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Anaconda humpelnd an Stöcken, aber mit neuen Songperlen-Trouvaillen

Endo Anaconda präsentierte am letzten Freitagabend im «Grünfels» in Jona zusammen mit Roman Wyss am Klavier neu arrangierte Songs aus dem Fundus von 30 Jahren Stiller Has. Das Publikum zeigte sich darob begeistert.

Linth-Zeitung
28.01.19 - 04:30 Uhr
Kultur
 Roman Wyss am Klavier unterstützt Endo Anaconda, der in Jona Songs aus seiner 30-jährigen Sängerkarriere präsentiert.
Roman Wyss am Klavier unterstützt Endo Anaconda, der in Jona Songs aus seiner 30-jährigen Sängerkarriere präsentiert.
ANTOINETTE LÜCHINGER

von Antoinette Lüchinger

Endo Anaconda zeigte sich in Jona unverkennbar mit seinen langen Haaren, Anzug und Hut, aber auch von seinem Leben, seinen 63 Jahren und seinen Schmerzen gezeichnet auf der Bühne. Wegen einer Knieverletzung humpelte er am vergangenen Freitagabend aber an Stöcken zum Auftritt. Rund hundert Fans jubelten ihm zu. Die Kellerbühne «Grünfels» durfte an diesem Abend «full house» notieren.

Wie alles begann

Seit rund dreissig Jahren steht Endo Anaconda, ehemals Andreas Flückiger aus Burgdorf, als Sohn einer Österreicherin und eines Schweizer Polizisten auf der Bühne.

In den frühen 1980er-Jahren kam er nach einer Ausbildung als Siebdrucker aus Wien in die Schweiz zurück und spielte in verschiedenen Berner Musikgruppen, unter anderem bei «Caduta Massi und den Alpinisten» mit.

In Jona schleudert Anaconda seine Zeilen mit schierer Verzweiflung und unheimlicher Wucht ins Publikum.

1989 gründete er mit Balts Nill die Band «Stiller Has» und brachte die erste gemeinsame MC heraus. Seither sind elf Studio- und drei Konzert-Alben entstanden. Verkaufen liessen sich in dieser Zeit über 250 000 Tonträger.

Musikpreise 2015 und 2017

Endo Anaconda wurde als Berner Mundart-Sänger bekannt und verschiedentlich ausgezeichnet, unter anderem mit dem Berner Musikpreis 2015 und dem Schweizer Musikpreis 2017. Er spielte in all den Jahren mit verschiedenen Formationen, vom Duo bis hin zum Quintett.

Mit 62 Jahren gelang es ihm, ein neues Album zu produzieren: Endosaurusrex. Regelmässig schrieb er Kolumnen in der «Berner Zeitung» und veröffentlichte ausserdem drei Bücher. Deren Titel: «Sofareisen» (2015), «Weiterfahren» (2011) und «Hasentexte» (1999). Anfang 2000 wurden seine «Hasentexte» vom Schweizerischen Bundesamt für Kultur ausgezeichnet.

Balladen übers Leben

Der Sänger polterte und schnaufte. Das Mikrofon umklammernd, die Augen geschlossen, schleuderte er seine Zeilen mit schierer Verzweiflung und unheimlicher Wucht ins Publikum. Seine Texte sind voll Galgenhumor, Sehnsucht und Kindheitserinnerungen. Und sie zeugen von einem schweren Leben. Endo sprang zwischen Poesie, Ballade, Witz, Sprechgesang, Pop, Blues und Rock&Roll hin und her. Er bezeichnet seinen Musikstil als Vintage, nicht Retro! Den Auftakt machte er mit dem Lied «Märli»: «Die siebe Geissli sind schon längst gfrässe und Schneewittli tot. Schlaraffeland gits nur mit Mageband. Aber I glaube immer no a Märli …». Danach kam eine Romantic-Plus-Performance mit Songs aus dem Album «Endosaurusrex».

Sie handelten von flüchtiger Liebe und der Unmöglichkeit zwischen Trübschachen und Budapest das Glück zu finden. Weiter gings mit Endos Liebes-Hohelied «Flieder»: «I wot nie me i andere Arme liege». Es folgten traurige und nachdenkliche Texte (Einsamkeit zu zweit und Kindheitserinnerungen an die Grossmutter im Emmental). Dann nahm er das WEF und den falschen Jesus auf die Schippe, mit dem er zu tief ins Glas geschaut hatte.

Er fühle sich manchmal wie ein Artefakt, gab Endo zu bedenken. «Bis I nüme mag und selber lose muess. Und plötzli bisch den weg …» Das Publikum äusserte sich begeistert, klatschte spontan, jubelte und pfiff zum Schluss.

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