Rossinis letzte Alterssünde
Im Rahmen der «Davoser Abendmusiken» begeisterten das Solisten-Chor-Ensemble und die Instrumentalisten die rund 90 Zuschauenden in der Kirche St. Johann.
Im Rahmen der «Davoser Abendmusiken» begeisterten das Solisten-Chor-Ensemble und die Instrumentalisten die rund 90 Zuschauenden in der Kirche St. Johann.

«Lieber Gott, nun ist sie fertig diese kleine armselige Messe. Ist es wirklich heilige Musik (musique sacrée), die ich gemacht habe, oder ist es vermaledeite Musik (sacrée musique)? Ich wurde für die ‹Opera buffa› geboren, das weisst Du wohl! Wenig Wissen, ein bisschen Herz, das ist alles. Sei also gepriesen und gewähre mir das Paradies», dies schrieb Giachino Rossini (1792-1868) unter seine «Petite messe solennelle». «Petite» stimmt hierbei allerdings nicht. Mit rund anderthalb Stunden war die Aufführung des Werks am Sonntag, 4. Juli, alles andere als «klein». Im Rahmen der «Davoser Abendmusiken» begeisterten das Solisten-Chor-Ensemble und die Instrumentalisten die rund 90 Zuschauenden in der Kirche St. Johann in Davos Platz. Corona-bedingt stellte Kirchenmusiker Ulrich Weissert diese «Speziallösung» auf die Beine, die unter anderem auch eine ganz besondere Mischung von Klavier und Harmonien beinhaltete. Für den Gesang sorgten vier Solisten und ein kleiner Chor.

Zum Werk
Der «Petite Messe solennelle» begegnete früher oft der Vorwurf, sie sei nicht im richtigen Kirchenstil komponiert, ja sie klinge trotz des geistlichen Textes wie eine Oper. Der vermeintliche Mangel hat sich längst als das attraktivste Merkmal des Stückes herausgestellt. Im Jahr 1855 packte der 62-jährige Rossini seine Koffer, um seine italienische Heimat zu verlassen und sich in Paris nieder zu lassen. Dort verbesserte sich seine angeschlagene Gesundheit dank der dortigen Ärzte stetig, so dass er nach beinahe 20 Jahren Pause wieder zu komponieren anfing. Es waren freilich keine Opern mehr; sondern über 150 kleine Werke für verschiedene Besetzungen, die er als seine «Alterssünden» bezeichnete. Diese kamen auf die musikalische Speisekarte der allwöchentlichen «Samedi soirs», zu denen er mit seiner Frau Olympe in sein Haus einlud. Auf der exklusiven Gästeliste fand man unter anderen Franz Liszt, Giacomo Meyerbeer und Guiseppe Verdi, sowie namhafte Gesangstars der Zeit. Die «Petite messe solennelle» wurde nur 1864 in einer gräflichen Privatkapelle uraufgeführt und erlebte 1865 eine zweite Aufführung im privatem Kreis. Sie erklang zu Rossinis Lebzeiten nie in einer öffentlichen Aufführung.

