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«A Chair and You» - Robert Wilson macht Stühle zu Schauspielern

Das kantonale Designmuseum mudac auf dem Gelände der Plateforme 10 in Lausanne stellt in seiner ersten Ausstellung den Stuhl ins Zentrum. «A Chair and You» inszeniert Stühle wie ein Schauspiel mit Bühnenbildern.

Agentur
sda
26.10.22 - 16:53 Uhr
Kultur

«Es ist keine Ausstellung, sondern ein Schauspiel», sagte Chantal Prod'Hom, Kuratorin und Direktorin des Musée cantonal de design et d’arts (mudac), am Mittwoch vor der Presse. Lichtspiele, Musik und Geräusche, hängende oder auf Tribünen platzierte Stücke: Die Stühle bewegen sich zwar nicht, aber sie werden inszeniert.

Inszenierung von Robert Wilson

Für «A Chair and You» hat das mudac zwei renommierte Persönlichkeiten zusammengebracht: den Genfer Sammler, Verleger und Immobilienverwalter Thierry Barbier-Mueller und den amerikanischen Regisseur und Künstler Robert Wilson. Aus der Sammlung von Barbier-Mueller stammen die Stühle, hinter der Inszenierung steckt Wilson.

Bob Wilson, wie er auch genannt wird, sprach vor den Medien weniger von Inszenierung als mehr von einer Choreografie: Er denke immer zuerst über das Licht nach, das Teil der Inszenierung sei, und dann über den Ton. Dann kämen die Objekte: «Stühle sind Skulpturen», sagte er, der ebenfalls seit vielen Jahren sammelt. 1968 schuf er seinen ersten Stuhl, der auch in der Sammlung Barbier-Mueller zu finden ist.

Der Genfer wiederum trägt seit den späten 1990er Jahren unzählige Stuhl-Objekte zusammen. Mehr als zwanzig Jahre lang hat er dieser Leidenschaft im Stillen gefrönt. 650 Objekte umfasst seine Sammlung inzwischen, Stühle von Kunstschaffenden, Designerinnen und Architekten. Sie gilt als eine der weltweit grössten Privatsammlungen. Mit «A Chair and You» präsentiert er die Werke erstmals der Öffentlichkeit.

Von skurril...

Der Rundgang durch die Ausstellung beginnt in einem hellen, weissen Raum, in dem fröhliche Musik erklingt. Hier sind die buntesten und skurrilsten Stücke der Sammlung versammelt: ein verformter roter Stuhl beispielsweise oder eine Art haariges Tier oder ein Stuhl in der Form eines Damenschuhs, eines Pumps mit Leopardmuster.

Barbier-Mueller verwies darauf, dass viele seiner Stühle Einzelstücke und Prototypen seien. Sie stammten oft von bekannten, manchmal aber auch von unbekannten Künstlern. «Was mir gefallen hat, ist, dass sie von einem Künstler neu interpretiert werden, dass er etwas anderes aus ihnen gemacht hat. Die Stühle sind die Akteure, die von einer neuen Choreografie profitieren.»

In der Welt des Designs gelten Stühle per se als Kultobjekte. Wohl jede Designerin und jeder Designer hat sich im Verlauf der Karriere mit dem Stuhl beschäftigt - ein Objekt, das wie kaum ein anderes für die Spannung zwischen Ästhetik und Funktionalität steht und eine grosse Bandbreite an Möglichkeiten bietet. An der Sammlung von Barbier-Mueller lassen sich implizit diese Bemühungen, somit die Geschichte des Designs von den 1960er Jahren bis heute ablesen.

... bis minimalistisch

Im zweiten Raum der Ausstellung herrschen Ruhe, Geometrie und Minimalismus - ausser, wenn eine Stichsäge ertönt. Eine niedrige Tür zwingt die Besucherin und den Besucher, sich zu beugen, um in den nächsten Raum zu gelangen, der in Dunkelheit gehüllt ist. Hier werden die Stühle einzeln in Licht getaucht. «In unseren Städten und unserem geschäftigen Leben gibt es wenig Raum für Ruhe und Kontemplation», erklärte Wilson. Für ihn biete dieser Raum «Zeit für innere Einkehr».

Die letzte Station der Szenografie ist ein kaleidoskopischer Würfel, dessen Inneres mit Spiegeln ausgekleidet ist. Beim Verlassen des Raumes wartet schliesslich eine Überraschung auf die Besuchenden.

Für «A Chair and You» hat Wilson 211 Stühle von 168 Designerinnen und Designern aus der Sammlung von Barbier-Mueller ausgewählt. Die Ausstellung ist in vier Räume gegliedert und nimmt die gesamte Fläche von 1500 Quadratmetern des mudac ein.

«A Chair and You» öffnet am 28. Oktober und ist bis am 5. Februar 2023 zu erleben. Es ist die erste Ausstellung des Designmuseums, das im vergangenen Juni im Rahmen der Einweihung des Museumsquartiers Plateforme 10 in Lausanne eröffnet wurde.

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