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Nirgendwo in Davos

Können Utopien enden? Diejenige vom Davos Festival 2024 muss es dereinst tun: Am Samstag, 17. August endet die diesjährige Ausgabe mit einem grossen Finalkonzert.

Davoser
Zeitung
17.08.24 - 07:00 Uhr
Kultur
Otrava beim Late Night Konzert Nachtschwärmer im Kongress.
Otrava beim Late Night Konzert Nachtschwärmer im Kongress.
zVg/Davos Festival (Akvilė Šileikaitė)
Bevor es so weit ist, geht es aber am Freitag, 16. August noch nach «Nirgendwo»; benannt nach dem gescheiterten Theaterprojekt des Künstlerehepaars Rita und René Strohl. Eine Art zweites Bayreuth hätte es werden sollen, in Bièvres nahe Paris, wo auch Victor Hugo sein Haus hatte; und ein Ort hätte es werden sollen, an dem die Werke der hochbegabten Komponistin Rita Strohl aufgeführt werden konnten. Das Paar kam nie über die Planungsphase hinaus, der erste Weltkrieg zerstörte seine Pläne vollends, und Strohl geriet in Vergessenheit. Das Konzert am 16. August ist eines der ersten, welches ihre Werke wieder aufnimmt. Die Mezzosopranistin Isabelle Pfefferkorn und der Pianist Milosz Sroczynski nehmen sich drei Stücken aus dem Zyklus «Dix Poésies mises en musique» aus dem Jahr 1901 an.

Daneben werden auch Werke von Philippe Hersant, Dora Pejaˇcevi´c und Wolfgang Rihm aufgeführt, welcher erst letzten Monat seinem langen Krebsleiden erlag. Das Trio Orelon um Judith Stapf (Violine), Arnau Rovira i Bascompte (Cello) und Marco Sanna (Piano) spielt als ungeplante Hommage Rihms «Fremde Szene III» aus dem gleichnamigen Zyklus, den er einst selbst als «Versuche über Klaviertrio» untertitelte.

Neben dem Konzertbetrieb haben Besucherinnen und Besucher auch gegen Ende des Festivals noch einmal die Gelegenheit, von den Gratisangeboten des Festivals zu profitieren; beispielsweise findet am 16. August das letzte Mal ein Offenes Singen statt. Von 10 bis 10.30 Uhr können Singfreudige mit der jungen Luzerner Dirigentin Lea Stadelmann im Kulturplatz Davos ihre eigene Stimme erforschen. Auch der Imagine-Soundwalk im Kurpark, der individuell begangen werden kann, ist noch bis am letzten Tag geöffnet.

Am 17. August endet das Festival dann wie eingangs erwähnt mit einem grossen Festkonzert; Titel: «Die Sonnenstadt». Damit ist nicht Sion gemeint (laut SRF-Meteo-Statistik die sonnigste Stadt der Schweiz; Davos landet im Ranking auf einem stabilen 13. Platz), sondern die Schrift «La città del Sole», eine der allerersten politischen Utopien aus dem Jahr 1602. Der Verfasser war ein Dominikanermönch namens Tommaso Campanella, der für seine bis heute revolutionären Ideen – vier Stunden Arbeit pro Tag und die Abschaffung des Privateigentums – in den Kerker des Vatikans wanderte. Zwanzig Jahre musste er darin verbüssen, etwas ironisch, da er in seiner Schrift unter anderem eine päpstliche Universal­monarchie andachte.

Im Schlusskonzert erklingt zunächst die Komposition «Hamlet-Echoes» von Christian Jost, gesungen von Isabel Pfefferkorn und begleitet von Julia Wawrowska (Viola) und Josefa Schmidt (Klavier). Dieselbe Konstellation nimmt sich anschliessend dem Werk von Johannes Brahms an; darunter «Gestillte Sehnsucht»; ein Titel, der kaum passender für das Schlusskonzert von «Utopia» sein könnte. Abgerundet wird «Die Sonnenstadt» mit dem Klaviertrio in Es-Dur von Franz Schubert, dessen Schlusssatz sich über fast 750 Takte zieht und die Utopien noch ein letztes Mal hochleben lässt. Im Anschluss an das Konzert folgt eine grosse Abschlussfeier mit allen Festivalfreundinnen und -freunden sowie den Young Artists, die das diesjährige Festival in eine wahre Utopie verwandelt haben.

Und nach dem Ende der Utopie? Da heisst es, die Musik zu verdauen und dann: Warten und die Vorfreude geniessen. Für das Jahr 2025 ist die 40. Ausgabe des Davos Festival geplant.

Anna-Barbara Winzeler schreibt für Davos Festival

Tjasha Gafner im Konzert Einsame Insel im Kongresszentrum.
Tjasha Gafner im Konzert Einsame Insel im Kongresszentrum.
zVg
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