Pedro Lenz will aus Mundart kein Schmuckstück machen
Schriftsteller Pedro Lenz ist zu Gast im Glarnerland. In seinem Gepäck befinden sich Kurzgeschichten zum Alltag, ein Musiker mit seinem Kontrabass und viele Pläne für 2020.
Schriftsteller Pedro Lenz ist zu Gast im Glarnerland. In seinem Gepäck befinden sich Kurzgeschichten zum Alltag, ein Musiker mit seinem Kontrabass und viele Pläne für 2020.

von Linda Hottinger
Die Landesbibliothek Glarus und das «Bsinti» in Braunwald bekommen literarischen Besuch: Schriftsteller Pedro Lenz aus Bern wird im Glarnerland gleich zweimal auftreten. Er ist unter anderem bekannt für seinen vielfach ausgezeichneten und verfilmten Roman «Dr Goalie bin ig» aus dem Jahr 2014. In Glarus wird er aus seinem aktuellen Buch «Der Liebgott isch ke Gränzwächter» vorlesen. In Braunwald liest er aus seinem Werk «Hert am Sound» vor. Unterstützt und begleitet wird er dabei vom Kontrabass-Spieler Michael Pfeuti.
Herr Lenz, sind Sie zum ersten Mal im Glarnerland?
Pedro Lenz: Nein, ich hatte zuvor schon Vorlesungen in Niederurnen, war aber auch schon in Braunwald und Glarus selber. Ich bin seit bald 20 Jahren in der Schweiz unterwegs, da lernt man viele Orte kennen.
Proben Sie viel für Ihre Auftritte im Glarnerland, oder machen Sie das spontan?
Nein, da wird viel geprobt. Das braucht es schon, vor allem im Hinblick auf das «Bsinti». Dort trete ich mit Michael Pfeuti auf, der mich musikalisch auf dem Kontrabass begleitet. Das braucht viel Training, da man sich aufeinander abstimmen muss. Beim Proben meiner Texte ist der Aufwand geringer, die kenne und beherrsche ich sehr gut.
Was möchten Sie mit Ihrem Auftritt bei den Glarnern hinterlassen?
Ich möchte den Glarnern die Vielfalt der Sprache aufzeigen und Gedanken aus dem Alltagsleben mitgeben. Mir geht es um den Klang der Sprache. Das schafft man mit der Mundart sehr gut. Ich versuche aber nicht, aus der Mundart ein Schmuckstück zu machen. Ich bin kein Freund davon, mich auf Traditionen auszuruhen.
Sie haben eine Kolumne bei der «Schweiz am Wochenende». In Ihrem aktuellen Buch werfen Sie die Frage auf: «Sind Lenz-Kolumnen eine Zumutung für Ost-Schweizer?» Sind sie das? Warum?
Jemand hat in einem Leserbrief geschrieben, es sei eine Zumutung meine Texte zu lesen, da sie nicht verständlich seien. Das ist schade. Wir Schweizer haben ein grosses, breites Verständnis für Mundart und Worte. Allein schon die Vielfalt an Betonungen. Deshalb sollte man nicht so darauf beharren, wenn man etwas nicht gleich versteht. Mundart kann manchmal aufwendig sein, aber es ist trotzdem möglich, sie zu verstehen. Man muss nur ein bisschen Zeit investieren und es verstehen wollen. Dann klappt es auch. Für mich selber stellt es auch einen Aufwand dar, in Mundart zu schreiben, da es sehr zeitintensiv ist.
Wie sind die Feedbacks zu Ihren Kolumnen?
Es gibt auch sehr schöne Feedbacks. Besonders an meinen Lesungen erhalte ich viele Rückmeldungen von den Besuchern.
Es gibt ja auch sprachliche Feinheiten der Unterschiede von Ihrem Dialekt zum Glarner und Ostschweizer Dialekt. Gibt es da Missverständnisse?
Nur wenn man nicht genau hinhört. Missverständnisse entstehen dann, wenn man unaufmerksam ist. Man muss seine Antennen ausfahren und auf Finessen achten. Manchmal sind es Kleinigkeiten, manchmal die Sprachmelodien, welche den feinen Unterschied machen.
Welches ist Ihre persönliche Lieblingskurzgeschichte aus Ihrem aktuellen Buch?
Das ist jene Geschichte, welche ich an der Vorlesung präsentieren werde. Bei einer Lesung stelle ich meine Texte vorher zusammen. Mir ist es wichtig, dass es einen Flow gibt. Die Texte einfach selbsterklärend bringen, ohne langes Drumherum. Ich bin gegen die schriftstellerische Eitelkeit, sich immer und überall inszenieren zu wollen. Es wird von den Besuchern geschätzt, wenn eine Lesung einen guten Rhythmus hat und nicht zu trocken wird.
Wie kamen Sie auf den Titel «Der Liebgott isch ke Gränzwächter» für Ihr Buch? Stimmen Sie der Aussage zu?
Der Titel für mein Buch stammt aus meiner Mundart-Kolumne «Vom Vouk und vom Liebgott» für die «Schweizer
Illustrierte». Darin geht es um die Bedeutung des Wortes «Volk» und wie sich der Begriff in den letzten Jahren verändert hat. Ich stimme der Aussage des Buchtitels völlig zu.
Was schätzen Sie an Soloauftritten, was an Auftritten mit Michael Pfeuti und Max Lässer?
Ich habe beides auf eine Art gerne. Bei einem Soloauftritt bin ich noch konzentrierter und fokussierter auf den Text. Trete ich hingegen mit einem Musiker zusammen auf, achte ich auf die Rhythmisierung, wie ich die Sprache zum Klingen bringe, Kunstpausen richtig setze und die Musik auf den Zuschauer wirken lasse. Das ist eine grosse Herausforderung, aber auch sehr bereichernd, im künstlerischen Sinne. Ich lerne zudem viel vom Musiker selber, wie man auf der Bühne auftritt und was einen guten Rhythmus ausmacht.
Im Mai endet Ihre Tour mit Max Lässer. Was folgt danach? Was sind Ihre weiteren Pläne für 2020?
Wir haben so viele Anfragen für Auftritte bekommen, dass es 2021 nochmals eine Lesetour geben wird. Im Herbst erscheint ein neuer Roman von mir. Dieser wird eher autobiografischer Natur sein. Er spielt im Jahr 1981, als ich noch Lehrling war. Die Hauptfigur ist an mich angelehnt, die Handlung wird aber fiktional sein. Ich schreibe über Dinge, die ich selber gut kenne und zu denen ich einen Bezug habe. Zuerst einmal steht aber mein Auftritt im Glarnerland an. Ich freue mich wirklich sehr darauf!
Die Auftritte von Pedro Lenz im Glarnerland:
Samstag, 15. Februar, 20 Uhr, Landesbibliothek Glarus, Eintritt: 16 Franken, Vorverkauf bei Baeschlin Bücher in Glarus
Samstag, 22. Februar, 20 Uhr,
«Bsinti», Braunwald, Eintritt: 30 Franken.
«Ich möchte die Vielfalt der Sprache aufzeigen und Gedanken aus dem Alltagsleben mitgeben.»
«Ich schreibe über Dinge, die ich selber gut kenne und zu denen ich einen Bezug habe.»
«Missverständnisse wegen Dialekten entstehen dann, wenn man unaufmerksam ist. Man muss seine Antennen ausfahren und auf Finessen achten.»
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