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Engpass bei Tiermedikamenten

Lieferengpässe sind in der Humanmedizin ein alltägliches Phänomen. Doch mittlerweile leidet auch die Tiermedizin in Graubünden unter diesem Problem. 

Südostschweiz
23.06.23 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Gesund und munter: Noch gibt es ein breites Angebot an alternativen Präparaten.
Gesund und munter: Noch gibt es ein breites Angebot an alternativen Präparaten.
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Johanna Ambühl, Co-Präsidentin der Gesellschaft Bündner Tierärzte (GBT), sagte gegenüber Radio Südostschweiz, dass die Lieferengpässe in der Tiermedizin hauptsächlich die Verfügbarkeit von Impfstoffen, Hormonpräparaten, Salben und Antibiotika betreffe. Das Problem besteht darin, dass die Medikamente oft erst mit erheblichen Verzögerungen von mehreren Wochen oder sogar Monaten geliefert werden. Es komme auch vor, dass die bestellte Menge nicht vollständig geliefert werde.

Es gibt verschiedene mögliche Faktoren für diese Engpässe. Zum einen könnte sein, dass bestimmte Rohstoffe nicht geliefert werden. Möglich ist auch, dass die Pharmaindustrie bei der Medikamentenherstellung andere Prioritäten setzt, was die Produktion verzögert. Ein weiterer Grund könnte darin liegen, dass Medikamente zurückgehalten werden, weil deren Zulassungen sich nur schleppend entwickeln. Einen Hauptgrund für diese Engpässe kann Johanna Ambühl aber nicht nennen, da dies für die erfahrene Tierärztin nur Spekulation wäre.

Gibt es Verzögerungen bei den Hormonpräparaten, sind häufig Kleintiere wie Hunde und Katzen betroffen. Auch bei Pferdeimpfstoffen kommt es aufgrund unzureichender Mengen zu Lieferverzögerungen. Sind Antibiotika Mangelware, betrifft dies insbesondere Nutztiere wie Kühe, bei denen die Präparate direkt in das Euter injiziert werden. Es gibt momentan aber alternative Medikamente und Impfstoffe, die auf andere Weise verabreicht werden können. Bei den Kühen könnte man beispielsweise durch Injektion in die richtige Vene oder den Muskel eine Alternative einsetzen.

Noch gibt es alternative Präparate

Laut Ambühl hat sich die Situation im Kanton bisher noch nicht so stark zugespitzt, dass Tierärzte nicht mehr auf Alternativen zurückgreifen und die Tiere nicht mehr behandeln können. Dennoch sind die Praxen gefordert, sich organisatorisch und logistisch gut aufzustellen: Es müssen Impftermine verschoben werden, die Praxen müssen Fachwissen haben und flexibel sein, wenn es darum geht, alternative Therapiewege zu gehen. 

Auch Ambühl hat ihre Behandlungsschemen angepasst. Nicht nur aufgrund der Lieferengpässe, sondern auch im Hinblick auf den verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika bei Nutztieren, wie sie gegenüber Radio Südostschweiz sagt.

Ambühl warnt davor, dass eine Verschärfung der Engpässe schwerwiegende Folgen für die Tiermedizin und die Tiergesundheit haben könnte. Aus der Sicht des Tierschutzes wäre das fatal, weil die Tiere nicht mehr angemessen behandelt werden könnten, insbesondere wenn beispielsweise Antibiotika nicht mehr verfügbar wären. Dies könnte dazu führen, dass Tiere eingeschläfert werden müssten oder längere Leidenswege hätten.

Auch wirtschaftlich gesehen wären die Auswirkungen erheblich, da Landwirte auf gesunde Nutztiere angewiesen sind, um Lebensmittel wie Fleisch und Milch produzieren zu können. Eine Unterversorgung könnte zu erheblichen wirtschaftlichen Einbussen und dem Einschläfern der Tiere führen.

Ambühl betont, dass das Ausweichen auf alternative Medikamente eine mögliche Lösung darstelle. Tierärzte können dabei auf eine breite Palette von Antibiotika zurückgreifen, sofern sie über das entsprechende Fachwissen verfügen. 

Eine enge Kommunikation zwischen den Tierarztpraxen ist zusätzlich sehr wichtig, damit sich die Praxen gegenseitig mit Medikamenten aushelfen können. Wenn eine Praxis beispielsweise ein bestimmtes Medikament nicht mehr erhält, kann eine andere möglicherweise aushelfen. Gemäss Ambühl funktioniert die Zusammenarbeit unter den Tierarztpraxen im Kanton Graubünden momentan gut. (vop/vos)

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