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«Weckrufe und Tränen» - Wie Popmusiker gegen Trump mobil machen

Immerhin, einige prominente Fans hat der US-Präsident in der Popszene dann doch noch neben Rap-Rüpel Kid Rock. Für viele Beobachter eher unerwartet kam kürzlich die Donald-Trump-Begeisterung von Punk-Pionier John Lydon (The Sex Pistols).

Agentur
sda
22.10.20 - 11:19 Uhr
Kultur
ARCHIV - US-Sängerin Taylor Swift tritt beim Musikfestival «Wango Tango» auf. Swift gilt als Unterstützerin des demokratischen Kandidaten für die US-Präsidentschaft J. Biden. Foto: Chris Pizzello/Invision/AP/dpa
ARCHIV - US-Sängerin Taylor Swift tritt beim Musikfestival «Wango Tango» auf. Swift gilt als Unterstützerin des demokratischen Kandidaten für die US-Präsidentschaft J. Biden. Foto: Chris Pizzello/Invision/AP/dpa
Keystone/Invision/AP/Chris Pizzello

Der schwarze Rapper 50 Cent bekannte sich ebenfalls zum Amtsinhaber. Weniger überraschend war die Wahlhilfe des erzkonservativen Kiss-Mitgründers Ace Frehley.

Ansonsten ist die Zahl der Trump-Unterstützer in der Branche mager - und die Gegnerschaft zum Mann im Weissen Haus überwältigend. Bei Rock-Veteranen wie Bruce Springsteen und Neil Young, Soul-Stars wie Stevie Wonder oder jungen Pop-Idolen wie Taylor Swift, Billie Eilish, Cardi B und Megan Thee Stallion bekommt der Republikaner (74) keinen Stich. Sie mahnen für die US-Wahl am 3. November den Wechsel an und werben für den demokratischen Herausforderer Joe Biden (77).

Lydon (64), der neben der britischen auch die US-Staatsbürgerschaft besitzt, will aber für Trump stimmen. «Er ist die einzige vernünftige Wahl, jetzt, da Biden im Rennen ist», sagte der Wahl-Kalifornier dem «Observer». Für Hardrocker Frehley (69) ist Trump «der stärkste Führer, den wir haben». Rapper 50 Cent ärgerte sich zuletzt vor allem über Bidens Steuerpläne, als er auf Twitter schrieb: «Ist mir egal, dass Trump schwarze Menschen nicht mag.»

Wer indes die ganz überwiegende Stimmungslage unter Rock- und Popkünstlern kennenlernen will, der findet im Internet viel Futter - vom noch halbwegs neutralen, de facto jedoch pro-demokratischen «Vote!»-Aufruf bis zur glasklaren Unterstützung für Biden.

Stars spielen auf Youtube ihre Lieder im «Team Joe Sings» - etwa Kesha («Wir brauchen den Wechsel, und wir brauchen ihn jetzt») oder Matt Berninger (The National). Andere Kanäle wie Twitter und Instagram oder Interviews nutzen die Trump-Gegner Jeff Tweedy (Wilco), Cher und Ariana Grande.

Im Gegensatz zur Wahl 2004 (George W. Bush gegen John Kerry) sind grosse Konzerte zugunsten der US-Demokraten wegen der Corona-Pandemie unmöglich. Also kein Staraufgebot wie damals, als Springsteen, Pearl Jam, R.E.M. und die Dixie Chicks für Kerry auf der Bühne standen. Stattdessen eine andere, oft in die sozialen Netzwerke verlagerte Mobilisierung für Biden mit seiner Vize-Kandidatin Kamala Harris.

So präsentierte Superstar Taylor Swift (30) ein Foto von sich mit Keksen, deren Zuckerguss-Aufschrift «Biden/Harris/2020» keine Zweifel liess. Dazu erläuterte die Lieblingssängerin vieler Trump-Wähler: «Ich glaube, dass Amerika unter ihrer Führung eine Chance hat, den Heilungsprozess in Gang zu setzen, den es so dringend braucht.»

Biden weiss natürlich, was solche Wahlhilfe einer jungen Frau mit 140 Millionen Instagram-Abonnenten wert ist - er bedankte sich umgehend. Neben Sängerin Jennifer «J.Lo» Lopez (51) trat das Ehepaar Biden Mitte Oktober gar in einem heimeligen Video auf - mit dem Ziel, dem Herausforderer Stimmen der grossen Latino-Wählerschaft zu sichern.

Sängerin Demi Lovato (28) kritisierte derweil den US-Präsidenten in ihrem neuen Song «Commander In Chief»: Wie es sich anfühle, noch atmen zu können, während das Land in einer Krise versinke und Menschen sterben, hiess es dort in Anspielung auf Trumps Umgang mit Coronavirus-Pandemie und Rassismus.

Stadionrock-Volksheld Springsteen (71) äusserte sich nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd durch brutale Polizeigewalt im Mai geschockt über den Präsidenten. Und in einem Song seines neuen Albums erwähnte der «Boss» - ohne Trump direkt zu nennen - einen «kriminellen Clown, der den Thron gestohlen hat».

Auf dem Demokraten-Parteitag legte Grammy-Gewinnerin Billie Eilish (18) einen bemerkenswerten Auftritt hin - und rief zu Trumps Abwahl auf. Ohne dessen Namen in den Mund zu nehmen, positionierte sich kürzlich auch Soul-Ikone Stevie Wonder (70). Seine Comeback-Lieder unterstützten den Protest der Bewegung Black Lives Matter gegen Ungerechtigkeit und Rassismus in den USA. «In diesen Zeiten erleben wir die dringlichsten Weckrufe und Tränen um diese Nation und die Welt», so Wonder.

Folkrock-Altmeister Neil Young (74) verklagte Trump wegen der unerlaubten Nutzung seiner Hymne «Rockin' In The Free World» - und veröffentlichte im September das Politsong-Minialbum «The Times». Der Musiker mit kanadischem und US-amerikanischem Pass klampfte dort in sieben Liedern (darunter Bob Dylans ikonisches «The Times They Are A-Changin'») gegen den verachteten Präsidenten an.

Traditionell haben die konservativen Republikaner in der zumeist linksliberalen US-Musikszene kaum Gefolgschaft (oder dubiose wie den rechtsradikalen Hardrocker Ted Nugent und den erratischen Rapper Kanye West). Doch Trump erfährt besonders intensive Ablehnung. Eines von vielen Beispielen: Für die Nationalhymne seiner Amtseinführung im Januar 2017 fand er lediglich ein Popsternchen namens Jackie Evancho.

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