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Die CD «D’Zauberhöhli» stimmt auf Weihnachten ein

Mit ihrer CD «D’ Zauberhöhli» beschert Swantje Kammerecker ein wunderbares Musikmärchen zum Advent – noch dazu in Glarner Mundart. Märchenhaft klingt auch die langjährige Entstehungsgeschichte des Werkes.

04.12.20 - 04:30 Uhr
Kultur
Die Übersetzung des Musikmärchens ist ein Vermächtnis von Hans Rhyner: Das Bild von ihm und Autorin Swantje Kammerecker entstand beim Glarnerdeutsch-Kurs im Jahr 2014.
Die Übersetzung des Musikmärchens ist ein Vermächtnis von Hans Rhyner: Das Bild von ihm und Autorin Swantje Kammerecker entstand beim Glarnerdeutsch-Kurs im Jahr 2014.
Archivbild Gaby Ferndriger

Glocken und Schellen bimmeln. Dann beginnt Margrit Gnos mit ihrer schönen, klaren Stimme: «De Gschicht, wo mir da wänd verzelle, isch vor gar nüd langer Ziit anere Wiehnacht passiert. Zmizt i dr Heilige Nacht isch öppis gschii, wo i dr Stadt nuch lang z rede ggii hät. Weret dr stillschte vu allne Stunde häts zeimals über de Hüüser aagfange tundere und toosse…»

Die Geschichte dreht sich um Niklas und Nora, die sich so einiges zu Weihnachten wünschen. Die Eltern sind nicht reich. Die Schaufenster mit den vielen schönen Dingen locken die Kinder immer wieder ins Kaufhaus. Bis sich eine geheimnisvolle Türe öffnet und die gerade noch säuselnde «Jingle Bells»-Kaufhausmusik im Hintergrund von leicht bedrohlichen Klängen überstimmt wird. Der in einer Eishöhle hinter der Tür lebender Zauberer verspricht den Kindern, alle ihre Wünsche zu erfüllen. Allerdings mit einer Bedingung: «Wenn ihr mir eure Zeit dafür gebt». Erst in allerletzter Minute – zum Mitternachts-Paukenschlag am Heiligen Abend – erkennen die Kinder, was für einen Preis sie für ihr Zeitgeschenk an den Zauberer zahlen. Sie flüchten schleunigst aus der Höhle, rennen nach Hause. Fast hätten sie Weihnachten und das kostbarste Geschenk – Zeit mit der Familie – verpasst.

Hans Rhyner-Freitag übersetzte

Als glitzerndes Kinderbuch ist «Die Zauberhöhle» der Glarner Autorin Swantje Kammerecker und der Illustratorin Maya Leuzinger zwar bereits im Jahr 2013 erschienen. Passend zur Adventszeit gibt der Kinderbuchverlag Baeschlin das Weihnachtsmärchen jetzt als Hör-CD heraus, gesprochen von der Glarner Kindergärtnerin Margrit Gnos und musikalisch untermalt vom Vororchester des Bredeneyer Schulorchesters aus Essen.

Margrit Gnos versteht es, die verschiedenen Stimmen der Geschichte variantenreich zu interpretieren. Die Orchestermusik des deutschen Komponisten Ulrich Haucke umrahmt das Geschehen von den ersten friedlichen Weihnachtsglöckchen, den schon eher beunruhigenden Klängen in der Eishöhle bis zum weihnachtlichen Schlussstück.

Übersetzt wurde «D‘ Zauberhöhli» noch von Hans Rhyner-Freitag selig, Glarner Mundart-Legende und Mitbegründer der Academia Glaronensis.

«Für mich schliesst sich ein Kreis»

«Für mich schliesst sich mit der Hör-CD ein Kreis», sagt Swantje Kammerecker. Die Entstehungsgeschichte der CD hat selbst etwas von einem Weihnachtsmärchen. So erhielt die ursprünglich aus Essen stammende und seit 1999 im Glarnerland lebende Autorin, Ärztin und Laienmusikerin vor bald 20 Jahren den Auftrag von ihrem ehemaligen Musiklehrer, einen weihnachtlichen Text zu schreiben, der mit ihrem früheren Schulorchester in Essen vertont werden sollte. Musikalische Vorgaben habe sie nicht gemacht. «Ich hatte im Hinterkopf, wie der Komponist tickt», so Kammerecker. Etwa, dass er mit Leitmotiven arbeitet, die an verschiedenen Stellen wieder auftauchen und dramatisch aufgeladen werden.

Von der Aufführung der Geschichte mit dem Schulorchester aus Essen gibt es eine Aufnahme. Als Verlegerin Gaby Ferndriger diese per Zufall hörte, motivierte sie Kammerecker, aus der Geschichte ein Kinderbuch zu machen. Hans Rhyner-Freitag wiederum, bei dem Kammerecker einen Mundart-Kurs besuchte, übersetzte das Kinderbuch zwei Jahre später auf Glarnerdeutsch, weil es ihm so gut gefiel. Und letztes Jahr wiederum, hat sich der Verlag auf diese Übersetzung besonnen und das Projekt aufgenommen, «Die Zauberhöhle» auf Mundart herauszubringen. «Gut Ding will eben manchmal Weile haben», meint Kammerecker mit einem Lachen.

Da eine Einspielung mit der Glarner Musikschule nicht möglich war, griff der Verlag auf die Originalvertonung aus Essen zurück, die auch schon im deutschen Rundfunk ausgestrahlt wurde. Der Glarner Musiker Dominik Berchten setzte in seinem Studio in Netstal das Ganze mit der Stimme von Margrit Gnos und den vorhandenen Tonelementen zusammen.

Überzeugt in ganzer Länge

Und so ist aus dem vor vielen Jahren für ein Schulorchester in Essen geschriebenen weihnachtlichen Musikmärchen ein gelungenes Hörvergnügen in Mundart für die ganze Familie geworden.

Die Geschichte über süchtig machende Wünsche, Scheinbefriedigung und über wertvolle Zeit, besonders mit der Familie, spricht wohl alle Generationen an. Es lässt sich auch mit Kindern darüber diskutieren. Eine genaue Altersangabe macht Kammerecker nicht. Die CD sei sicher ab Primarschulalter geeignet, je nach Kind auch schon früher. Die Geschichte lässt sich zudem auch weiterhin mit Buch und Kind auf dem Schoss erzählen. Das Kinderbuch hat nicht an Glitzerkraft verloren.

Swantje Kammerecker: «D’Zauberhöhli», Hörbuch, 50 Minuten, Mundart, ISBN 978-3-85546-355-8; 19.80 Franken.

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