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«In einem fremden Land» über Israels zerrissene Gesellschaft

«In einem fremden Land» ist Alfred Bodenheimers zweiter Jerusalem-Krimi um Polizeipsychologin Kinny Glass. Der Autor nimmt darin seine Leserschaft mit in Israels zerrissene Gesellschaft. Das Buch hat aber einen Haken: Die Aktualität hat die Literatur überholt.

Agentur
sda
25.04.24 - 07:00 Uhr
Kultur
Alfred Bodenheimer ist Professor für Jüdische Literatur- und Religionsgeschichte an der Universität Basel und zugleich Autor zahlreicher Krimis. "In einem fremden Land" heisst sein jüngster. Darin zeigt er eine Innensicht auf Israel unter der Regierung…
Alfred Bodenheimer ist Professor für Jüdische Literatur- und Religionsgeschichte an der Universität Basel und zugleich Autor zahlreicher Krimis. "In einem fremden Land" heisst sein jüngster. Darin zeigt er eine Innensicht auf Israel unter der Regierung…
Handout: Kampa Verlag/Peter Feenstra

Uriah Zunder liegt tot am Fuss einer Klippe in Zypern. Er war Chef der Bereitschaftspolizei in Jerusalem und sollte in Kürze zum Distriktkommandanten aufsteigen. Vor seiner Abreise nach Zypern war er bei der Polizeipsychologin Kinny Glass in der Praxis gewesen.

Sie ist es denn auch, die Ungereimtheiten an der offiziellen Version der Todesumstände findet - es soll Suizid gewesen sein. Glass stellt selber Nachforschungen an. Soweit ist der Krimi recht konventionell.

Interessant ist die Geschichte aus einem anderen Grund. Jener Uriah Zunder hat sich zusehends zum scharfen Hund entwickelt, seine Untergebenen dazu gedrängt, auch präventiv auf Menschen zu schiessen, wenn sie nur schon Terroristen sein könnten.

Die Leserin und der Leser sind augenblicklich mittendrin in einer Gesellschaft, deren «Minister erklären, man solle arabische Dörfer auslöschen», so Glass. Mittendrin in einer Gesellschaft, die «einer Massenpsychose» verfallen ist. Deren eine Hälfte demonstriert für Freiheit, die andere steht hinter der Regierung aus Hardlinern. Und beide Lager stehen einander unversöhnlich gegenüber. «Wie lange würde der Druck im Kessel weiter steigen, bis er explodierte?», fragt die Erzählstimme im Buch.

Der Autor Alfred Bodenheimer, hauptberuflich Professor für Jüdische Literatur- und Religionsgeschichte an der Universität Basel, pendelt zwischen der Schweiz und Israel; dort lebt seine Familie. Mit seinen Krimis, den früheren über die jüdische Gemeinde in Zürich, wie auch den jüngsten aus Jerusalem, gelingt es ihm, seinem Lesepublikum jüdisches Leben und Denken zu vermitteln. In «In einem fremden Land» lernen hiesige Leserinnen und Leser Menschen in Israel kennen, deren Gedanken- und Lebenswelt in den Medienberichten über Israel zumeist nicht auftaucht.

Geschrieben hat Bodenheimer seinen jüngsten Jerusalem-Krimi im Juli und August 2023, zu einer Zeit als nicht zuletzt die Justizreform der Regierung Netanjahu weite Teile der Bevölkerung im Protest auf die Strasse trieb. Nur wenige Wochen später, am 7. Oktober 2023, hat die Hamas israelische Bürgerinnen und Bürger überfallen, ermordet und entführt. Er folgten der Gaza-Krieg und die direkte offene Konfrontation zwischen Iran und Israel. Obwohl es nur ein dreiviertel Jahr her ist, dass Bodenheimer seinen Roman geschrieben hat, hat ihn die Aktualität überholt. Die Geschichte ist historisch.

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