbeiten. Es gab ihnen ein Gefühl von Befreiung.
«I hid myself, to stay alive – Now I'm ready to face my disguise»
Der Liedabschnitt aus dem Song «Disguise» vom gleichnamigen Album der Band Motionless in White ist ein gutes Beispiel dafür, wie der Lyrics zu den Situationen oder Emotionen der Hörerinnen und Hörer räsonieren kann.
Was heisst das nun?
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Hören von Metal einen durchaus positiven Einfluss auf die mentale Gesundheit haben kann. Auch wenn man beim Hören der Musik auf ein Kissen boxt, ist es nicht die Musik, die aggressive Gefühle auslöst. Sie dient als eine Art Unterstützung bei der Emotionsregulierung. Zwar führt Metal zu mehr Aufregung bei «Nicht-Metalheads», das hat aber mit dem eigenen Musikgeschmack zu tun. Also kann man beruhigt Metal hören, ohne Angst zu haben, dass man aggressiv wird. Und wenn wir ehrlich sind, die Musik ist echt cool.
Sina Schröder produziert hauptsächlich Geschichten für «suedostschweiz.ch» und schreibt ab und an auch selbst welche. Sie studiert Multimedia Production und lebt am Bodensee im Kanton St. Gallen. Seit August 2024 ist sie Teil der Medienfamilie Südostschweiz. Mehr Infos
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Ich finde den Text hier…
Ich finde den Text hier falsch.
Dieselbe Diskussion gibts auch betreffend Kriegsvideogames.