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Angelika Waldis: Literatur ist kein Hilfsmittel für Krisenzeiten

Bücher können uns in der Corona-Krise nicht helfen, sagt die 80-jährige Schriftstellerin Angelika Waldis. Gute Geschichten bringen uns aber aus den eigenen vier Wänden heraus.

Agentur
sda
14.04.20 - 15:23 Uhr
Kultur
Für Angelika Waldis, Autorin und Mitbegründerin der Jugendzeitschrift "Spick", ist Literatur kein Hilfsmittel für Krisenzeiten. Aber Geschichten seien ein guten Transportmittel, um den eigenen vier Wänden zu entkommen. (Archivbild)
Für Angelika Waldis, Autorin und Mitbegründerin der Jugendzeitschrift "Spick", ist Literatur kein Hilfsmittel für Krisenzeiten. Aber Geschichten seien ein guten Transportmittel, um den eigenen vier Wänden zu entkommen. (Archivbild)
Keystone/ALEXANDRA WEY

Seit vier Wochen verlässt die Schriftstellerin Angelika Waldis ihre Wohnung nur noch frühmorgens für einen Waldspaziergang, ansonsten bleibt sie zuhause. Anfang März ist Waldis 80 Jahre alt geworden, gerade noch rechtzeitig, um mit ihren zwei Kindern und drei Enkelkindern feiern zu können. Jetzt sitzt sie sonst auch jeden Morgen in ihrem Schreibzimmer und arbeitet an einem neuen Roman.

Kraft von Geschichten

Angelika Waldis hat als Journalistin und Schriftstellerin ihr Leben lang geschrieben und weiss, welche Kraft Geschichten auf Menschen ausüben können, seien es Erwachsene oder Kinder. Inwiefern kann Literatur der Gesellschaft helfen, die Corona-Krise durchzustehen? «Gar nicht», sagt Waldis, und lässt ihre Aussage für einen Moment wirken. «Bücher sind keine Hilfsmittel, um eine bestimmte Situation zu bewältigen. Sie können uns von zuhause wegtragen, beschäftigen, berühren, ob nun eine Krise herrscht oder nicht.»

Von Corona-Leselisten oder dem Hype um Krisen-Romane wie Albert Camus' «Die Pest» hält sie deshalb wenig. «Ich glaube nicht, dass uns ausgerechnet Krisen-Geschichten neue Einsichten zu unserer Situation geben können - zudem haben viele Leute ja gerade jetzt zwischen Home-Office und Kinderbetreuung gar keine Zeit, zu lesen.»

Wenn doch, würde sie eher auf etwas Leichtes, Lustvolles setzen: «Mit einem Buch in eine andere Welt abhauen, das tut der Seele immer gut. Wir müssen dabei nichts lernen.» Rat in der Krise, das können Bücher laut Waldis nicht bieten. Wer aber den eigenen vier Wänden entkommen will, hat mit ihnen ein gutes Transportmittel.

Lesen mit Kindern

Die Lust am Lesen, sie ist in Angelika Waldis' Leben zentral, verordnen will sie diese aber niemandem. «Lesen sollte nie ein Zwang sein», sagt sie. Aber bei Kindern die Leselust zu wecken, war ein Hauptgrund, warum Waldis und ihr Mann in den Achtzigern die Kinder- und Jugendzeitschrift «Spick» gründeten.

Um Kindern das Lesen zuhause schmackhaft zu machen, gebe es kein festes Rezept: «Einfach immer wieder etwas vorsetzen, ausprobieren und Geschichten auch mal einander vorlesen: du eine Seite, ich eine Seite.» Eltern sollten auch keine Angst haben, dass ein Buch zu schwierig ist. «Kinder lernen schnell, sie lesen sich hoch. Das Wichtigste ist, dass die Geschichte nicht langweilig ist - das ist bei Kindern genau wie bei Erwachsenen.»*

*Dieser Text von Martina Kammermann, Keystone-SDA, wurde mithilfe der Gottlieb und Hans Vogt- Stiftung realisiert.

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