Die richtige Dosis Metamorphosis
In der Villa Grünfels blieb kein Satzbau-Steinchen auf dem anderen. Peter Spielbauer philosophierte in seinem Programm «Dunkhell» über Wasserbären. Es war poetisch.
In der Villa Grünfels blieb kein Satzbau-Steinchen auf dem anderen. Peter Spielbauer philosophierte in seinem Programm «Dunkhell» über Wasserbären. Es war poetisch.
von Gabi Corvi
Vor Peter Spielbauer ist nichts sicher. Oder anders gesagt: Der Philosokomiker sieht hinter dem Offensichtlichen offensichtlich noch etwas anderes. Die Lampen der Kellerbühne in der Villa Grünfels sind für ihn beleuchtete Weihwasser-Schälchen. Oder der Schal einer Zuschauerin ist halt eben lasch. «Sagen sie das Wort doch nur mal rückwärts», fordert er die Zuschauerinnen und Zuschauer am Samstagabend auf. Gelächter ertönt.
Kaffeehaus-Klatsch im Fokus
Wie ein Kanarienvogel steht Peter Spielbauer in flatterndem Gelb auf der Bühne – bereit abzuheben, die Welt aus allen Perspektiven zu betrachten und zart zwitschernd oder wild keifend mit den Besucherinnen und Besuchern Kaffeehaus-Klatsch zu teilen.
Mehr Licht wünscht sich Peter Spielbauer im Publikumsraum.
Spielbauer ist der Kür verpflichtet. Bewegung und Mimik auf der Bühne sind abstrus-liebreizend. Hände werden zu Flügeln, Peddigrohr-Körbli rasseln, und sein Blick scheint in die graue Masse unter der Schädeldecke des Publikums weitere Windungen hineinbohren zu wollen. Denn ob man will oder nicht, kriegt man nur einen Klecks Fantasie dieses Mannes ab, verdrehen sich die Perspektiven, und Verstand und Gefühl unterziehen sich einer Metamorphose.
Derber Schalk, feinfühliger Witz
Während Peter Spielbauer noch über die Dichteanomalie von Wasser sinnierte, war man schon knietief im humorvollen Sumpf von dankenden Strassenschildern und duftenden Kaffeebohnen eingesunken. Der derbe Schalk, der feinfühlige Witz und die unvergleichliche Sprachkunst, die sich zwischen Trallala und Shakespeare bewegt, zogen Frau und Mann tiefer und tiefer ins Vergnügen hinein.
Ein begnadeter Erzähler
Reim-Kaskaden und Vers-Eruptionen wurden immer wieder unterbrochen durch Erzählungen des Künstlers. Vom Wasser ging es zum Kaffee und dann zum Wiener Schmäh. Peter Spielbauer rührte rührend in der Tasse und brachte die Legende des Einzugs des Türkengetränks auf das Bühnen-Bistro-Tischchen. Absolut hörenswert, diese Geschichtslektion à la Philosokomiker.
Weiter ging es mit dem Wasserbärchen, dem einzigartig genügsamen Lebewesen. Putzige Exkurse über das putzige Tierchen kamen daher wie ein mundiges Meringue mit Rahm. Im Tüll der Worte, in der Umarmung mit dem Schöngeistigen, blitzten aber auch sozialkritische und politische Töne auf. Da darf dann schon einmal auch der eine oder andere Name eines Weltbühnen-Politikers fallen.
Poetische Wort-Akrobatik
Die Interaktion mit dem Publikum, die Peter Spielbauer aus dem Effeff heraus beherrscht, hat seine poetische Wortakrobatik ungemein unterstützt. Sein Wunsch nach mehr Licht im Publikumsraum stand für den Dialog, den er mit den Zuhörern pflegen möchte: Da zeigte sich Spielbauer nahbar, spontan, neckisch und liebevoll.
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