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Telefonschnur und Stöckelschuhe

Eine Frauenstimme und ein Klavier, das ist die kleinstmögliche Besetzung für Francis Poulencs Monooper «La voix humaine». Am Dienstag,16. August, um 20.30 Uhr erklingt sie beim Davos Festival im mondänen Salon des Hotels Schatzalp. Das Werk ist eigentlich für eine Frau in einem Schlafzimmer geschrieben, doch Regisseurin Hélène Schweitzer fühlt sich inspiriert.

Davoser
Zeitung
17.08.22 - 06:49 Uhr
Kultur
Sopranistin Hélène Walter ist die Protagonistin in der Monooper «La voix humaine» am Dienstag auf der Schatzalp. Hier beim Gratis-Konzert «Offene Bühne» vergangene Woche.
Sopranistin Hélène Walter ist die Protagonistin in der Monooper «La voix humaine» am Dienstag auf der Schatzalp. Hier beim Gratis-Konzert «Offene Bühne» vergangene Woche.
Davos Festival/Yannick Andrea

«Wie würde sich das Verhalten der Figur ändern, wenn sie an einem öffent­lichen Ort wäre und wüsste, dass man sie beobachtet? Gewiss wäre sie noch verletzlicher, als sie ohnehin angelegt ist.» Die namenlose Frau hält einen Telefonhörer ans Ohr. Aus den immer wieder abbrechenden Gesprächsfetzen erfährt das Publikum, dass ihr Geliebter sie verlassen hat und nun eine andere heiraten wird. Um die Verzweiflung der Frau bis ins Äusserste zu zeigen, braucht es tiefes Vertrauen zwischen Regisseurin und Sängerin. «Mit Hélène Walter ist eine wunderbare Zusammenarbeit entstanden. Der Charakter in ‹La voix humaine› ist besonders komplex, fragil bis zum Äussersten. Die Sängerin muss gleichzeitig subtil und pathetisch klingen, aber auch zerbrechlich», sagt die Regisseurin, und das hätten sie sorgfältig erarbeitet. «Einen entscheidenden Part spielt aber auch der Pianist. Mit dem wunderbaren Dominic Chamot ist es uns gelungen, dem Werk noch tiefere Emotionen einzuträufeln. Ich glaube, wir Drei sind ein wunderbares Team.»

Märchenstunde

Die wandelbare Pianistin Alice Burla lädt am Mittwoch, 17. August zur Märchenstunde «Es war einmal» ins Kongresszentrum ein. Dort interpretiert sie zusammen mit Samuel Niederhauser Leoš Janáceks Märchen für Klavier und Violoncello. Für Romantiker wie Janácek oder auch Robert Schumann bildeten Märchenbilder und Fantasiestücke einen wichtigen Teil ihres kompositorischen Schaffens. Aber auch zeitgenössische Komponistinnen und Komponisten besinnen sich auf die alten Geschichten und hauchen ihnen neues Leben ein. So rahmt Jörg Widmanns Komposition «Es war einmal» von 2015, ein prachtvoller, geräuschhafter und warm instrumentierter Bilderbogen für Viola, Klarinette und Klavier, den Abend. «Das Schöne ist ja, dass es bei wortlosen Geschichten kein Richtig und Falsch gibt und jeder Mensch sich sein eigenes Märchen zusammenreimen kann», sagt dazu Intendant Marco Amherd. Die niederländische Komponistin Mayke Na hat «Cinderella» vertont, gespielt von Marianna Bednarska – mit Stöckelschuhen! «Die Schuhe spielen dabei nicht nur als ein Attribut Aschenputtels eine wichtige Rolle», erklärt sie. «Die Komponistin fordert die Fantasie, weil die Performance zwar aus Handbewegungen besteht, aber Fussbewegungen suggerieren soll. Durch die tanzenden High Heels entsteht ein märchenhaftes Narrativ.» Im Publikum werden diesmal besonders junge Gesichter erwartet, Schülerinnen und Schüler der SAMD haben im Musikunterricht und einem Workshop im Rahmen des Festivalprogramms «Davos Festival macht Schule» das Thema «Romantik» erforscht.

Für Experten

Hoffentlich kommen die jungen Leute gleich am nächsten Abend wieder, denn hier ist ihr Expertentum gefragt – beim «Liken, Teilen & Followen», so der Konzerttitel am Donnerstagabend. Bei der Eigendarstellung in sozialen Medien macht kaum jemand Halt vorm Schummeln. Mit Bildern, mit dem quasi-live minutiös gewählten Zeitpunkt eines Posts oder Tweets. Diesem Zeitgeist hat Caroline Charrière nachgespürt, sagt Marco Amherd. Für ihn gehört die Fribourger Komponistin zu den wichtigsten Schweizer Komponistinnen des 21. Jahrhunderts. «Ihre Werke tragen stets eine klare Handschrift und überzeugen durch ihre Vielseitigkeit.» Charriéres «Le Temps» für Streichorchester gehört für Amherd zu den Highlights des diesjährigen Programms.

Alle Infos, das ganze Programm undTickets auf www.davosfestival.ch.

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