WEF-Zeit: Kinder nutzen die leeren Pisten
Kinder aus Davos sind diese Woche auf der Piste. Eine Win-Win-Situation. Sie machen Sport und entfliehen gleichzeitig dem WEF-Trubel.
Kinder aus Davos sind diese Woche auf der Piste. Eine Win-Win-Situation. Sie machen Sport und entfliehen gleichzeitig dem WEF-Trubel.
von Jasmin Schnider und Kristina Schmid
Während des World Economic Forums (WEF) sind die Pisten in Davos leer. Schliesslich hat es dort oben in den Bergen auch keinen Platz für Touristen. Alle Betten sind belegt, die Hotels voll – und zwar mit den Reichen und Mächtigen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, die am WEF die Weltlage diskutieren. Das sorgt für überfüllte Strassen, dichten Verkehr und jede Menge Gewusel im Dorf. Die Kinder, die in Davos in den Kindergarten und zur Schule gehen, können diesem Treiben für drei Tage entfliehen. Statt zur Schule können sie dank des Projekts «Ab auf die Piste» mit den Ski auf den Schnee.
Kurz vor neun Uhr herrscht beim Bolgen Plaza im Skigebiet Jakobshorn in Davos ebenfalls ein Gewusel. Nur wird hier nicht über Krieg und Krisen diskutiert, sondern über den Znüni und die besten Schanzen. Es sind Kinder der Volksschule Davos, die da versammelt sind. Vanessa Egger ist Lehrerin in Davos und sitzt im Organisationskomitee, das dieses Projekt jeweils plant. Ein grosses Unterfangen, sind immerhin gut 250 Kinder dabei. «Dann gibt es Kinder, die haben vielleicht etwas Angst, weil sie das erste Mal dabei sind», sagt Egger. «Aber am Schluss, und so war es die Jahre zuvor, kam immer alles gut. Und es ist das achte Mal, dass wir das durchführen.»
«Eine geniale Idee»
Gegen neun Uhr hat auf dem Bolgen Plaza jedes Kind seine Gruppe gefunden. Die vielen Grüppchen sind über den ganzen Platz verteilt – entsprechend ihren Fähigkeiten auf den Ski, also ihrem Niveau. «Im ersten Kindergarten fragen wir die Eltern, welches Niveau die Kinder haben. Und ab da übernehmen die Skilehrer die Einteilung», erklärt Egger. Dabei gibt es Kinder, die ihre ersten Versuche auf den Ski machen – also noch im Kinderland sind – und solche, die bereits die schwarzen Pisten fahren können. «Wir haben sie alle», sagt Egger.
Mauro ist einer der Jungs, die im Kinderland unterwegs sind. «Gestern waren wir ganz oben, das hat viel Spass gemacht. Und heute freue ich mich darauf, Bügellift zu fahren. Falls wir gehen.» Die Kinder sind froh, können sie in den Schnee, auf die Piste und müssen nicht die Schulbank drücken. Und ein Skilehrer, der zum ersten Mal bei der Aktion dabei ist, sagt: «Man merkt, dass es Kinder aus der Region sind. Man merkt, dass sie oft auf der Piste sind. Und das macht es schon einfacher.» Dass die Kinder zum einen Sport machen und zum anderen dem WEF-Trubel entfliehen, bezeichnet der Skilehrer als Win-Win-Situation. «Dieses Projekt ist wirklich eine geniale Idee.»
Weg vom Verkehr
Das Projekt «Ab auf die Ski» findet bereits zum achten Mal statt. Und Lehrerin Egger erklärt, dass es wegen des Verkehrs in Davos seinen Anfang fand. «Die Kinder sind dem Verkehr so ausgesetzt während des WEF. Weil es wirklich unglaublich viele Autos hat. Wir haben jeweils so langen Stau, dass man von Davos Platz nach Davos Dorf 45 Minuten benötigt.» Ausserdem wollte das OK nutzen, dass es während des WEF sonst keine Touristen in Davos hat. «Die Kinder haben die Pisten deshalb für sich alleine. Das war auch noch ein Gedanke dabei.» Ausserdem wollten sie so allen Kindern aus Davos zumindest die Möglichkeit geben, Ski oder Snowboard zu fahren.
Viertklässlerin Joya geniesst die Skiwoche in vollen Zügen und fährt gerne mal durch den Tiefschnee oder über Schanzen. So auch ihre Kollegin Jill. «Ich weiss nicht genau, was das WEF ist. Aber ich bin froh, müssen wir deshalb nicht in die Schule. Es hat wirklich viel Verkehr und ich hatte Angst, wenn ich über den Fussgängerstreifen musste. Darum bin ich froh, können wir hier Skifahren.» Und während die beiden ihren nächsten Lift nehmen, geniesst Ennio derweil in einem Restaurant seinen Znüni. Es gibt Darvida und einen Schokoladenriegel, den er in den Punsch tunkt. «Das ist lecker», sagt er. Jeden Tag gibt es für die Kinder einen Znüni und ein Mittagessen. So können sich die Kinder drinnen aufwärmen und Energie tanken, um weiter Skifahren zu können.
Projekt hat viele Unterstützer
Der Grund, weshalb dieses Projekt überhaupt erst stattfinden kann, sind die vielen Sponsoren, wie Egger sagt. «Wir haben viele und grosszügige Sponsoren.» Geschäfte, Sportgeschäfte, Institutionen, Organisationen, Bergrestaurants, Bergbahnen, Skischulen – sie alle würden das Projekt finanziell mitunterstützen. «Andernfalls wäre das gar nicht möglich.»
Luca Bachmann, Geschäftsführer der Jatzhütte in Davos, ist einer dieser Sponsoren. Zwar ist die Jatzhütte eigentlich ein bekannter Après-Ski-Ort. Nun kehren dort Kinder ein und aus. Bachmann findet das super. «Das sind ja unsere Gäste von morgen. Und während des WEF ist sowieso weniger los bei uns in den Bergen und deshalb sind wir froh, können wir bei diesem Projekt mitmachen. Toll, haben die Davoser Schulen das ins Leben gerufen.»
RSO-Redaktorin Jasmin Schnider hat die Kinder an einem Tag auf den Ski begleitet. Dabei hat sie mit Lehrpersonen, Geschäftsführern und den Kindern sprechen können. All die Zitate aus diesem Beitrag stammen aus ihrer Reportage, die Ihr hier nachhören könnt:
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