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«Sie ist eine Wölfin im Schafspelz»

Fritz Bisenz schrieb mit den Acapickels Comedy-Geschichte. Die gebürtige Schwäbin tritt mit ihrem Soloprogramm «Barbara Hutzenlaub jubiliert!» am kommenden Freitag in Davos auf.

Südostschweiz
09.09.19 - 04:30 Uhr
Kultur
Auf Tournee: Fritz Bisenz gewährt als Barbara Hutzenlaub neue Einblicke in ihr Innenleben.
Auf Tournee: Fritz Bisenz gewährt als Barbara Hutzenlaub neue Einblicke in ihr Innenleben.
PRESSEBILD

mit Fritz Bisenz sprach Reinhold Hönle

Vor 30 Jahren erfand die Komikerin Fritz Bisenz ihre Bühnenfigur Barbara Hutzenlaub. Zum Jubiläum geht Bisenz auf Tournee. Ihr Programm «Barbara Hutzenlaub jubiliert!» zeigt sie am kommenden Freitag in Davos und am 5. Dezember in Chur.

Musikalisch und gesanglich wird Fritz Bisenz als Barbara Hutzenlaub Highlights aus der altbewährten Handtasche zaubern und neue Einblicke in ihr Innenleben gewähren. Mit Jodel, Salsa und ihrer Rockröhre schafft sie mit ihrer Musikerin Coco-Chantal (Muriel Zemp) den Spagat zwischen Slapstick und Satire.

Frau Bisenz, weshalb sind 30 Jahre Barbara Hutzenlaub ein Grund zu jubilieren? Weil sie kein bisschen älter geworden ist?

Grund zum Feiern ist sicherlich, dass die Barbara Hutzenlaub zum Klassiker wurde und es mir gelungen ist, mein Alter Ego altersmässig zu überholen (lacht).

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Schwangerschaft mit Barbara Hutzenlaub?

Barbara wurde an der komödiantisch-artistischen Schauspielschule Comart in Zürich gezeugt. Die Schwangerschaft dauerte ganze vier Wochen. Davon mussten wir eine Woche in der von uns erfundenen Figur leben. Ich trug ihre Kleider, hörte ihre Musik, ging im Selbstbedienungsrestaurant essen und habe mich nicht gewaschen.

Wer hat Sie inspiriert?

Sicherlich meine Verwandtschaft. Jeder hat doch eine Tante oder Grossmutter wie die Hutzenlaub (lacht).

Wie würden Sie Ihre Figur beschreiben?

Sie ist eine Wölfin im Schafspelz. Ihre wahnsinnig positive Ausstrahlung und ihre unschuldige Art, etwas zu erzählen, erlauben mir, Dinge zu thematisieren, die alles andere als harmlos sind.

Wie ungewöhnlich war 1989, dass Sie mit den Acapickels eine Frauen-Comedy-Truppe gründeten?

Sehr ungewöhnlich, da es in jener Zeit den Ausdruck Comedy im deutschen Sprachraum noch gar nicht gegeben hat. Alles lief unter dem Begriff Kabarett. Wie gehörten nach Gerhard Polt oder Emil zu den Ersten, die in Figuren geschlüpft sind, um Geschichten zu erzählen. Daneben gab es noch Kollegen und Kolleginnen wie Atze Schröder und Frau Jaschke.

Weshalb haben Sie sich 2008 auf dem Höhepunkt Ihrer Popularität getrennt?

Ich denke, es ist wie in einer ganz normalen Ehe abgelaufen. Wir hatten uns nach vielen Hochs und Tiefs auseinandergelebt. Alle Mitglieder hatten sich auf ihre Art weiterentwickelt, und als wir uns trennten, hat jede von uns ihren eigenen Weg eingeschlagen.

Der angebliche Grund war, dass die Acapickels in Europa nicht mehr auftreten würden, weil sie die USA erobern wollten. Haben Sie bedauert, dass Sie Ihr Glück nie im fremdsprachigen Ausland gesucht haben?

Nein, wir hätten auch keine Chance gehabt. Es war schon eine Herausforderung, in Deutschland aufzutreten. Wir mussten sehr konzentriert sein, weil die Sprache dort schneller war und das Publikum ein höheres Tempo erwartete. Aber wir haben dort wahnsinnig viel gelernt. Wenn wir zurückkamen, waren wir jedes Mal viel kompakter.

Dennoch erreichten die Acapickels in Deutschland nie den gleichen Bekanntheitsgrad wie in der Schweiz.

Doch, am Anfang, als uns hierzulande noch kaum jemand kannte, waren wir in Deutschland schon in Fernsehsendungen von herausragenden Kabarettisten wie Dieter Hildebrandt und Hanns Dieter Hüsch eingeladen. Wie so oft galt der Prophet im eigenen Land erst etwas, nachdem er schon im Ausland Erfolg hatte. Das sieht man ja jetzt wieder bei Hazel Brugger.

Sie waren Ihrer Zeit auch noch in anderer Hinsicht voraus: Barbara Hutzenlaub trug schon immer Stützstrümpfe. Heute tun das sogar Marathonläufer. Und Sie privat?

Nur beim Fliegen (lacht).

Sie waren gerade in Kuba. Für eine musikalische Recherche? Sie sind ja auch für Ihre Lieder bekannt.

Ja, ich liebe die kubanische Musik. Salsa, Rumba und Son gehen mir direkt ins Blut und bringen meine Hüften zum Schwingen.

Barbara Hutzenlaub sagt im aktuellen Programm, sie wäre vor zwei Jahren eingebürgert worden. Gilt das auch für Sie?

Nein, ich bin schon mit 23 Schweizerin geworden. Durch meine Heirat mit einem Zürcher.

Trotzdem ist es verblüffend, dass Sie als gebürtige Schwäbin fast perfekt Schweizerdeutsch sprechen. Wie haben Sie das geschafft?

Keine Ahnung. Als ich nach Zürich kam, redete ich so, wie mir der Schnabel gewachsen war. Erst nach ein paar Monaten wurde mir bewusst, dass ich – ohne es zu merken – den Dialekt angenommen hatte.

Wo haben Sie Ihren Mann kennengelernt?

In Italien.

Eine Ferienliebe?

Genau.

Sie heissen Fritz. Sollten Sie ein Junge werden?

Nein, da ist mein Ex-Ehemann schuld. Er hatte sich mir als Reto vorgestellt. Aber da es diesen Namen in Deutschland nicht gibt, dachte ich, er wollte mich veräppeln, und sagte: «Und ich bin Fritz!»

Welches war das lustigste Missverständnis in diesem Zusammenhang?

Meine damalige Schwiegermutter dachte, ihr Sohn wäre schwul, als er ihr von mir erzählte. Sie hat mich dann aber trotzdem akzeptiert, als sie mich sah (lacht).

Hatten Sie auch mal einen ordentlichen Beruf oder sind Sie direkt auf die humoristische Bahn geraten?

Ich habe Lithografin gelernt mit Fachrichtung Repro-Retusche. Als gerade eine Zusatzausbildung für die digitale Variante anstand, haben wir Acapickels uns entschieden, Vollzeit Vollgas zu geben.

Hatten Sie schon in Ihrer Jugend mit der Bühne geliebäugelt?

Nein, ich war ein schüchternes, verwirrtes Mädchen, das ziemlich mit seinen Hormonen beschäftigt war. Erst in Zürich an der Schauspielschule konnte ich mich langsam entfalten. Schon bei der Aufnahmeprüfung hörte ich mich sagen: «Ich weiss, ich bin im Theater zu Hause und werde dies mein ganzes Leben lang machen.» Ich war ob meiner klaren Aussage selbst überrascht, denn eine Minute zuvor hatte ich das noch nicht gewusst (schmunzelt).

Können Sie uns noch Charakterzüge oder Interessen verraten, die das Publikum wohl kaum hinter der Schöpferin der Figur Barbara Hutzenlaub erwarten würde?

Ich habe darauf geachtet, dass Barbara einen komplett anderen Geschmack und andere Vorlieben hat als ich privat, damit sich ihr und mein Leben nicht zu stark vermischen. Ich kann gut tanzen, sie hat zwei linke Füsse. Ich frisiere mich anders und teile ihren Kleidergeschmack keinesfalls. Sie ist ein kleiner Schmuddel und nimmt es mit der Sauberkeit nicht so genau. Ich schon. Sie sagt ungefiltert, was sie gerade denkt, ich mache mir vorher gerne Gedanken.

Werden Sie eigentlich auf der Strasse erkannt?

Ab und zu erhasche ich freundliche, strahlende Blicke. Allerdings weiss ich dann jeweils nicht: Erkennen die mich oder lächeln sie mich aus Freude am Leben an?

Die Leute wissen nun, was sie erwartet. Was erwarten Sie vom Publikum?

Männer in der ersten Reihe, die ohnmächtig werden, und Frauen, die mir ihre BH zuwerfen (lacht).

«Barbara Hutzenlaub jubiliert!». Freitag, 13. September, 20 Uhr, Schweizerische Alpine Mittelschule, Davos.
Donnerstag, 5. Dezember, 20 Uhr, Forum Würth, Chur. 

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