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Russischer Künstlerin drohen mehr als drei Jahre Straflager

Die russische Künstlerin Julia Zwetkowa soll wegen der Zeichnung weiblicher Geschlechtsorgane nach dem Willen der Staatsanwaltschaft für drei Jahre und zwei Monate ins Straflager. Vorgeworfen wird der 29-Jährigen die Herstellung und Verbreitung von Pornografie, wie ihre Mutter Anna Chodyrewa am Dienstag bei Facebook mitteilte. Das Gericht in Komsomolsk am Amur im äussersten Osten Russlands will nach dem Schlusswort Zwetkowas am 17. Juli das Urteil verkünden.

Agentur
sda
14.06.22 - 18:30 Uhr
Kultur
ARCHIV - Die russische Künstlerin Julia Zwetkowa soll wegen der Zeichnung weiblicher Geschlechtsorgane nach dem Willen der Staatsanwaltschaft für drei Jahre und zwei Monate ins Straflager. Foto: Ulf Mauder/dpa
ARCHIV - Die russische Künstlerin Julia Zwetkowa soll wegen der Zeichnung weiblicher Geschlechtsorgane nach dem Willen der Staatsanwaltschaft für drei Jahre und zwei Monate ins Straflager. Foto: Ulf Mauder/dpa
Keystone/dpa/Ulf Mauder

Maximal drohen der Feministin in dem von internationalen Menschenrechtsorganisationen als Justizwillkür kritisierten Strafverfahren bis zu sechs Jahre Haft. Die bekannte Aktivistin Zwetkowa kassiert in Russland seit Jahren Strafen, weil sie etwa gleichgeschlechtliche Paare mit Regenbogen-Motiven malt. Und sie erhält massenhaft Morddrohungen, wie sie der Deutschen Presse-Agentur vor Prozessauftakt gesagt hatte.

Die nun beanstandeten Bilder gehören zu einer Sammlung mit dem Titel «Eine Frau ist keine Puppe», die sie in sozialen Netzwerken verbreitet hatte. Viele prominente Russen aus dem Show- und Mediengeschäft, Menschenrechtler und Politiker hatten das Vorgehen der Justiz gegen die Künstlerin verurteilt. Bei Strassenprotesten kam es immer wieder zu gewaltsamen Festnahmen.

Ihre Zeichnungen sieht Zwetkowa wie auch viele Kunstexperten, die auf Gemälde grosser Meister von nackten Frauen in den Museen der Welt verweisen, nicht als Pornografie. Die Aktivistin aus der Region Chabarowsk ist auch für ihren Einsatz für die Rechte von Schwulen, Lesben, Bi-, Trans- und Intersexuellen (LGBTI) landesweit bekannt.

Es gebe viel Hass gegen sie und ihre Mutter, hatte sie der dpa einmal gesagt. «Das ist schwer auszuhalten. Gedroht wird, uns zu erschiessen oder zu verbrennen.» Die Menschenrechtsorganisationen Memorial und Amnesty International haben Julia Zwetkowa offiziell auf die Liste der politisch Verfolgten gesetzt.

Das Verfahren läuft bereits seit November 2019. Rund vier Monate hatte sie in Hausarrest verbringen müssen, bevor sie unter der Auflage, die Stadt nicht zu verlassen, aus der Wohnung gehen durfte. Zu Prozessauftakt im vergangenen Jahr hatte Zwetkowa sich auch in Hungerstreik begeben.

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