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Grösstes Kunstwerk von Hans Krüsi vom Bahndepot ins Museum geholt

Mit der Ausstellung «Krüsi am Zug» erinnert das Museum im Lagerhaus in St. Gallen an das grösste Werk des Ostschweizer Malers Hans Krüsi (1920-1995). Vor 30 Jahren bemalte der international bekannte Art Brut-Künstler einen Bahnwagen.

Agentur
sda
03.03.22 - 15:08 Uhr
Kultur

1992 erhielt Krüsi von den Appenzeller Bahnen den Auftrag, einen Bahnwagen zu bemalen. «Einen Monat lang wurde er täglich von einem Bahn-Mitarbeiter abgeholt und zum Depot nach Herisau gefahren», sagte die Ausstellungs-Kuratorin Geraldine Wullschleger am Donnerstag vor den Medien.

Im Bahnhofs-Café habe Krüsi erst gefrühstückt, bevor er sich dann an die Arbeit machte. Neun Blechtafeln wurden rund um den Velowagen montiert, die Krüsi mit Motiven des Appenzellerlandes bemalte.

Sein Honorar für die Auftragsarbeit war ein lebenslanges 1. Klasse-Billet und die Auszeichnung zum 1. Ehrenfahrgast der Appenzeller Bahnen.

Liebe zum Appenzellerland

Im Oktober 1992 wurde der fertig bemalte Zug aus dem Bahndepot gefahren und eingeweiht. Ein halbes Jahr lang rollte der Velowagen durch die Gegend. Danach verschwanden die Tafeln für 30 Jahre im Bahndepot in Herisau.

In der Ausstellung «Krüsi am Zug» werden die Tafeln erstmals wieder öffentlich zu sehen sein. Es sei ein aussergewöhnliches Werk, das der Künstler im Alter von 72 Jahren geschaffen habe. «Darin kommen seine kulturelle und regionale Verwurzelung wie auch seine Liebe fürs Appenzellerland besonders stark zum Ausdruck», so Wullschleger.

Der Wagen war während der Fahrt Sonne, Wind und Wetter ausgesetzt. Die Tafeln seien in erstaunlich gutem Zustand, sagte Museumsleiterin Monika Jagdfeld. Sie stünden als Vehikel für Krüsis Kunst, in der Ausstellung umrahmt von weiteren Darstellungen von Landschaft, Natur, Mensch und Tier.

Vom «Blumenmannli» zum gefragten Künstler

«Ich musste fast das ganze Leben unten durch», erzählt Krüsi in einem Filmausschnitt. 1920 in Zürich geboren, wuchs er bei Pflegeeltern und im Waisenhaus in Speicher AR auf und schlug sich bis 1948 als Knecht und Gärtnereigehilfe durch.

Bahnfahren hatte einen wichtigen Stellenwert in seinem Leben. Ab 1948 fuhr er über 30 Jahre lang fast täglich mit dem Zug von St. Gallen nach Zürich. Krüsi hatte sich als Blumenverkäufer mit einem Stand an der Zürcher Bahnhofstrasse selbständig gemacht und war als «Blumenmannli» stadtbekannt.

Zu malen begonnen hatte der Autodidakt erst 1975. Anfänglich bot er seine Zeichnungen auf Postkarten und Servietten zum Kauf an oder verschenkte sie Blumenkäufern oder Mitreisenden im Nachtzug. Bald ging er dazu über, seine Bilder auf alles zu malen, was als Untergrund möglich war, vom Packpapier bis zur Milchpackung.

1981 entdeckte ihn und seine geliebten Kühe die Kunstwelt und fast über Nacht wurde er berühmt. 1990 zeigte das Museum im Lagerhaus die erste Retrospektive. Hans Krüsi blieb aber zeitlebens ein Aussenseiter und kämpfte mit gesundheitlichen Problemen.

Bedeutender Nachlass

Seine Themen reichten von Ansichten seines Wohnquartiers über die Zürcher Bahnhofstrasse bis hin zu Menschen und Tieren. Die Bilder sind aber weit von einer naturalistischen Darstellung entfernt. «Krüsi malte oft zuerst farbige Flächen und erkannte darin dann Tiere und Gestalten, die er schwarz umrandete», so die Kuratorin.

Heute zählt er zu den bedeutendsten Art-Brut-Künstlern. Auch in Paris und New York habe es Ausstellungen gegeben, erklärte Wullschleger. In Japan würden für Krüsi-Bilder hohe Summen bezahlt. Der Nachlass mit über 4000 Werken des 1995 verstorbenen Künstlers wird im Kunstmuseum Thurgau aufbewahrt und gepflegt.

Die Ausstellung «Krüsi am Zug» im Museum im Lagerhaus in St. Gallen dauert vom 6. März bis 10. Juli 2022.

www.museumimlagerhaus.ch

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