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Eine Filmtage-Eröffnung zwischen Tatsachen und Träumen

Traum und Sinnsuche sind die grossen Themen an den 54. Solothurner Filmtagen. Bundesrat Alain Berset ist am Donnerstag in seiner Eröffnungsrede in der Solothurner Reithalle mit einer Neuigkeit aus der Traumfabrik Hollywood eingestiegen.

Agentur
sda
24.01.19 - 20:02 Uhr
Kultur
Bundesrat Alain Berset eröffnete die 54. Solothurner Filmtage mit einer frohen Botschaft aus Hollywood - und zeigte sich auch für das heimische Filmschaffen optimistisch.
Bundesrat Alain Berset eröffnete die 54. Solothurner Filmtage mit einer frohen Botschaft aus Hollywood - und zeigte sich auch für das heimische Filmschaffen optimistisch.
Keystone/ANTHONY ANEX

In den Jahren 2014 bis 2017, so der Ehrengast, sollen gemäss einer amerikanischen Studie Filme mit weiblichen Hauptrollen erstmals in der Geschichte Hollywoods kommerziell erfolgreicher gewesen sein als jene mit männlichen Hauptdarstellern.

Die Genderfrage beschäftigt die Solothurner Filmtage heuer nicht zum ersten Mal. Zwar spricht Berset in Bezug auf die Tatsache, dass in der Schweiz 2018 gleich viele Spielfilme mit weiblicher wie mit männlicher Regie gefördert worden sind, von einem positiven Trend. Fakt ist aber auch, dass in Solothurn von den jährlich rund 600 eingereichten Filmen nur 30 Prozent von Frauen gedreht wurden. «Die Zahl ist zu tief», sagte Filmtage-Präsident Felix Gutzwiller in seiner Rede.

Und: Historische Gründe dafür verantwortlich zu machen, reiche nicht mehr. Deshalb unterzeichnen die Solothurner Filmtage in der kommenden Woche die Gender-Charta des Swiss Women’s Audiovisual Networks (SWAN). «Damit verpflichten wir uns, die Statistik zur Filmeinreichung und zur Filmselektion in Zukunft auch nach Gender-Kriterien zu erfassen», so Gutzwiller. «Diversität soll Realität werden.»

Offen für den Dialog

Was unverändert bleiben wird, ist der Clinch, wenn es darum geht, das Schweizer Filmschaffen auch inhaltlich in seiner ganzen Vielfalt abzubilden. Einerseits wolle man dem heimischen Film in Solothurn eine Plattform bieten. «Wir wollen den Schweizer Film feiern», so Filmtage-Direktorin Seraina Rohrer in ihrer Ansprache. Andererseits sei es unmöglich, alle Filme zu zeigen, die während eines Jahres produziert worden sind.

Dies sagt sie nicht ohne Grund. Im Vorfeld der diesjährigen Festivalausgabe hatte die Ablehnung des Filmes «Passion - Zwischen Revolte und Resignation» von Christian Labhart zu Diskussionen und gar zu einer Petition von einer Gruppe Filmschaffender geführt. «Sollen etablierte Filmschaffende automatisch das Anrecht auf einen Platz im Programm haben?», fragte Seraina Rohrer. «Gerne stellen wir uns der Diskussion.» Die Organisatoren der Solothurner Filmtage seien der Meinung, dass sich Ideale wandeln können.

Als Beweis dafür nennt die Direktorin den Eröffnungsfilm «Tscharniblues II» von Aron Nick. Darin wird deutlich, wie instabil Wunschträume sind. Rohrer meint: «Es gibt keine realistischen Ideale, und es gibt keine ideale Realität.» Wer dies akzeptiere, lebe am intensivsten.

Glauben und Spiritualität

Während der ganzen Solothurner Filmtage werden 165 Schweizer Filme gezeigt. Ein grosser Teil davon setzt sich mit dem Glauben und der Spiritualität auseinander. So etwa das Historiendrama «Zwingli» über den Zürcher Reformator. Oder das Spielfilmdebüt «Der Büezer» von Hans Kaufmann, in dem der vielbeschäftigte Schauspieler Joel Basman (er ist an den Filmtagen in drei Filmen zu sehen) einen jungen Mann spielt, der den Sinn des Lebens in einer Freikirche sucht - und den Spiess auf beeindruckende Art und Weise umdreht.

Am 31. Januar enden die 54. Solothurner Filmtage mit der Vergabe der beiden Auszeichnungen «Prix de Soleure» und «Prix du Public». Neben «Büezer» und dem Eröffnungsfilm «Tscharniblues II» sind in der mit 60'000 Franken dotierten Hauptkategorie etwa auch «Immer und ewig», in dem Regisseurin Fanny Bräuning ihre an Multipler Sklerose erkrankte Mutter und ihren Vater auf eine Reise begleitet, oder der Spielfilm «Sohn meines Vaters» über eine jüdische Dreiecksbeziehung nominiert.

Für den vom Publikum bestimmten und mit 20'000 Franken dotierten «Prix du Public» sind unter anderem «Insulaire» über einen Berner Aristokraten, der Gouverneur auf einer einsamen Insel wurde, oder «Le vent tourne» von Bettina Oberli über eine Windturbine und deren buchstäblich aufwirbelnde Wirkung auf eine Beziehung im Rennen.

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