Die Grosse Stube als Zeitmaschine
Es ist ein «dicker Schinken», den der Historiker Florian Hitz vom Institut für Kulturforschung Graubünden zu übersetzen und zu editieren hatte: Ulrich Campells Beschreibung des alpinen Rätien von 1573. Viel Platz nahm darin auch die Beschreibung des Landwassertals ein.
Es ist ein «dicker Schinken», den der Historiker Florian Hitz vom Institut für Kulturforschung Graubünden zu übersetzen und zu editieren hatte: Ulrich Campells Beschreibung des alpinen Rätien von 1573. Viel Platz nahm darin auch die Beschreibung des Landwassertals ein.

«Wenn es um die Geschichte von Davos geht, spricht man heute viel von der Zeit des Aufstiegs als Kurort. Die Zeit in den Jahrhunderten vorher sind aber ebenfalls spannend und nicht unbedeutend», konstatierte Landammann Philipp Wilhelm im Rahmen seiner Eröffnungsrede. Nicht nur ihn interessierte es, was Ulrich Campell anno 1573 über Davos zu erzählen wusste. Rund 30 Personen liessen es sich am letzten Donnerstag nicht entgehen, die Lesung zum Thema «Campell im Landwassertal» zu besuchen. Der Durchführungsort – die Grossen Stube – wurde dabei nicht zufällig gewählt. Denn der schmucke Raum wurde 1564 – also nur wenige Jahre vor Campells Besuch – neu erbaut, nachdem das alte Rathaus einem Brand zu Opfer gefallen war. Und siehe da: Die erste architektonische Beschreibung der von Landschreiber Hans Ardüser geschaffenen Stube ist in Campells «Historia Raetica» zu finden.

Um ebendieses Werk – im Original auf Latein – ging es dann bei der Lesung. Es liege nun zum ersten Mal in einer integralen, auf dem Manuskript aufbauenden Version vor, und diese sei sogleich auch die erste vollständige sowie kommentierte Ausgabe. Zuständig dafür war der Klosterser Florian Hitz. Während er im Rahmen der Lesung auf die historischen Kontexte einging, gab der Aroser Schauspieler Christian Sprecher einige Textpassagen aus der Übersetzung zum besten. Manch ein Zuhörer wurde so auf eine Zeitreise mitgenommen in ein Davos vor sage und schreibe 450 Jahren.
Vom fischreichen See und der warmen Stube
Campell – ein Unterengadiner Theologe – geht zu Beginn seiner Davos-Ausführungen auf die Beschreibung der Landschaft ein. Die Täler, die Bäche und der See werden erwähnt. Letzterer sei übrigens besonders fischreich gewesen. Auch die Erwähnung der verschiedenen Kirchen durfte nicht fehlen. Diese sind ja in Davos auch nach der Reformation meist Heiligen gewidmet. Campell als Reformierter hatte aber durchaus Verständnis für diese Tatsache. Und – wie erwähnt – erfolgte unter anderem auch eine Beschreibung der Grossen Stube. Der Begriff «Stube» beziehe sich übrigens auf einen beheizbaren Raum, erklärte Hitz, und verwies auf den prächtigen Kachelofen. Dieser sei übrigens Teil eines im 16. Jahrhundert weitverbreiteten «höheren architektonischen Repräsentations-Aufwandes».
Campell betätigte sich in seinem Werk zudem selbst als Historiker und ging auf die Besiedlung des Tals ein. Auch zu den verschiedenen Flurnamen stellte er einige etymologische Theorien auf, die aber teilweise durch heutiges Wissen widerlegt sind. Schlussendlich werden auch die Davoser – Männer wie Frauen – charakterisiert. Beschreibungen, die bei der Zuhörerschaft für viel Heiterkeit sorgten.
